Tyr - A Night ath the nordic House - 2022

Review Týr – A Night At The Nordic House (live)

Livealben werfen viele Bands schon nach weniger als einer Hand voll Full-Length-Platten auf den Markt, TÝR hingegen haben sich damit über 20 Jahre und 8 Studioalben Zeit gelassen. Mit diesem großen Backkatalog allein ergibt eine solche Veröffentlichung bereits Sinn, „A Night At The Nordic House“ ist durch die Beteiligung des Symphonieorchesters der Färöer-Inseln aber etwas ganz Besonderes. Erschufen TÝR mit ihrem progressiv angehauchten Folk/Viking Metal schon massig detailreiche Songs, blühen diese durch das große Ensemble nun erst recht auf.

Da TÝR seit jeher färöische (und weitere, skandinavische) Balladen in ihren Songs verarbeiten, passt es perfekt zur Heimatverbundenheit der Band, auch mit dem heimischen Orchester zusammenzuarbeiten. Die Metal-Orchester-Kombination funktioniert nicht bei jeder Gruppe, bei TÝR aber passt es perfekt: Durch Streicher, Blasinstrumente und den mächtigen Chor erhalten die Songs mehr Tiefe und Breite und wirken jetzt erst recht episch. Klassiker wie „Blood Of Heroes“, „Hold The Heathen Hammer High“ oder „By The Sword In My Hand” profitieren nochmal vom Orchester und bekommen einen mächtigen Breitwand-Anstrich verpasst. Besonders gut gelungen ist hierbei die Balance: Das Orchester drängt sich nicht in den Vordergrund, sondern agiert songdienlich und wird an den richtigen Stellen laut. Dadurch haben die Metal-Instrumente und der Gesang weiterhin genügend Luft zum Atmen – erst so fügen sich alle Elemente gut zusammen. Auch ruhige Songs wie „Ragnars Kvæði“ funktionieren prima, hier sorgt der dominante Chorgesang für Gänsehaut.

Seitdem die Corona-Pandemie reihenweise für abgesagte Touren und Streaming-Shows gesorgt hat, sind wir Live-Veröffentlichungen ohne Publikum schon gewöhnt. Dabei kann mit viel Mühe und Aufwand auch ein gutes Produkt entstehen (z. B. „Die letzte Schlacht“ von Feuerschwanz) – ohne Publikum fehlt aber einfach viel von unserer geliebten Konzertatmosphäre. Im Februar 2020 war an all das noch nicht zu denken, TÝR spielten daher in einer prall gefüllten Halle. Das macht sowohl den Fans als auch dem Symphonieorchester und der Band Spaß – vor allem Bassist Gunnar Thomsen sieht man die Freude an. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt das neueste Album „Hel“ gerade mal ein Jahr alt war, kredenzen TÝR dem Anlass entsprechend eine bunte Best-of-Mischung und beschränken sich auf vier Songs des neuesten Langspielers. Eine sehr gelungene Entscheidung, „A Night At The Nordic House“ bietet so eine wunderbare 90-minütige Reise durch die Bandgeschichte.

Einen faden Beigeschmack hinterlässt die nicht zeitgemäße Veröffentlichungspolitik: Während das komplette Konzert bereits als HD-Stream mit 1080p auf YouTube verfügbar ist, wird „A Night At The Nordic House“ nur auf DVD und nicht auf Blu-ray angeboten. Das ist rein von der Bildqualität ein Rückschritt, eine unverständliche Entscheidung. Wo ist hier der Kaufanreiz? Die CDs haben sich dagegen einen Platz im Regal der TÝR-Fans verdient: Der Sound hätte zwar durchaus etwas druckvoller geraten dürfen, ist aber differenziert und ausreichend kraftvoll abgemischt. Dass man die Fans während der Songs praktisch nicht hört, ist im diesem Fall eine gute Entscheidung, schließlich wollen die detaillierten Kompositionen aufmerksam gehört werden und können sich so bestens entfalten.

Unterm Strich ist „A Night At The Nordic House“ ein gutes Live-Dokument geworden, das jeden TÝR-Fan glücklich machen sollte. Als erstes Livealbum der Band macht es eine gute Figur – glücklicherweise mit einer vollen Halle mit feierndem Publikum.

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Wertung: 8 / 10

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