2013 im schönen Münster gegründet haben sich NIGHTFYRE einige Zeigt gelassen, um ihr Handwerk zu perfektionieren: Erst sechs Jahre später veröffentlichte das Trio mit „From Fortune To Ruin“ sein erstes volles Album – und das kam in der Szene schon ziemlich gut an. Seither scheint die Truppe aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland etwas mehr Tempo zu machen, denn nur zwei Jahre später haben NIGHTFYRE mit „Shattered Lands“ bereits eine neue EP auf Lager, die erneut über This Charming Man Records in den Handel gekommen ist.
Es bleibt zu hoffen, dass abseits der Musikpresse kaum jemand den zu „Shattered Lands“ mitgelieferten Promo-Text zu lesen bekommt, denn da werden allerhand falsche Erwartungen geschürt. So preist man NIGHTFYRE dort etwa als NWOBHM-Band an, doch das ist Käse – mehr dazu gleich. Auch wird behauptet, Sänger David Cruz höre sich an wie der junge James Hetfield (Metallica). Das ist ebenfalls Kokolores, denn mit seinem kraftvollen Organ erinnert der Mann allenfalls an den älteren James Hetfield, der nunmal ganz und gar nicht wie die Frontmänner von NWOBHM-Kapellen wie Raven, Judas Priest oder Iron Maiden klingt. Selbstverständlich mach das „Shattered Lands“ nicht zu einer schlechten Platte – auch dazu gleich mehr – es zeigt jedoch, dass nicht alles für bare Münze genommen werden sollte, was Label oder Promo-Agentur behaupten, weil sie denken, dass das gerade gut ankommt.
Wie ihre EP zeigt, sind NIGHTFYRE nämlich klar vom traditionellen Metal auch britischer Prägung inspiriert, heben sich allerdings von den meisten bloßen NWOBHM-Nachahmern deutlich ab. Das beginnt damit, dass „Shattered Lands“ keinesfalls nach Vinyl-Pressung ca. 1983 klingt, sondern die Münsteraner keinerlei Angst vor modernem, druckvollem Sound haben. Zusammen mit dem erwähnt kernigen Gesang von Herrn Cruz klingen NIGHTFYRE so weitaus weniger nach Bands wie Roadwolf und Skyryder und weit mehr nach gleichermaßen modern ausgerichteten Formationen wie etwa Circle Of Silence.
Ähnlich wie ihre Heilbronner Kollegen setzen auch NIGHTFYRE auf mächtige Riffs und große Refrains, verpackt in dicken Sound. Die fünf Songs von „Shattered Lands“ bewegen sich dabei vornehmlich im Uptempo-Bereich, wobei die Band ganz offenkundig durchaus ein Gespür für besagte Mitsing-Refrains hat. Und weil die Truppe auch weiß, wie gute Riffs und anständige Leadgitarren gehen, hat diese EP in jedem Fall Hand und Fuß. Gut, etwas Nachbesserungsbedarf beim Songwriting mag es geben, denn die meisten Refrains und Gesangslinien gleichen sich hier schon sehr und einige Ideen wie der – sicherlich live-taugliche – Mitsing-Part von „Lady In Black“ könnten etwas mehr Selbstvertrauen vertragen. Trotzdem: „Shattered Lands“ mach Spaß, reißt oftmals mit und bietet in Momenten wie dem epischen Intro-Solo zum Titeltrack sogar den Ansatz von Gänsehaut. Und im an Enforcer erinnernden „Haunted By Fire“ gibt es dann tatsächlich noch NWOBHM-Feeling.
Im Gegensatz zu vielen ihrer derzeitigen Mitstreiter versuchen NIGHTFYRE nicht zwanghaft, sich als „retro“ zu präsentieren und sich damit an irgendeine Szene anzubiedern – auch wenn der Promotext zu „Shattered Lands“ anderes suggeriert. Die Burschen aus Münster lassen sich nicht in Leoparden-Spandex ablichten und versehen ihre Musik auch nicht mit vermeintlichem Garagen-Sound aus grauer Vorzeit. Wenngleich solcherlei Aufmachung nicht verkehrt sein muss, ist ihr Fernbleiben durchaus erfrischend. Stattdessen bieten NIGHTFYRE mit dieser EP angenehm unprätentiösen Metal, der stets nach dem hier und jetzt klingt und doch unüberhörbar von der guten alten Zeit beseelt ist. Wenn nun noch ein paar Unebenheiten beim Songwriting ausgebügelt werden, kann nichts mehr schiefgehen.
Keine Wertung
Großartige Platte, mit das Beste was ich dieses Jahr gehört habe.