Black Metal wird üblicherweise mit den frostzerfressenen Wäldern Skandinaviens assoziiert. Über dreißig Jahre nach ihrem Aufkommen wird die Musikrichtung jedoch in nahezu allen Teilen der Welt interpretiert und von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten geprägt. Aus der Ödnis Santa Fes hat sich mit ARIDUS etwa ein Black-Metal-Projekt erhoben, das den Bezug zum staubtrockenen Klima seiner Residenz schon in seinem lateinischen Namen andeutet. Dennoch merkt man „Serpent Moon“, dem Debütalbum der Ein-Mann-Band, den Einfluss der kargen Landschaften Südwestamerikas nicht so deutlich wie etwa Wayfarer ihr Faible für den Wilden Westen an.
Im Grunde steht ARIDUS ganz in der Tradition der zweiten Welle des Genres. Anders als etwa mit seiner progressiv ambitionierten Band Infera Bruo arbeitet Galen Baudhuin, der sämtliche Instrumente für „Serpent Moon“ eigenhändig eingespielt und sich dabei vorsätzlich selbst herausgefordert hat, in seinem Soloprojekt hauptsächlich mit der typischen Grundausstattung der Stilrichtung. Angefangen bei dem stimmig konzipierten Schwarz-Weiß-Artwork über den bedrohlichen Grundton der Songs bis hin zu ihrem kräftigen, durchaus zeitgemäßen und hervorragend abgerundeten Sound beinhaltet die 40 Minuten lange Platte alles, was man von einer modernen, aber stiltreuen Black-Metal-Platte erwarten kann.
Originell mag ARIDUS folglich zwar bloß in geografischer Hinsicht sein, Baudhuins Umgang mit den von ihm gewählten klanglichen Ausdrucksmitteln ist jedoch erstklassig. Seine giftigen Screams klingen feindselig wie die Wüste selbst, seine mal mächtigen, mal verhängnisvollen Gitarrenriffs gehen schnell ins Ohr („Aridus“) und am Schlagzeug wechselt der Einzelmusiker gekonnt zwischen getragenen, beschwingten und treibenden Parts sowie Double-Bass-Drumming und Blasting.
Nicht nur im ominösen „Reptilian Sleep“ münden die Gitarrenarrangements gar in ein rabiates Solo, wohingegen die subtilen Synthesizer und Feldaufnahmen von Windböen, Vogelkrächzen und Regenschauern dezent zur Atmosphäre des Albums beitragen. Auch mit den mysteriösen Akustikgitarrenpassagen, die das gesanglose Abschlussstück „The Infinite Corridor“ sogar größtenteils für sich vereinnahmen, lässt ARIDUS das sich um Verfall und Tod drehende Konzept der Platte und die Eindrücke des kargen Lebensraums New Mexikos in die Musik einfließen.
„Serpent Moon“ ist in jedweder Hinsicht gelungen. Mit ARIDUS setzt Galen Baudhuin auf würdige Weise die ästhetische Tradition des Second-Wave-Stils fort, verpasst dieser jedoch unterschwellig seinen eigenen Spin. Das erste Soloalbum des Multi-Instrumentalisten ist kohärent, aber keineswegs eindimensional, weder trendversessen noch altbacken, einprägsam, ohne auf penetrante Gimmicks angewiesen zu sein, stimmungsvoll und klanglich nuanciert. Auch ohne stilistische Innovationen fühlt „Serpent Moon“ sich relevant an – eine Qualität, die wahrlich nicht jedes herkömmliche Black-Metal-Debüt für sich beanspruchen kann.
Wertung: 8 / 10