Prong - Cleansing Album Artwork

Review Prong – Cleansing

In den 1990er Jahren war das Schubladendenken noch ausgeprägter. Umso spannender war es, wenn eine Band aus dem Untergrund die Szene mit einer erfrischenden Kombination verschiedenster Stile aufmischte. Wie zum Beispiel die Groove-Metal-Pioniere PRONG um Tommy Victor, die in verschiedenen Besetzungen nun schon seit über 35 Jahren die Bühnen der Welt unsicher machen. Die spannendste Phase im musikalischen Schaffen des Trios sind mit Sicherheit die 1990er Jahre, in der Victor mit Paul Raven (Ex-Killing Joke) am Bass, Keyboarder John Bechdel (Ex-Murder Inc.) und Schlagzeuger Ted Parsons (Ex-Swans) erstaunlich zeitlose Alben erschuf. In diese Kategorie gehört ohne Frage der 1994er-Output „Cleansing“.

Der Rhythmusgruppe kommt, wie der Name schon suggeriert, im Groove Metal immer eine besondere Bedeutung zu. In Verbindung mit Victors rifforientiertem Gitarrenspiel hat die Soundästhetik von PRONG einerseits etwas maschinelles, auf der anderen Seite etwas sehr groovig-organisches. Der Einsatz von elektronischen Spielereien und Synthesizern verstärkt diesen Industrial-Vibe sehr. Die unterkühlte Produktion von Terry Date ist transparent, aber nach heutigen Massstäben recht dünn und wenig druckvoll. Allerdings war dies in der letzten Dekade des 20. Jahrhunderts nicht ungewöhnlich: Digitaltechnik war nicht nur in den Wohnzimmern, sondern auch in den Tonstudios der Welt auf dem Vormarsch – aber noch lange nicht so ausgereift und leistungsfähig, wie man es heutzutage gewohnt ist.

Das tut der Qualität der Kompositionen auf „Cleansing“ keinen Abbruch: Durchaus rifflastig mit wenig überanspruchsvollem Sologefrickel ist der New Yorker Punk- und Hardcore-Background von Victor jederzeit spürbar. Mit „Cleansing“ hatten sich PRONG nicht zuletzt durch den vermehrten Einsatz von mehr oder weniger melodischen Midtempo-Nummern auch merklich vom noch Thrash-lastigen Vorgänger „Beg To Differ“ entfernt. Mit „Snap Your Fingers, Snap Your Neck“ war zwar eine echte Single dabei, die sowohl auf MTV als auch in den Metal-Diskos der Welt rauf und runter lief – trotzdem blieb der große Durchbruch aus, was 1996 schließlich zur (vorübergehenden) Auflösung der Band führte.

Die stilistische Bandbreite auf „Cleansing“ ist groß: Egal ob stampfende Groove-Monster wie besagte Single, Double-Bass-Brecher wie „Out Of This Misery“ oder melodische Midtempo-Ohrwürmer ohne überflüssigem Kitsch wie „No Question“ oder „Not Of This Earth“ – PRONG spielen jeden Song einfach cool und lässig runter. Eine Eigenschaft, die Victor übrigens auch noch über 25 Jahre später auszeichnet – egal ob mit PRONG oder als Session-Gitarrist bei Ministry, Danzig oder Rob Zombie.

Wer um die Jahrtausendwende herum Bands wie Static X gefeiert und vielleicht noch ein bisschen was für die Pantera– und Fear-Factory-Klassiker übrig hat, sollte „Cleansing“ dringend eine Chance geben. Völlig zu Unrecht fristet das Album heute ein wenig eine Art Mauerblümchendasein neben Alben wie „Vulgar Display Of Power“ von Pantera oder auch Fear Factorys „Demanufacture“ – obwohl auch PRONG mit „Cleansing“, aber auch dem ebenfalls großartigen Nachfolger „Rude Awakening“, einen maßgeblichen Einfluss auf die moderne Metalszene nach 2000 gehabt haben dürften.

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Wertung: 9.5 / 10

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2 Kommentare zu “Prong – Cleansing

  1. Jupp, Cleansing“& „Rude Awakening“ sind Klassiker die ich seit ewigen Zeiten immer mal wieder höre. Und immer wieder mit Freude. Leider war jedes neuere Album von Prong im Vergleich nicht mal nahe dran.

    1. Das empfinde ich genauso, ja. „Cleansing“ und „Rude Awakening“ sind unerreicht. Lustigerweise fand ich die eine oder andere Remix-Platte nach der Jahrtausendwende ziemlich gut – aber sowas läuft ja außer Konkurrenz ;-)

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