Aus dem Promo-Text zum CLEANBREAK-Debüt: „Wenngleich das Konzept, dass Plattenfirmen Supergroups zusammenstellen, schon seit Jahrzehnten besteht, haben Frontiers Records in den letzten zehn Jahren eine ebenso durchdachte wie enthusiastische Herangehensweise an diese Praxis etabliert.“ Wer diesen Satz mit ernster Miene lesen kann, sollte über eine Karriere als professioneller Pokerspieler nachdenken. Das neueste Produkt der ebenso durchdachten wie enthusiastischen Herangehensweise der italienischen Plattenfirma ans Thema „Supergroup“ heißt CLEANBREAK und besteht neben dem ehemaligen Quiet-Riot-Sänger James Durbin aus Riot-Gitarrist Mike Flyntz sowie Bassist Perry Richardson und Drummer Robert Sweet (beide von Stryper).
Laut Label wurden die Songs für „Coming Home“ vom Duo Durbin und Flyntz geschrieben. Das wäre ja zu begrüßen, allerdings fällt in diesem Zusammenhang auch immer wieder der Name Alessandro Del Vecchio und dessen Einfluss ist unüberhörbar – wenngleich er sich in Grenzen hält. Schon der Titeltrack klingt spätestens im Refrain wie die meisten Melodic-Metal-Nummern aus dem Hause Frontiers und könnte so auch auf dem letzten Album von Shining Black stehen. Ansonsten fällt auf, dass CLEANBREAK eine eher moderne Herangehensweise ans Genre gewählt haben, denn ihr Debüt ist voll von tiefer gestimmten Riffs und wuchtigen Grooves. Innerhalb der recht eng gefassten Grenzen, die für Frontiers-Hausgewächse eben gelten, gelingt es der Truppe also, sich zumindest hin und wieder (ein bisschen) abzuheben.
Also nicht nur alles süditalienischer Einheitsbrei? Tatsächlich nicht. Während es sich bei CLEANBREAK gewiss nicht um einen Aufguss von Riot handelt, ist die Handschrift von Gitarrist Mike Flyntz hier doch deutlich erkennbar: Vor allem die Art und Weise, nach der die Truppe ihre Melodien strickt, erinnert immer wieder deutlich an die US-Metal-Pioniere. Der Musiker komponierte hier ebenso wie bei seiner Hauptband intelligente Melodieläufe irgendwo zwischen eingängig und unerwartet, die viele der Nummern vor der Bedeutungslosigkeit bewahren. Das wird selten deutlicher als in „Still Fighting“, das definitiv der beste Song auf „Coming Home“ ist – und ironischerweise am ehesten als Riot-Stück durchgehen würde.
Und dann ist da ja noch Sänger James Durbin: Weil er erstmals als Finalist der Mainstream-Talentshow „American Idol“ auf sich aufmerksam machte und dann auch noch in die Clownerie der letzten Umbesetzungen bei Quiet Riot hineingezogen wurde, wird der Mann oft als peinlicher Emporkömmling und Casting-Produkt wahrgenommen. Wie sich bei CLEANBREAK zeigt, ist Mr. Durbin objektiv betrachte aber ein überaus talentierter Sänger mit einem tollen Heavy-Metal-Organ. Während dieses Album also über weite Strecken muiskalisch eher unauffällig ist, schafft es doch zumindest der Frontmann, den Songs mit seiner unverbrauchten Stimme einen Anflug von Individualität zu verleihen – wenn man sonst nichts von „Coming Home“ mitnimmt, dann wenigstens die Hoffnung, dass James Durbin noch mehr von sich hören lässt …
Am Ende fehlt auch „Coming Home“ das „gewisse Etwas“, das ein großartiges Album von einem soliden unterscheidet. CLEANBREAK punkten mit etlichen wirklich starken Riffs, durchweg tollen Melodien und obendrein hervorragendem Gesang – und scheitern doch am Gleichen wie die meisten „Supergroups“ vom Frontiers-Fließband: Es fehlt die Leidenschaft. Hier haben gute Musiker gute Musik komponiert und einwandfrei eingespielt, aber es floss am Ende – wie so häufig – kein Herzblut in ihr Produkt und das hört man. „Coming Home“ überzeugt mehr als die Platten von Between Worlds oder Shining Black, aber es ist weit davon entfernt, ein Pflichtkauf zu sein. Reinhören lohnt sich aber allemal.
Wertung: 6.5 / 10