„Army Of Dreamers“ ist bereits die zweite Zusammenarbeit von Anette Olzon (ex-Nightwish) und Russell Allen (Symphony X) mit Songwriter Magnus Karlsson unter dem Banner ALLEN/OLZON. „Worlds Apart“ kam 2020 auch ziemlich gut an: Der einfache, aber gekonnt umgesetzte Symphonic/Power Metal hatte mit gefälligen Melodien, großen Refrains und epischer Atmosphäre im Grunde alles, was es für ein solides Album braucht.
Auch Frontiers-Boss Herr Serafino scheint auf seinem Frontiers-Spielplatz Gefallen an dieser Konstellation gefunden zu haben und getreu dem Motto „Never change a running system“ ändert sich einfach gar nichts. „Army Of Dreamers“ bietet genau das, was das Debütalbum schon geboten hat, nur eben mehr davon. Bei der Kombination zweier großartiger Sänger*innen wie Olzon und Allen gibt’s im Prinzip ja auch kaum Handlungsbedarf, die beiden sind einfach überragend. Aber hier stimmt dennoch so vieles nicht …
Der Titeltrack eröffnet die Platte mit treibendem Uptempo, Russel Allen legt seine kratzige Stimme darüber. Doch schon als Anette Olzon bei ihren langsameren, poppigen Parts zum ersten Mal singt, legen sich Falten auf die Stirn – ihr Gesang klingt gepresst, gedämpft, als ob Tonspuren aus einer kaum bearbeiteten Vorproduktion verwendet wurden. Ist hier auf dem Weg vom Home Studio zum Mastering irgendetwas schiefgelaufen? Hat die Komprimierung die Gesangslinien kaputt gemacht? Sowohl auf „Worlds Apart“ als auch auf ihrem letztjährigen Soloalbum „Strong“ klingt Olzons Stimme voll, voluminös und klar – das alles fehlt auf „Army Of Dreamers“. Da Russel Allen gewohnt gut klingt, kann hier nur ein technischer Fehler vorliegen, den eine Qualitätskontrolle unbedingt hätte finden und ausmerzen müssen.
Das Songmaterial an sich ist solide. Tracks wie „A Million Skies“ oder „Carved In Stone” sind opulente Symphonic-Metal-Songs mit großen Refrains wie aus dem (abgenutzten) Lehrbuch, die Mischung aus rauen und poppigen Vocals ist gelungen. Bei letztgenanntem Track etwa wird der große Refrain aber leider zu einem großen Haufen Brei, da vor allem der gepresste Mix von Olzons Stimme jegliche Kraft und Atmosphäre im Keim ersticken. Die melancholische Note von „All Alone“ oder der poppige Nightwish-Beat von „Look At Me“ sind mindestens nett, „Are We Really Strangers“ gefiele mit seinem atmosphärisch tollen Refrain – wäre da eben nicht die missglückte Produktion, bei der an manchen Stellen auch das programmierte Orchester breiig wird.
Wäre „Army Of Dreamers“ so sauber produziert wie der Vorgänger, könnte man nicht nur über starke Gesangsduette sprechen, sondern müsste auch das zu generische Songwriting, belanglose Refrains und eine etwas leidenschaftslose Umsetzung mokieren. Das ist aber alles egal, da die zweite ALLEN/OLZON-Scheibe in entscheidenden Momenten klingt, als höre man sie in einer großen Tonne – und genau da gehört missglückte Stangenware wie „Army Of Dreamers“ damit hin. Schade, hier liegt viel verschenktes Potenzial für Fans von Nightwish, Within Temptation oder Temperance am Grund des tiefen musikalischen Müllcontainers, das kaum bis keinen Wiederhörwert besitzt. Nur zwei gute Stimmen machen noch lange kein gutes Album.
Wertung: 3 / 10