In der Metal-Szene in Singapur brodelt es; zuhauf existieren Black- und Death-Metalbands, deren Bekanntheitsgrad es allerdings noch nicht über die Grenzen des Stadtstaats hinausgeschafft hat. LAMENTATIONS wollen sich mit ihrem zweiten Album „Passion Of Depression“ nun einen Namen in der internationalen Prog-Death-Szene machen.
Unterstützung erhalten sie hierbei von dem amerikanischen Plattenlabel Willowtrip Records, das auch schon Alben von Extreme Noise Terror, Vale Of Pnath oder Defeated Sanity gepusht hat. Außerdem sollen die verschiedenen Gastgitarristen wie Jason Gobel (ex-Cynic), Santiago Dobles (ex-Cynic), Ole Borud (Extol), Ethan Mckenna (Black Crown Initiate) sowie Max Phelps (ex-Cynic, Exist) für mehr Abwechslung auf der Platte sorgen. Beste Konditionen also, dass LAMENTATIONS mit „Passion Of Depression“ ein unterbewertetes Juwel veröffentlicht haben könnten.
Die knapp einstündige Spielzeit des Konzeptalbums füllen die Singapurer mit sieben Tracks, „die den Schmerz, das Vergnügen, die Freude und den Kummer auf dem Lebensweg schildern“. So hochtrabend und irgendwie dann doch nichtssagend die Beschreibung ist, so wenig überrascht ist man, dass „Passion Of Depression“ textlich betrachtet eben kein zweites „Still Life“ ist. Musikalisch hingegen macht das Quintett um Sänger Jungle wesentlich mehr richtig. Nachdem die Band 2016 debütierte und lediglich ein Duo war, stieg der damalige Gitarrist aus, sodass Jungle 2019 einen neuen Gitarristen, Bassisten und Schlagzeuger für seine Band verpflichtete. Und nun, drei Jahre später und mit fast der doppelten Spielzeit, melden sich LAMENTATIONS in neuer Stärke zurück.
Bereits der Opener lässt Prog-Herzen höherschlagen: ein vielversprechendes Eröffnungsriff, Death-Metal-Growls und ein akustischer Mittelteil mit Klavier, Akustikgitarre und Klargesang, abgelöst von einem Gitarrensoli – rein technisch betrachtet ein guter Start. Das trifft auch auf „Anew“ zu; ein Song, der sich ähnlichen Zutaten bedient und dennoch nicht in Gänze überzeugen kann. Warum, wird in „Shiver“ deutlich: LAMENTATIONS zeigen in dem neunminütigen Epos neben groovend-treibenden Parts und einem Hochgeschwindigkeitsspiel am Schlagzeug auch geniale Gitarrensoli und ein starkes Outro. In diesem Song sind die Singapurer so vielschichtig, dass die ersten drei gediegenen Minuten vom Folgesong „Sombre“ genau richtig kommen.
Mit „Ire“ und „Obeisance“ folgen die kürzesten Songs der Platte; nach den vielen akustischen Parts in den Longtracks davor ist es nun erfrischend zu hören, dass LAMENTATIONS auch einfach nur Prog-Death ohne Atempause spielen können. Und auch hier: technisch betrachtet gute Songs. Den Abschluss bildet schließlich „Nurture“, ein vierzehnminütiger Koloss, der die bandeigenen Trademarks nochmals gut zur Geltung bringt und damit eben auch das, was hinter der Formulierung „technisch betrachtet gute Songs“ steckt.
Woran LAMENTATIONS kranken, ist nämlich nicht das Geschick am Instrument. Es sind auch nicht die Übergänge zwischen den einzelnen Motiven (die ausgesprochen geschmeidig sind) oder die einzelnen Parts als solches (man höre sich bitte nur mal die epischen letzten Minuten von „Nurture“ an), sondern die eher schwachen Riffs. Sie haben selten einen Wiedererkennungswert, verfügen kaum über Esprit. Oftmals klingt es so, als hätten Jungle und Prophet notgedrungen bis lustlos die Riffs eingespielt, um sie als begleitendes Element zu haben. Die Liebe zum Gitarrenspiel transportieren sie auf jeden Fall nicht.
„Passion Of Depression“ ist damit zwar ein grundsolides Prog-Death-Metal-Album, auf dem LAMENTATIONS einige Minuten Spielzeit wirklich facettenreich gestalten, der große Wurf ist der Band aufgrund der noch zu uninspirierten Rhythmusgitarre aber noch nicht gelungen.
Wertung: 6 / 10