Interview mit Alea von Saltatio Mortis

Kein Jahr ohne neues Material von SALTATIO MORTIS. Erst letztes Jahr erschien mit „Für immer frei“ das vierte Nummer-eins-Album der Mittelalter-Rocker in Folge, doch bereits jetzt gibt es Nachschub: Unter dem Titel „Für immer frei (Unsere Zeit Edition)“, erfährt die Scheibe einen Re-Release mit acht neuen Songs. Grund genug für uns, mit Sänger Alea über die neuen Tracks, die ersten Konzerte nach Corona, altnordische Sprachen und Grillgewüze aus dem Hause SALTATIO MORTIS zu sprechen.

Seit „Zirkus Zeitgeist“ heißt es: Kein Jahr ohne SALTATIO-MORTIS-Album. Nun also „Für immer frei (Unsere Zeit Edition)“. Was bedeutet der Zusatz „Unsere Zeit“ für euch?
Die Edition trägt den Namen, weil wir „Für immer frei“ mitten in der Pandemie herausgebracht haben. In einer Zeit ohne Konzerte, also ohne die Gelegenheit, das Album überhaupt mit den Leuten zu feiern. Die ganze Situation war surreal: Du liest in einem Magazin oder im Internet, dass du ein neues Album herausgebracht hast und das dieses Album sogar auf Platz eins gegangen ist. Geil, super! Aber dieser ganze Kram bringt ja nur etwas, wenn man zusammensitzen und darauf anstoßen kann und vor allem auf die Bühne gehen kann und mit den Fans feiern kann. Ansonsten kann man das gar nicht glauben. Passiert das jetzt echt? Stimmt das wirklich? Ist das alles nur auf dem Papier? Was bedeutet das überhaupt? Wie viel Wert hat das überhaupt?

Und jetzt bringen wir das Album in der „Unsere Zeit Edition“ nochmal heraus, nämlich wortwörtlich in unserer Zeit. Wir können wieder auftreten, wir können mit den Leuten feiern, wir können einfach mal wieder die Dinge tun, die wir als Musiker lieben, wir können mit den Fans zusammen Emotionen teilen. In der Pandemie-Zeit haben wir einfach gelernt, dass unsere Zeit jetzt ist und nicht erst im November oder so. Gott weiß, im November werden wir wieder schon die Probleme haben, dass – meiner Meinung nach – keine großen Konzerte im Indoor-Bereich möglich sein werden. Ich glaube da nicht daran, lasse mich aber gerne überraschen. Kleine Sachen könnten vielleicht möglich sein, aber große Shows mit 2000 – 3000 Leuten eng an eng in der Halle kann ich derzeit nicht abschätzen. Deswegen freue ich mich lieber auf unsere Tour im nächsten Jahr und die Shows, die in den nächsten Wochen noch anstehen. Die Saison ist zwar schon bald wieder vorbei, aber es ist doch immer noch besser als das letzte blöde Jahr und das kann man doch auch mal feiern. Deswegen haben wir „Wir für immer frei (Unsere Zeit Edition)“ herausgebracht.

Für mich hätte die Neuauflage auch den Zusatz „Unsere Gemeinschaft Edition“ heißen können, da die neuen Songs ein unglaublich starkes Gemeinschaftsgefühl transportieren.
Ja, das stimmt. „Unsere Zeit“ ist ja eigentlich blumig gesagt für: Ihr bekommt uns nicht ein! Die scheiß Pandemie und der ganze Rest können kommen, wir bleiben nicht stehen! Wir heben unsere Becher und sagen: Leckt uns am Arsch! (lacht) Oder wie ihr in Bayern sagt: Leckst mi am Oarsch! (lacht) Ich war gerade eine Woche in Oberstdorf im Urlaub, da habe ich viel Bairisch gelernt.

Für den Song „Nie allein“ habt ihr ein ziemlich mitreißendes Musikvideo zusammen mit ein paar eurer Fans gedreht. Wie war das für euch, plötzlich wieder inmitten von hunderten Menschen zu stehen und zu spielen?
Das war einfach megageil! Da kannst du jeden fragen, der dabei war, besonders Luzi und mich. Wir haben von Drehbeginn mittags um 12 bis Drehschluss kurz vor Mitternacht mit den Leuten durchgetanzt. Immer wenn wir eingeknickt sind, haben die Leute angefangen, irgendwelche Songs zu singen, um uns wieder zu pushen. Also da haben springende Leute um uns herum angefangen den Song der Gummibären-Bande, „Eisgekühlter Bommerlunder“, Songs von uns und alles, was man sich nur vorstellen kann, zu singen. Sobald wir zu schwächeln angefangen haben, sind die Leute noch mehr eskaliert und umgekehrt. Es war also ein sich gegenseitig pushen und wir haben es tatsächlich geschafft, die ganze Zeit voll am Start zu sein. Es war richtig geil, danke an alle, die dabei waren.

Gruppenfoto Saltatio Mortis

Bekommt die Nummer einen festen Platz unter euren Zugaben?
Auf jeden Fall! Meiner Meinung nach muss der Song irgendwann ans Ende vom Set wandern, um sich damit dann Tschüss zu sagen.

„Funkenregen“ finde ich persönlich einen sehr spannenden Song. Der Rhythmus und die ganze Attitüde der Nummer erinnern mich irgendwie an Iron Maiden. War das beabsichtigt?
Also ich würde das jetzt einfach mal so sagen: Unser Gitarrist Till und ich sind riesige Maiden-Fans und aus irgendeinem Grund haben wir uns dafür stark gemacht, dass diese Melodie und der Rhythmus so rüberkommen (lacht). Ich kann nicht sagen, dass das jetzt irgendwie wirklich beabsichtig war, wir haben uns nicht hingesetzt und gesagt: Jetzt machen wir einen Maiden-Song. Aber ich bin sehr froh, dass die Nummer so einen Style hat. Ich bin sogar sehr zufrieden (lacht).

„Funkenregen“ hatte ja eine ziemlich turbulente Entstehungsgeschichte. Wo lag denn das Problem?
Ja, das stimmt. Ich glaube, der Song hatte drei verschiedene Refrains, bevor er endlich fertig war. Also wir waren uns schon immer einig, dass diese Melodie geil ist und das die Strophe geil ist, aber am Refrain haben wir echt lange gebastelt. Aber genau so muss das auch sein. Du kannst keinen Song rausbringen, von dem du nur denkst, er sei nur nett und mehr nicht. Das darf nicht passieren.

Dieser Anspruch erklärt auch die hohe Qualität der neuen Songs, nach B-Seiten aus den letzten Songwriting-Sessions klingt da nämlich keiner.
Genau, das war uns auch sehr wichtig. Ich kenne Re-Editions, da hast du dann zwei neue Nummer drauf, bei denen man sich denkt: Naja, die blieben halt über und jetzt wurden sie noch mit draufgeschmissen. Das fühlt sich einfach nicht geil an. Bei uns war es halt wirklich so, dass die Songs während der Pandemie entstanden sind. Wir haben die Füße einfach nicht stillgehalten und dann waren die Songs da und dann sollten die auch raus. Auch deshalb der Entschluss, das Album nochmal herauszubringen und nochmal zu feiern. Wir hatten die Gelegenheit ja nicht und daher finde ich den Entschluss einfach richtig und stehe da voll und ganz dahinter.

Mein persönliches Highlight sind „My Mother Told Me“ und das dazugehörige Video. Habt ihr inzwischen eigentlich Sprachexperten in der Band oder wie hast du den altnordischen Text gehandhabt?
(Alea lacht und beginnt mit tiefer Stimme den Text des Songs zu rezitieren, Anm. d. Red.) Um den Song so hinzukriegen, habe ich mit zwei Sprachkundlern gearbeitet. Zum einen eine Cosplay-Freundin von mir aus Reykjavik, deren Hobby altnordische Sprachen sind und zum anderen eine Sprachwissenschaftlerin aus Schweden, an die wir über einen Freund von mir bei Ye Banished Privateers rangekommen sind. Das war auch supergut so, denn wir reden da über einen Text, der wahrscheinlich aus dem 9. Jahrhundert stammt. Die Niederschrift der Egil-Saga, aus der der Text stammt, ist aus dem 12. Jahrhundert, aber Egil selbst lebte wohl früher. Wir reden also nicht von einem Alt-Isländisch, sondern wir reden von einem Altnordisch. Gemeinsam wurde dann daran gearbeitet, die Aussprache des Textes so wissenschaftlich wie es nur geht zu rekonstruieren. Die Audio-Aufnahme, die mir meine Cosplay-Freundin Kona geschickt hat, werde ich niemals löschen, weil wenn man die löscht, bekommt man Warzen oder so. Das klingt richtig fies, wenn eine Frau das so spricht (lacht). Das klingt so ein bisschen wie eine Hexe, die gerade in ihrem Kessel rührt und einen Fluch aufsagt. Aber wirklich toll, ich liebe den Song wahnsinnig. Auch deshalb, weil die Serie „Vikings“ mich durch die Zeit nach meinem Unfall begleitet hat (Alea hat sich 2020 bei einem Videodreh verletzt, Anm. d. Red.) Ich konnte ja nur rumliegen und habe dann „Vikings“ durchgesuchtet und dann kam dieser Song immer und immer wieder und mir immer wieder gesagt: Ich bin ein geiler Song, wie wäre es denn mal?

Also kam die Idee für den Song von dir?
Ja, im YouTube-Video „In unseren Worten“ zu der Nummer sagt die Band auch, dass man ab und zu mal auf den Sänger hören sollte. Das war aber auch gut so, wir sind schließlich alle happy, den Song gemacht zu haben.

Kannst du uns ein bisschen was über das Video zu „My Mother Told Me“ erzählen?
Ich bin total happy darüber, dass das Video so ein Gemeinschaftsprojekt geworden ist. Das sind ja alles keine bezahlten Schauspieler, die da zu sehen sind, sondern Freunde aus der Cosplay-Szene. Vor einem Jahr habe ich mit dem Eivor-Kostüm angefangen, das ich im Video trage. Vor einem Jahr habe ich die Tunika gemeinsam mit Adriana Brenner, mit der ich alle meine Cosplay-Outfits entwerfe und realisiere, genäht. In der Zeit, in der ich in der Reha war, habe ich die Lederrüstung gebaut und irgendwann hatte ich die Schnauze voll von diesen groben Nähten, die da drin sind und dann hat meine Freundin die gemacht, während ich gezockt habe (lacht). Irgendwann habe ich wirklich gesagt: Wenn ich noch einmal mit einer Ahle ein Loch durch dieses Leder stechen muss, dann drehe ich durch! Aber dieses Kostüm ist einfach eine total schöne Gemeinschaftsarbeit mit sehr lieben Freunden, die auch eine Scheißzeit hatten. Ein Ledermacher, denn wir von Mittelaltermärkten kennen und mich SALTATIO MORTIS schon ewig verbunden ist, hat die Armschienen gemacht, ein Freund von mir hat den Gürtel gemacht und so weiter. Da ging es nie um Geld, diese tollen Menschen waren alle mit ein bisschen Werbung für sie zufrieden und fanden es einfach total cool, mal an sowas zu arbeiten. Natürlich habe ich immer mal wieder ein bisschen Geld gegeben, aber in der Pandemie steht man einfach mit dem Rücken an der Wand. Das war einfach ein schönes Miteinander, ein sich Helfen. Man hat sich über Social Media immer wieder gegenseitig gepusht und es war einfach total schön.

Und dann kam die Idee, zu einem fetten Wikinger-Lied auch ein fettes Wikinger-Video zu drehen. Dann habe ich gesagt: Ok Leute, sagt mir, wie viele Wikinger ihr haben wollt und ich besorge euch die krassesten Wikinger, die ihr je gesehen habt. Und genau so haben wir es gemacht. Natürlich sind die Unkenrufe dann stark, dass das gar keine echten Wikinger-Kostüme sind. Natürlich nicht! Aber ganz ehrlich, von den paar Menschen abgesehen, die authentische Wikinger sehen wollen, hätten doch alle anderen weggeschaltet, wenn die nicht von Kopf bis Fuß tätowiert sind, fies aussehen und Warpaint tragen (lacht). Nach der Serie „Vikings“ muss man einfach liefern und ich glaube, das haben wir ganz gut gemacht. Aber nur dadurch das jeder, der da mitgespielt hat, sein eigenes Kostüm selbst hergestellt hat. Deswegen sehen die auch so abgefahren aus. Wenn ich mir anschaue wie Linda Schenk, die meine Gegnerin spielt, performt, hätte man mir erstmal eine Schauspielerin liefern müssen, die die Rolle besser verkörpern kann als diese Frau. Wir haben uns dann zwischendrin immer wieder geknuddelt, weil wir voreinander Angst hatten. Es gab eine Szene, die es gar nicht in das Video geschafft hat, in der leckt sie über eine Axt und du dachtest dir nur so: Ok… (lacht). Auch für Chantalle Beck, die die Rolle der Valka spielt, war das der erste Videodreh und ich finde, Ubisoft muss lange suchen, um nochmal eine so ernst zu nehmende und stolze Valka zu bekommen, wie sie. Man muss auch dazusagen, dass Chantalle inzwischen die offizielle Valka-Cosplayerin in Deutschland ist.

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Habt ihr Angst, dass die Band irgendwann an der musikalischen Bandbreite von Deutschpunk über Alternative Rock und Metal bis hin zu Mittelalter-Musik zebrechen könnte bzw. ein Album eher wie eine Compilation verschiedener Bands klingt?
Also, als Erstes finde ich nur Mucke geil, die ich auch wirklich geil finde und halte gar nichts davon zu sagen: Machen wir doch jetzt mal nur eine Platte mit Mittelalter-Rock und bloß keinen Deutschrock mehr. Verdammte Axt, ich bin Musiker geworden, um zu tun, was ich will und nicht um zu tun, was ich muss. Dann hätte ich auch weiter Autos verkaufen können. Ich bin einfach der Meinung, dass wenn man das tut, was man liebt und was einem wirklich Spaß macht, dann wird es auch geil. Ja, Leute wollen immer, das man sich an irgendwas entlanghangelt und orientiert, aber da habe ich keinen Bock drauf. Wenn ich Bock habe, einen Death-Metal-Song zu machen, dann mache ich einen. Fände ich eigentlich ziemlich spannend, schwedischer Death Metal mit Mittelalter-Rock (lacht). Aber es ist ja wirklich so, wir machen das doch, damit wir Spaß haben und ich glaube, wenn man heutzutage Musik macht, um Geld zu verdienen und reich zu werden, dann muss man erstens andere Musik machen als wir und zweitens vielleicht etwas ganz anderes als Musiker, zum Beispiel von Morgens bis Abends YouTube-Content erstellen. Das ist ja auch wieder so ein Mythos, dass YouTuber den ganzen Tag lang nichts tun würden. Ich kenne mittlerweile einige sehr gute YouTuber und Kontra K sagt völlig zurecht: „Erfolg ist kein Glück, sondern das pure Ergebnis von Blut, Schweiß und Tränen.“ Wenn ich mir anschaue, was die Gnu für ein Tagespensum hat, wie die durchzieht, um diese Massen an gutem Content zu kriegen, ist das einfach nur krass. Das möchte ich nicht (lacht).

Aber zum Stichwort Erfolg: Ihr habt inzwischen vier Nummer-eins-Alben. Könnt ihr euch erklären, wieso die Leute so auf Mittelalter-Rock, auf eure Musik abfahren?
Ich glaube, die Leute haben einfach Bock auf handgemachte Musik und nicht auf Weichspül-Kram. Ich mein richtig guter deutscher Hip-Hop ist auch nicht seicht. Wenn ich mir Curse oder Kontra K anschaue, sind das tiefgründige Texte, die den Finger in die Wunde legen und erstaunlicherweise ist auch sowas erfolgreich.  Es gibt nicht nur Menschen, die die Realität verdrängen wollen und wir müssen alle mal zwischendrin einen Party-Song haben, das gehört einfach dazu. Ich habe aber auch keine Lust, mir den Mund verbieten zu lassen, um sich irgendwo anzugleichen, damit das gehört wird. Erstaunlicherweise ist unsere Eigenständigkeit genau das, was erfolgreich ist. Denn es ist nämlich eins: Authentisch. Ich sehe das immer so: Die besten Musiker, die ich kenne, sind die, die authentisch auf der Bühne sind. Die sind entweder völlig exaltiert authentisch, wie z. B. Freddie Mercury. Der Typ war vom Scheitel bis zur Zehe Queen und das war so konsequent und so echt, nur deshalb hat das so funktioniert. Ansonsten hätten den die Leute zu der Zeit doch ausgelacht. Aber nein, jeder Schritt war sicher und stolz und voller Herzblut.

Auch wer mal Iron Maiden live gesehen hat und erlebt, welche Authentizität und Energie Bruce Dickinson auf die Bühne schmeißt, weiß, was für eine Freude das ist, sowas anzuschauen. Da geht es nicht darum, irgendwo zu passen, es geht darum, Du zu sein und echt zu sein. Wenn ein Musiker auf der Bühne steht und anfängt zu heulen, weil das Publikum gerade so geil reagiert, dann sind das die Momente, die ich geil finde und nicht, wenn eine Band da oben steht und die Fans dazu auffordert, sich auseinanderzunehmen. Tut mir leid, aber da bin, ich glaube ich, zu alt dafür. Ich mein, ich höre so viel verschiedene Mucke und ich höre auch mal gerne etwas, was richtig auf die Mütze geht, aber ein Tom Araya, der sich um die Sicherheit der Leute sorgt, ist mir lieber, als wenn sich einer hinstellt und fordert, die Leute sollen sich auseinandernehmen. Die Leute sollen aufeinander aufpassen und miteinander Spaß haben.

Drummer JeanNach dem Ausstieg von Drummer Lasterbak, erfolgte der Wechsel von Jean ans Schlagzeug. Damit fehlt euch live nun ein zweiter Gitarrist. Habt ihr vor, die Position neu zu besetzen?
Nein, die Band bleibt jetzt so, wie sie ist. Einfach mal angucken und genießen, denn die Band ist jetzt anders. Ich stehe sehr auf dieses Anders, weil das kommt so aus dem Arsch, hat so eine Urgewalt. Also ich finde das wirklich cool und geil ist ja das Timo (Lasterbalks bürgerlicher Name, Anm. d. Red.) uns erhalten bleibt. Wir haben gerade auch Falks Hochzeit gefeiert und da hat Timo seine kleine Tochter dabei gehabt. Das war so schön, den Jungen so glücklich zu sehen und mehr brauche ich gar nicht, meine Welt ist in Ordnung. Wenn es meinen Jungs, die ich im Herzen habe, gut geht, dann ist alles geil.

Beim Schauen eures Streaming-Konzerts hatte ich auch den Eindruck, dass die Band noch fetter agiert und klingt als sonst. Liegt das tatsächlich am Wechsel hinterm Schlagzeug?
Ja, das ist die andere Persönlichkeit am Schlagzeug, da bin ich mir ganz sicher. Timo war ein verdammt präziser Drummer, er ist in allem, was er tut ein präziser Mensch. Jean ist hingegen wie ich eher ein Gefühlsmensch. Er spielt live bei keinem Song ein Fill zweimal, der spielt aus dem Arsch und nicht aus dem Kopf. Ihm geht es nicht darum, einen Song so genau wie möglich zu spielen, ihm geht es einfach darum, Gas zu geben und Spaß zu haben. Das ist einfach ein anderes Mindset und das erzeugt ein anderes Gefühl, das die Band von hinten pusht. Da kann man nicht sagen, das eine ist besser als das andere, es ist einfach ein anderer Weg. Wenn ich mir jetzt z. B. Rammstein anschaue, dann ist das absolut präzise, präzise, präzise und jeden Abend 1:1 gleich. Das ist ein Weg, den wir früher auch ein bisschen gegangen sind. Das war einfach Timos Weg habe ich das Gefühl. Jeans Weg ist einfach: Gib ihm! Das macht Spaß. Ab und zu fehlt mir der Lange wirklich, aber klar, das waren einfach 20 Jahre, was soll man da machen? Aber es ist gut so, wie es ist. Wir haben uns ja nicht im Streit getrennt, sondern laufen ja immer noch miteinander.

Ihr habt ja inzwischen schon wieder ein paar Shows gespielt und wenn man euren Social-Media-Kanälen glauben darf, habt ihr es Backstage ziemlich krachen lassen. Hand aufs Herz, lebt ihr tatsächlich immer noch durchgehend dieses Rockstar-Leben?
Ja und das ist nicht gesund (lacht). Ich habe mir am ersten Wochenende erstmal so richtig die Stimme ruiniert, weil ich jeden Abend gefeiert habe, jeden Abend mitgegrölt habe im Nightliner. Das ist halt saudumm als Sänger, muss man wirklich sagen (lacht). Aber es war supergeil. Am letzten Tour-Wochenende bin ich dann in den Nightliner rein und hab gleich gesagt, dass es diesmal einfach nicht geht. Sonst hätten sich wieder alle gefragt, ob der Sänger jetzt einfach tief emotional und weinend ins Bett geht (lacht). So sehr mir das auch Spaß macht, in den Tourbus zu kommen und Halligalli zu machen, macht es als Sänger einfach keinen Sinn. Als Sänger musst du schauen, spätestens um Mitternacht oder halb Eins im Bett zu liegen und die Fresse zu halten, damit die Stimme am nächsten Tag Kraft hat.

Die Tour zu „Für immer frei“ wurde ja inzwischen auf November 2022 verschoben, es heißt also noch über ein Jahr warten. Kannst du aber vielleicht doch schon mal einen kleinen Ausblick darauf geben, was die Fans erwartet?
Wir hatten riesige Pläne für die große Tour zu „Für immer frei“ und dann kam Corona. Diese Pläne haben wir immer noch und ich würde sagen: Lasst euch überraschen. Wir haben da schon einiges an Ideen und das wird sicherlich geil.

2022 könntet ihr aber vor einem Dilemma stehen: Üblicherweise veröffentlicht ihr alle zwei Jahre ein neues Studioabum, allerdings geht ihr Ende nächsten Jahres erstmal offiziell auf „Für immer frei“-Tour. Dürfen die Fans trotzdem Hoffnung haben auf neue Musik?
Also wir arbeiten jetzt schon wieder an Sachen, aber es ist halt viel liegen geblieben in der Pandemie und es muss viel nachgearbeitet werden. Wir haben noch ein paar verrückte Ideen, die wir umsetzen wollen. Wir haben ja in der Pandemie-Zeit wie gesagt nicht die Füße stillgehalten, sondern viele geile Ideen und Gemeinschaftsarbeiten mit coolen Leuten gemacht. Ich möchte mich daher nicht festlegen, wann es mit neuer Musik klappt.

Waren die SALTATIO-MORTIS-Grillgewürze auch ein Teil dieser verrückte Ideen?
Ja (lacht)! Einige von uns sind ja begeisterte Köche und wenn ich Zeit habe, gehöre ich da auch dazu. Bei unseren Studio-Sessions gibt es das traditionelle Angrillen, das meistens über zwei oder drei Tage geht. Daher haben wir jetzt diese Gewürzmischungen zusammengehauen. Meine Lieblinge sind die „Spiel mit dem Feuer“ und die „Für immer jung“, wobei die „Aus der Asche“ auch ziemlich geil ist. Da habe ich jetzt so ein oder zwei Gerichte gefunden, wo das richtig gut dazupasst, die anderen beiden Mischungen kann ich dagegen überall dazugeben. Chilis und Kräuter brauche ich immer (lacht).

Was kochst du denn am liebsten?
Im Moment würde ich sagen Saltimbocca alla romana. Da haben meine Freundin und ich einen Narren daran gefressen. Das letzte Mal haben wir angefangen, das Fleisch komplett in Schinken und Salbeiblätter einzurollen. Das war auch sehr geil (lacht). Es muss halt schmecken. Man macht nicht umsonst die ganze Zeit so viel Sport, da muss man auch schlemmen. Gutes Essen, guter Wein, gute Mucke – diese Sachen machen das Leben schön.

Beschließen wir dieses Interview mit einem kleinen Brainstorming. Was kommt dir bei den folgenden Begriffen zuerst in den Sinn…
Weißwurst:
Ich finde sie megageil, mit einer schönen Brezen und süßem Senf, aber meine Freundin hat mich gefragt, ob ich die Kontrolle über mein Leben verloren habe. Sie fand, das war das Widerlichste, was sie je probiert hat (lacht).
Katze oder Hund: Ich könnte mich unter den Fellnasen nie entscheiden. Bei meinen Eltern auf dem Hof bin ich mit Hunden und Katzen aufgewachsen und liebe sie beide. Aber weil du „entweder … oder“ gesagt hast, sage ich etwas anderes und zwar Taube! (Alea verschwindet kurz aus dem Raum und kommt dann mit einer Taube in der Hand zurück, Anm. d. Red.) Wir haben zwei Findelkinder aus der Straße aufgenommen, die verletzt und allein nicht überlebensfähig waren. Die eine kann nicht fliegen und die andere nicht laufen. Die knuddeln aber mit uns abends auch auf der Couch. Das sind ganz großartige Tiere mit gutem Charakter.
Marvel oder DC: Mein Lieblings-Superheld ist ein DC-Charakter, nämlich Batman. Aber ansonsten muss ich einfach sagen Marvel. Ich habe vor kurzem „The Suicide Squad“ gesehen und fand den richtig gut und witzig. Mit der Menge an guten Zitaten kommt er schon fast an „Ghostbusters“ ran. Aber sonst tatsächlich Marvel und da würde ich sagen besonders der erste „Guardias Of The Galaxy“.

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Publiziert am von Juan Esteban

Dieses Interview wurde per Telefon/Videocall geführt.

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