Die Schnee-Eule blickt zielgerichtet auf die finstere Wiese, wohl schon die nächste Maus im Blick. Der Albumtitel „Nocturnal Creatures“ passt gerade zur Schnee-Eule weniger als zu ihren gefiederten Kollegen, da sie auch tagsüber jagt – die Schweden von BOMBER wollen aber sicherlich Tag und Nacht auf die Jagd nach Rock-hungrigen Fans gehen. Mit ihrem Debütalbum feiern sie den Hard Rock der 70er und 80er Jahre und schwimmen auch mit ihrer Sci-Fi-Optik voll auf der aktuellen Retrowelle mit.
Mit dem einminütigen Titeltrack wird die Scheibe mysteriös eröffnet, „Zarathustra“ lässt mit treibenden Riffs, direkt sitzenden Hooks und der Atmosphäre sofort eine Band mit engen Hosen, offenen Hemden, glitzernden Jacken und langen, voluminösen Haare vor dem inneren Auge entstehen. Das geht wunderbar nach vorne, ist mitreißend und voll an guten Melodien und Soli. „A Walk of Titans (Hearts Will Break)“ ist etwas gebremster unterwegs, aber im fetten Midtempo-Tack perfekt zum Köpfe nicken und Fäuste recken geeignet. Das ist eine dieser großen Stadionrock-Hymnen, wie man sie sich von einer Band wie BOMBER erhofft und wünscht und damit eines der großen Highlights des Albums.
BOMBER wildern frech und frei im gesamten Genre. Melodic Rocker wie „Fever Eyes“ oder „Black Pants Magic“ dürften jedem Fan von legendären Vorreitern wie Thin Lizzy oder Rainbow gefallen, „You’ve Got Demons“ erinnert mit seiner opulenten Note an Rockopern wie von Avantasia und pumpende Nummern wie „Hungry For Your Heart“ bringen ein leichtes NWOBHM-Element ins Spiel. „Nocturnal Creatures“ wirkt dabei immer sehr groß und breit, was sicherlich auch am oft mehrstimmigen Gesang von der gesamten Band liegt. Dadurch kann man sich BOMBER erst recht gut in großen Hallen vorstellen. Die gitarrenverliebten und voll auf eingängige Melodien und Refrains angelegten Songs passen jedenfalls gut zu diesem Gedanken.
BOMBER bieten zu keiner Sekunde etwas Neues, Eigenständiges oder Überraschendes – wollen und müssen sie aber auch gar nicht. „Nocturnal Creatures“ ist ein gelungenes Debütalbum mit eingängigen Melodien, catchy Refrains und starker Gitarrenarbeit. Auch, wenn alles hier gehörte irgendwo und irgendwann schon mal da war, macht die Scheibe Spaß. Für Genrefans zwar kein unbedingtes Muss, aber allemal eine Empfehlung. Die Schnee-Eule schnappt sich schließlich auch gern jeden Tag aufs Neue frische Mäuse, ohne dass sie derer überdrüssig wird.
Wertung: 7 / 10