Cover Artwork des Albums Heartrot von Bjorko

Review Bjørkø – Heartrot

Dass Amorphis eine Band aus Ausnahmemusikern ist, haben die Finnen mit 15 Alben ohne nennenswerten Ausfall eigentlich hinreichend unter Beweis gestellt. Doch wie um letzte Zweifel daran auszuräumen, kommt einer nach dem anderen nun mit einem Soloalbum um die Ecke: Nach dem großartigen Silver Lake By Esa Holopainen lässt nun auch der zweite Amorphis-Gitarrist Tomi Koivusaari seinen ureigenen musikalischen Visionen freien Lauf: BJØRKØ heißt sein Projekt, was so viel bedeutet wie Birkeninsel. Das nun erschienene Debütalbum hört auf den düster-melancholischen Titel „Heartrot“.

Gegenüber seinem Bandkollegen Esa legt Tomi zumindest optisch in Sachen Kitschfaktor noch eine gehörige Schippe drauf: Das schnörkelige ’70er-Jahre-Logo könnte ebensogut von einer Zuckerbäckerei künden, und spätestens beim Coverartwork – Koivusaaris (offensichtlich digital) mit Blumen verzierten Torso – fragt man sich doch, ob dieses Bild wirklich die perfekte Visualisierung für das Album gewesen ist. Zumindest, wenn parallel bereits der Opener „The Heartroot Rots“ läuft: Mit Jeff Walker (Carcass) am Gesang liefert Tomi Koivusaari hier nämlich einen kraftvollen Death-Metal-Track, der mit seinem Groove an Bands wie Evocation denken lässt, ehe sich der Song überraschend in Richtung Post-Metal a lá The Ocean weiterentwickelt.

Mit dieser Schlagrichtung bleibt der Song ein Einzelgänger – Jeff Walker hingegen ist nur ein namhafter Musiker aus einer illustren Schar, die Koivusaari für BJØRKØ begeistern konnte: Neben seinem Abhorrence-Kollegen Waltteri Väyrynen (auch bei Opeth, ex-Paradise Lost) am Schlagzeug, Lauri Porra (Stratovarius) am Bass und Janne Lounatvuori (ehemals Hidria Spacefolk) an den Keyboards als Stammbesetzung hat Koivusaari den Gesang bei jedem Song einer anderen Person überantwortet – darunter Addi Tryggvason (Sólstafir), Marco Hietala (ehemals Nightwish), Shagrath (Dimmu Borgir) oder Amorphis-Sänger Tomi Joutsen.

Während die Hälfte der Texte von Koivusaaris Abhorrence-Bandkollegen Jussi „Juice“ Ahlroth geschrieben wurde, haben viele der Vokalist:innen – etwa Mariska, Ismo Alanko, Jessi Frey und Addi Tryggvason – ihre eigenen Texte verfasst. Und wie textlich, so hat Koivusaari seinem Album auch musikalisch keine klare Stoßrichtung gegeben. Von seinem langjährigen Freund Nino Laurenne produziert, bietet „Heartrot“ vielmehr einen bunten Genremix: Auf den bereits erwähnten Opener folgt „Vaka Loka“, das mit Addis Gesang wie eine poppige Solstáfir-Version klingt, „Whitebone Wind“ erinnert dann erstmalig an Amorphis, ehe der Song (mit Marco Hietala) in Richtung Symphonic-Metal-Sonnenuntergang davongaloppiert. Spätestens „The Trickster“ mit seinen Nu-Metal-Vocals und gepfiffener Melodie überrascht dann vollends: Bei BJØRKØ hat man wirklich erst nach der letzten Note alles gehört.

Das kann zugleich als Selling-Point und Kritik verstanden werden: Langweilig wird „Heartrot“ nicht, einen richtigen roten Faden und damit eine in sich geschlossene Atmosphäre hat es aber auch nicht. Eher wirkt es wie eine Art Best-Of-Album, was es, so gesehen, ja auch ist: Eine Sammlung der besten Songs, die Tomi Koivusaari für keine seiner Bands geschrieben hat. Manches an BJØRKØ wirkt leider etwas arg bemüht – die im Finnischen nicht gebräuchlichen ø im Bandnamen etwa, aber eben auch die extreme stilistische Bandbreite. Und dass das Ganze stilistisch ziemlich cheesy ist, dürfte bei dem Cover niemanden überraschen. Wer sich dafür interessiert, wie Tomi Koivusaari musikalisch tickt, wenn er nicht gerade Amorphis-Songs spielt, bekommt dahingehend aber einen sehr umfassenden Einblick – und durchaus auch das eine oder andere musikalische Kleinod zu hören. Man darf sich nur nicht vom Opener täuschen lassen – einmal Querhören ist vor dem Kauf dringend angeraten!

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Wertung: 7 / 10

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