Fans von ABYSMAL DAWN mussten sechs Jahre lang warten, um 2020 mit „Phylogenesis“ ein neues Album der Kalifornier in den Händen halten zu können. Darauf zeigte das Quartett um Sänger, Gitarrist und letztes verbliebenes Gründungsmitglied Charles Elliott erneut, warum ABYSMAL DAWN zu Recht einen guten Ruf in der Tech-Death-Gemeinde genießen, ihnen aber bisher zu Unrecht der Sprung in die Königsklasse zu den namenhaften Bands verwehrt geblieben ist.
Letzteres wird ihnen auch mit ihrem aktuellen Output, der vier Tracks umfassenden EP „Nightmare Frontier“, nicht gelingen, denn bei ihr handelt es sich eher um eine Resterverwertung als um einen Appetithappen für ein kommendes Album. Neues Material findet der geneigte Hörer auf der EP nämlich nicht, sondern mit dem Opener „A Nightmare Slain“ einen Song von den Aufnahmen zu „Phylogenesis“, der es nicht auf das Album schaffte, und mit „Blacken In The Sky“ eine neu eingespielte Version des erstmalig auf der 2004er Demo veröffentlichten Tracks. Die letzten beiden Songs sind Cover-Nummern. „Nightmare Frontier“ bietet somit nur wenig, um ABYSMAL DAWN vollumfänglich für sich entdecken zu wollen.
Die Highlights des Up-Tempo-Tracks „A Nightmare Slain“ finden sich in der letzten Hälfte des Stücks. Das überlange Gitarrensolo wird mit einem geradlinigen Riffing abgerundet, was den Song spannender enden lässt, als er begonnen hatte. Das Re-Recording von „Blacken In The Sky“ dürfte für Fans der ersten Stunde ein Ohrenschmaus sein, der eigentliche Selling Point dieser Nummer ist aber eher der Fakt, dass der Track zeigt, wie ABYSMAL DAWN vor gut 18 Jahren begonnen haben zu musizieren. Gerade im direkten Vergleich mit „A Nightmare Slain“ können Strukturen entdeckt werden, welche die Kalifornier auch anno 2020 noch verwenden, wenngleich in einem technisch noch versierteren, schnelleren Tempo.
Wirklich stark, da durchweg unterhaltsam ist das Cover von „Behind Space“, dem Opener von In Flames‚ Debüt „Lunar Strain“ von 1994. ABYSMAL DAWN hauchen dem Track ein gutes Maß an Modernität ein und liefern damit das erste und leider auch letzte Highlight auf „Nightmare Frontier“, denn das Candlemass-Cover „Bewitched“ schafft weder einen Mehrwert im Vergleich zum originalen Track noch dürfte diese langsame, sich sieben Minuten lang ziehende Doom-Walze Hörern gefallen, die ABYSMAL DAWN wegen deren typischer Tech-Death-Schnelligkeit mögen – außerdem wurde der Track schon vor gut zwei Jahren veröffentlicht.
ABYSMAL DAWN bringen ihre erste EP auf den Markt und machen dabei grundlegend nichts verkehrt, schließlich ist die Kombination von B-Seiten und Cover-Songs üblich für eine EP. Die Wahl des Candlemass-Covers sowie eines fast zwei Dekaden alten, nun neu eingespielten Tracks ist allerdings nicht die beste gewesen. Für eingefleischte Fans der Amerikaner ist „Nightmare Frontier“ sicherlich den Kauf wert, für alle anderen Tech-Death-Enthusiasten ist dieser Veröffentlichung allerdings mit besten Gewissen vernachlässigbar.
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