Review Anomalie – Tranceformation

  • Label: AOP (Art Of Propaganda)
  • Veröffentlicht: 2021
  • Spielart: Black Metal

Die Wege, die der Black Metal geht, sind immer wieder faszinierend: Mit dem Aufkommen von Post-Black-Metal in der letzten Dekade entwickelte sich die Szene dezidiert weg von Satanismus und Spiritualität, hin zu nüchternen, weltlicheren Themen und Sounds. Der Trend scheint jedoch bereits wieder in eine andere Richtung zu gehen: Nicht nur der Hype um esotherisch geprägte Bands wie Heilung, auch immer mehr Black-Metal-Alben lassen sprituelle Züge erkennen. So auch „Tranceformation“ von ANOMALIE.

Das von Mastermind Marrok musikalisch im Alleingang betriebene Projekt wendet sich hier zwar nicht komplett vom Stil der bisherigen Alben ab. Die Weiterentwicklung, um nicht zu sagen Umorientierung, ist jedoch omnipräsent spürbar: Meditative Sounds und Samples prägen das Klangbild, während Marrok erstmalig und sogar vorrangig mit Klargesang arbeitet. Diese spirituelle Note im Stimmungsbild der Platte weckt nicht nur konzeptionell Assoziationen zu den ebenfalls aus Oberösterreich stammenden Our Survival Depends On Us – auch musikalisch lassen sich durchaus Parallelen finden.

Waren ANOMALIE-Songs bislang meist von treibendem Riffing, schmissigen Gitarrenmelodien und Screaming geprägt, speist sich die Atmosphäre auf „Tranceformation“ vornehmlich aus rockig angehauchten Midtempo-Riffs und lockeren, schwebenden Arrangements. In der Folge wirkt das Album trotz einiger harter Passagen insgesamt eher bedächtig – mitunter aber auch etwas eigenwillig: Zwar sind die schamanistisch anmutenden Trance-Gesänge etwa in „Alive“ oder dem Bonustrack „Feverdream“ nicht so kauzig umgesetzt wie von The Ruins Of Beverast auf „Exuvia“ – doch auch hier ist der Gesang zumindest gewöhnungsbedürftig.

Besser, oder zumindest stimmungsunabhängiger, funktionieren die knackigeren Songs des Albums: „Trance II: Redemption“ etwa, das nach kurzem Sample-Intro straight nach vorne geht und mit einem Gastgesang von Nornagest (Enthroned) aufwartet. Oder auch „Trance V“, das aus einem ruhigen Cleangitarren-Intro zu vergleichsweise typischem ANOMALIE-Riffing übergeht und mit einem kraftvollen Gastbeitrag von Rotting-Christ-Sänger Sakis Tolis sowie gegen Ende mit zarten Geigenklängen überrascht.

In den vergangenen zwei Jahren Pandemie haben viele Menschen ihr Leben und Sein hinterfragt – und auch Naturverbundenheit liegt voll im Trend. Es gibt in Zeiten des menschengemachten Klimawandels wahrlich Schlimmeres. Wenn also in der Musik vermehrt zelebrierte Naturmystik am Ende das Bewusstsein des einen oder anderen Hörers für unsere Umwelt stärkt, ist das fraglos ein sinnstiftender Trend als die im Black Metal ehedem zelebrierte satanistische Spiritualität. Jedermanns Sache ist das leicht esotherisch angehauchte Setting, das nun auch ANOMALIE deutlicher als je zuvor prägt, musikalisch wie auch atmosphärisch betrachtet zwar nicht – dem Mut und der Konsequenz, die eigene kreative Vision wider jeder Erwartungshaltung frei zur Entfaltung zu bringen, ist jedoch Respekt zu zollen: Nur so kann echte Kunst entstehen.

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Wertung: 7.5 / 10

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