Das Cover von "More Inspirations"von Saxon.

Review Saxon – More Inspirations

  • Label: Silver Lining
  • Veröffentlicht: 2023
  • Spielart: Heavy Metal

Als die britischen Heavy-Metal-Urgesteine SAXON im Frühjahr 2021 mit „Inspirations“ erstmals in ihrer über 40-jährigen Karriere ein Cover-Album veröffentlichten, war das durchaus plausibel. Das Coronavirus hatte die Welt fest im Griff, an Konzerte oder gar ganze Touren war vielerorts nicht zu denken und so verschob die Truppe damals den geplanten Release ihres neuen Albums um ein Jahr und brauchte eine Art „Überbrückungsveröffentlichung“ – in diesem Kontext machte besagtes Cover-Album eine ziemlich gute Figur. Zwei Jahre später sieht die Welt anders aus: Die Pandemie scheint überwunden, der Touralltag ist wieder angelaufen und die Konzerthallen füllen sich wieder. Und doch: SAXON scheinen auf den Geschmack gekommen zu sein und schieben mit „More Inspirations“ eine weitere Platte nach, auf der sie die Songs ihrer Ahnen interpretieren.

Die Ausgangslage ist auf „More Inspirations“ die gleiche wie schon beim Vorgänger: SAXON sind eine ziemlich alte Band und entsprechend sind ihre Inspirationsquellen noch älter. Auch bei dieser Cover-Runde bedienen sich NWOBHM-Legenden also vornehmlich in den 60ern und 70ern und nehmen sich manchen Hit aus einer Zeit vor, da sie selbst ihre ersten musikalischen Gehversuche unternahmen. Entsprechend hat „More Inspirations“ auch den gleichen Vorteil wie sein Vorgänger, denn Bands wie The Animals, The Who oder Cream wurden insbesondere im Heavy Metal bisher eher selten gecovert – ein gewisser Neuigkeitswert ist also vorhanden und SAXON haben bereits bewiesen, dass ihre Herangehensweise an solche Songs durchaus ihren Charme hat.

Dabei dürfte es kaum jemanden überraschen, dass vor allem Rainbows „Man On The Silver Mountain“, der Kiss-Hit „Detroit Rock City“ oder Uriah Heeps „Gypsy“ am besten auf die schwermetallene Behandlung ansprechen – diese Nummern können gut und gerne als Teil des Genre-Urknalls angesehen werden und bringen damit die idealen Voraussetzungen mit, um etwas kerniger gespielt zu werden (schließlich tun das heute auch ihre Urheber). Mit dem anarchischen „Razamanaz“ (im Original von Nazareth) findet sich hier sogar ein echter Hit und und auch in „From The Inside“ (Alice Cooper) oder „The Faith Healer“ (The Sensational Alex Harvey Band) machen SAXON eine ziemlich gute Figur. Wie schon auf Teil eins wird hier deutlich, warum die NWOBHM-Legenden von diesen Künstlern inspiriert wurden und das ist durchaus hörenswert.

Abgesehen vom erwähnten Nazareth-Cover fehlen „More Inspirations“ allerdings die wirklich zwingenden Songs. Nummern wie The Whos „Substitute“ oder das bluesig-rockige „Chevrolet“ (ZZ Top) funktionieren zwar, plätschern aber auch etwas mau dahin und hinterlassen kaum bleibenden Eindruck. Größte Schwachstelle dieser Platte ist jedoch Frontmann Biff Byford: Die Stimme des SAXON-Sängers wirkt hier – vor allem, wenn sie alleine steht – merklich angestrengt, brüchig und heiser. Das birgt durchaus Grund zur Sorge, zumal Mr. Byford bisher gesanglich immer eine Bank war – es bleibt zu hoffen, dass sich der Mann während der Aufnahmen zu „More Inspirations“ lediglich von einer Erkältung erholte.

„More Inspirations“ enthält weniger negative Ausreißer als sein Vorgänger, denn fast alle hier gecoverten Songs passen sehr gut zu SAXON-Sound. Allerdings fehlen der Platte auch die wirklich großen Überraschungen, die zum mehrmaligen Hören animieren könnten. So hat man es mit einer weiteren ehrlich gemeinten Verneigung dieser Band vor ihren Vorbildern zu tun, die der Truppe selbst bei Auswahl und Aufnahme der Songs sicher großen Spaß gemacht hat. Dieser Funke springt auf den Zuhörer nicht vollständig über, weshalb „More Inspirations“ in erster Linie als Sammlungsvervollständigung für Komplettisten Sinn ergibt – alle anderen warten aufs nächste Studioalbum und greifen hier vielleicht zum Sparpreis zu.

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