Review Rise Against – Nowhere Generation

RISE AGAINST stehen schon längt an der Spitze der Mainstream-Punk-Rock-Szene. Seit „Appeal To Reason“ (2008) wurden die Chicagoer zunehmend poppiger und erreichten dadurch eine Vielzahl an neuen Fans. Geblieben ist über die Jahre die politische Aussage in ihren Texten. Auf „Nowhere Generation“ besingen sie die Generation Z (geboren ca. 1995 bis 2010), die Generation Lost (Jugendliche in Zeiten von Corona) und deren Probleme mit dem American Dream, den politisch schwierigen Zeiten, dem Vermächtnis der vorhergehenden Generationen, mit denen die heutige Jugend aufwachsen muss: Mit dem Klimawandel, mit der sozialen Ungerechtigkeit ihres Heimatlandes, mit unsicheren Zukunftsaussichten.

Eine Rückkehr zu frühen Zeiten, zu denen RISE AGAINST noch kantiger und mehr im melodischen Hardcore zuhause waren, wird es trotz des Hoffens vieler alteingesessener Anhänger freilich nicht mehr geben. Die letzten Outputs „Black Market“ (2014) und „Wolves“ (2017) waren arg massentauglich und zahm, der Punk-Rock-Anteil wich vornehmlich einer leicht bekömmlichen Mischung aus Pop-Punk und Alternative Rock. Die Verkaufszahlen geben RISE AGAINST natürlich recht, deshalb gibt es auf „Nowhere Generation“ keine großen musikalischen Veränderungen. Das Erfolgsrezept steht: Aus der flotten, melodischen Strophe geht es mit einer Steigerung in der Bridge über in einen knackigen, packenden Refrain, den die Hörer spätestens nach dem dritten Durchlauf bequem mitsingen können sollen.

Auch wenn im Kern alles gleich ist und RISE AGAINST unverkennbar RISE AGAINST bleiben: „Nowhere Generation“ ist leidenschaftlicher, energiegeladener, weniger egal als alle Veröffentlichungen seit „Appeal To Reason“. „The Numbers“ repräsentiert passend zur ungewissen Zukunft der heutigen Jugend die Wut und Unsicherheit gegenüber dem System: Mit schweren Gitarren und teilweise konträr zur Melodie spielendem Schlagzeug ist die Stimmung bedrückend sowie chaotisch und spiegelt den Aufruf zu Protesten wider. Das macht den Opener zum besten Track des Albums und zum Anspieltipp. Die emotionale Intensität und die Überzeugung, mit der McIlrath seine Lyrics vorträgt, erinnert tatsächlich wieder mehr an qualitative Hochzeiten vor 2010. Sein Gesang ist zwar nur leicht angeraut und nach wie vor sehr melodisch, klingt jedoch so frisch und jugendlich wie lange nicht.

Natürlich wird hier musikalisch niemandem weh getan. „Talking To Ourselves“ oder „Sooner Or Later“ sind gefällige Pop-Punk-Nummern für das Radio, schlecht ist das aber nicht unbedingt: Die Songs sind eingängig, leicht bekömmlich und hören sich gut weg. Mit der obligatorischen Ballade „Forfeit“ sowie „Broken Dreams, Inc.“ und „Middle Of A Dream“ finden sich leider auch einige Füller an der Schwelle zur Belanglosigkeit wieder. „Monarch“ zieht das Tempo ausnahmsweise mal an, der Track bleibt aber auch nur während der Laufzeit im Kopf und ist danach direkt wieder vergessen. Vor allem der schwächere Mitteilteil zieht den Gesamteindruck des Albums damit nach unten. „Rules Of Play“ beschließt die Platte dafür versöhnlich: Nach dem bedrückenden und aufrührenden Beginn mit „The Numbers“ endet der letzte Track mit optimistischen Tönen.

„We are the nowhere generation / we are the kids that no one wants“ – funktionieren solche Zeilen, vorgetragen von einem Familienvater Mitte 40? McIlrath hat schließlich selbst zwei Töchter und der Großteil der RISE-AGAINST-Fans ist heutzutage wohl jünger als das Debütalbum „The Unraveling“ von 2001. Die Aussagen können aber glaubwürdig sein, sofern die Anhänger die Texte auf sich projizieren und annehmen können – erst recht dann, wenn sie irgendwann wieder zu Zehntausenden gemeinsam vor der Bühne singen können. „Nowhere Generation“ ist abgesehen davon ein musikalischer Schritt in die richtige Richtung und das stärkste RISE-AGAINST-Album seit „Appeal To Reason“, ohne etwas anders oder neu zu machen, aber einfach wieder besser als in den letzten zehn Jahren.

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Wertung: 6 / 10

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