Review Taake – Et Hav Av Avstand

  • Label: Dark Essence
  • Veröffentlicht: 2023
  • Spielart: Black Metal

TAAKE-Reviews folgen seit einiger Zeit für gewöhnlich einem festen Schema. Nach einem so ausführlichen wie nostalgischen Blick in die Vergangenheit einstiger Großtaten (flüstern-ehrfürchtig „die Trilogie“ genannt) folgt die ernüchternde Feststellung, dass diese Glanzzeiten seit mehr als 15 Jahren vorbei sind und Bandkopf Høst sich zunehmend gelangweilt durch immergleiche Songs arbeitet. Hinzu kam eine obskure – euphemistischer ausgedrückt: sehr oldschoolige – Veröffentlichungspolitik, die vor allem kurze Split-CDs umfasste.

Nun steht mit „Et Hav Av Avstand“ (dt. in etwa „Ein Meer von Ferne“) das erste Album seit dem 2017er Release „Kong Vinter“ in den Regalen. Vier Songs, die bis auf einen die 10-Minuten-Marke überschreiten, sind an sich schon ein Statement gegenüber den Veröffentlichungen der jüngeren Vergangenheit. Auch besteht diesmal das Artwork wieder aus Bildern, die nicht wirken, als hätte ein Label-Praktikant schnell ein paar alte Naturaufnahmen retuschiert. Das Cover ist immerhin eine schlecht bearbeitete Live-Aufnahme. Aber stimmig.  Also wieder alles gut im norwegischen Wald?

Zumindest vieles. Denn nach den ersten Ta(a)kten des eröffnenden „Denne Forblaaste Ruin Av en Bro“ ist die charakteristische, hoffnungslose Melancholie der guten TAAKE-Momente unzweifelhaft vorhanden. Irritierend ist der, sagen wir mal, „authentische“ Sound, den Høst offenbar für das Album gewünscht hat. Ob das der Weg ist, in den zwanziger Jahren des 21. Jahrhunderts klarzumachen, dass man sich noch in die guten 90er wünscht, sei dahingestellt. Das alte Diktum, Black Metal müsse klingen „wie mit einem Diktiergerät in einem Panzer aufgenommen“, war scheinbar einflussreich.

Dennoch, die Unternehmung funktioniert: langsam sich festsetzend, nicht überwältigend, sondern beinahe vorsichtig klagend. Ein unerwarteter, faszinierender Einstieg. Schade, dass dieser nach kurzer Zeit von einem langen Interlude aus gesichtslosen Darkthrone-Riffs abgelöst wird, die weder melodisch noch rhythmisch passen wollen und deren Lead-Gitarre erfolglos ihren Weg durch die Versatzstücke sucht. Es bleibt schief und störend. Glücklicherweise findet Høst seinen Weg zurück in die Komposition. Dieser offensichtliche Tritt daneben bleibt glücklicherweise der einzige. Denn der Rest des Albums kann durchwegs als stringent bezeichnet werden, wenn man bei einem Black Metal- Album nicht die Regeln klassischer Kompositionslehre ansetzt. TAAKE sind auch im Jahre 2023 nicht über Nacht zu Emperor geworden.

Die einzelnen Songs gesondert zu betrachten, führt zu wenig: „Et Hav Hv Avstand“ funktioniert tatsächlich als Album, das am Stück durchgehört werden kann. Sein größter Verdienst ist, dass dieser Großsong, von der erwähnten, misslungen Jamsession abgesehen, nicht langweilig wird. Das ist umso eindrucksvoller, als dass das musikalische Repertoire, aus dem Høst schöpfen kann, ein äußerst eingeschränktes ist. Zwar wird das melodische Spektrum ausreichend variiert, so dass sich TAAKE nicht komplett in Selbstzitaten ergehen müssen, aber das harmonische Spektrum ist seit vielen Veröffentlichung gleich. Es gibt TAAKE-Intervalle, die eine TAAKE-Atmosphäre erzeugen, aber diese bleibt invariabel.

Sie funktioniert, zumindest im vorliegenden Fall, sehr gut. Gleichzeitig stellt sich natürlich die Frage, ob sich die Veröffentlichungen der letzten zehn Jahre dann nicht auf einige wenige relevante Songs eindampfen lassen könnten. So lässt sich „Et Hav Av Avstand“ auch als Beispiel verstehen, was Høst mit Konzentration auf seine musikalische Essenz leisten kann. Das Album ist damit noch lange kein Meisterwerk oder zeitloser Klassiker. Überzeugender als vieles aus der eigenen Diskographie der vergangenen Jahre, aber auch überzeugender als mancher Konkurrent, ist „Et Hav Av Avstand“ dennoch.

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Wertung: 7 / 10

Redaktion Metal1.info

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2 Kommentare zu “Taake – Et Hav Av Avstand

  1. Nach den vielen Lobeshymnen die ich auf einigen Seiten lesen durfte, hab ich wirklich an mir gezweifelt: „Bin ich etwa der Geisterfahrer?“ Danke Wenzel, Du hast mir meinen Glauben ich hätte „ein wenig“ Ahnung von (skandinavischem) Black Metal zurück gegeben.
    Ich kann in allen Punkten nur zustimmen. Anfang der 90er hätte mich das hier alles abgeholt, im Jahr 23 des nächsten Jahrtausend ist es als Reminiszenz deutlich übertrieben. Da hätte man einen Song als Bonus so aufnehmen können.
    So gleitet Hoest für mich, so wie einiger seiner Zeitgenossen von damals, in die Belanglosigkeit ab.

    1. Bin auch ganz bei dir/euch. Der Sound ist ne Frechheit, das Cover ebenso, und das Songwriting allenfalls durchschnittlich. Das klingt einfach nach C-Seiten-Material (haha), auch wenns besser ist als die letzten Schrott-Werke. Schlussendlich ist seit der Hordalands einfach nichts Relevantes mehr gekommen.

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