Harakiri For The Sky - Aokigahara MMXXII Cover

Review Harakiri For The Sky – Aokigahara MMXXII

Jedes Projekt hat einmal klein angefangen – auch HARAKIRI FOR THE SKY. Bevor das österreichische Duo internationale Anerkennung erlangte und zur Speerspitze des Post-Black-Metals aufstieg, war die Band im Grunde eine von vielen. Das Potenzial ihres zutiefst emotionalen Stils zeichnete sich zwar schon auf ihren ersten beiden Alben ab, vor dem Release von „III: Trauma“ (2016) schien es M.S. und J.J. jedoch noch an der Erfahrung und den Mitteln zu fehlen, um ihre Vision mit der heute von ihnen an den Tag gelegten Finesse umzusetzen. Offenbar denken die beiden Musiker ähnlich über ihr Frühwerk, denn zum zehnten Jubiläum ihres selbstbetitelten Debüts haben sie dieses sowie den Nachfolger „Aokigahara“ (2014) vollkommen neu aufgenommen und überarbeitet, um die beiden Platten auf das Niveau ihres aktuellen Outputs anzuheben.

Vor dem Hintergrund des Qualitätssprungs, den HARAKIRI FOR THE SKY zwischen den Veröffentlichungen ihrer ersten beiden Platten hingelegt haben, ist es nicht verwunderlich, dass „Aokigahara MMXXII“ das dezentere der beiden parallel herausgebrachten Re-Recordings ist. Dennoch hat das Zweigespann aus seinem Zweitwerk ebenfalls noch einiges herausgeholt. Auch hier haben HARAKIRI FOR THE SKY einige Kanten im Sound geschliffen und manche Schwächen des Originals wie etwa die zu leise abgemischten Gitarrenmelodien in „Parting“ ausgemerzt.

Besonders auffällig sind die gesanglichen Veränderungen. Anstelle des spitz gekreischten, monotonen Schreigesangs der ursprünglichen Version bekommt man die heiseren Screaming-Vocals zu hören, die man von Frontmann J.J. mittlerweile gewohnt ist und die seinen tiefsitzenden Gram ein wenig nuancierter wiedergeben. Wie schon auf dem damaligen Release stehlen ihm die Mitwirkenden jedoch ein bisschen die Show – insbesondere die für Seuche (Fäulnis) und Plague (Hagzissa) eingesprungenen Gastsänger mit ihren intensiven Performances in „Jhator“ und „69 Dead Birds For Utøya“.

Was das unverändert beibehaltene Songwriting angeht, machen HARAKIRI FOR THE SKY auf der Platte einen Schritt vor und einen zurück. Einerseits hat die Band ihren gefühlsgeladenen Post-Black-Metal auf ihrem zweiten Album etwas vielfältiger gestaltet, was etwa im überwältigenden „Jhator“ und im von düsteren Keyboardflächen eingeleiteten „Nailgarden“ resultierte. Andererseits enthält das über eine Stunde lang laufende Album etwas mehr Füllmaterial als das wesentlich kompaktere Debüt – beispielsweise das etwas plumpe Cover von Tears For Fears‘ „Mad World“.

Wer bislang noch nicht im Besitz der ersten beiden Alben der Österreicher ist, kann im Grunde gleich zu „Harakiri For The Sky MMXXII“ und „Aokigahara MMXXII“ greifen. Mit Ausnahme der zu Recht unverändert gelassenen Arrangements sind die Re-Recordings den Originalen in jeglicher Hinsicht überlegen und auch für sich genommen hervorragende Post-Black-Metal-Platten. Angesichts der beachtlichen Verbesserung, die HARAKIRI FOR THE SKY ihren Frühwerken verpasst haben, lohnt sich die Anschaffung der Neuversionen sogar für diejenigen, die die ursprünglichen Veröffentlichungen bereits ihr Eigen nennen. Mehr kann man von einem Jubiläums-Re-Release im Grunde nicht verlangen.

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Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

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