Der Name STORMWITCH hatte in der Metal-Szene einst ähnliche Zugkraft wie der von Running Wild. 1994 löste sich die Truppe erstmals auf, um sich 2002 erneut zusammenzufinden und zwei weitere Alben einzuspielen. Danach ging es erstmal bergab, wobei sich die Band um 2010 wieder einigermaßen berappelt hatte. Mittlerweile sind mit Frontmann Andy Aldrian und Bassist Jürgen Wannewetsch zwar nur noch zwei Gründungsmitglieder übrig, aber dafür ist die Truppe wieder auf Kurs und hat mit „Season Of The Witch“ ein neues Album auf Lager.
„Season Of The Witch“ hat das vermutlich uninspirierteste und billigste Artwork in der jüngeren Geschichte der Heavy-Metal-Veröffentlichungen, allerdings hatten die Herren aus Heidenheim bis auf wenige Ausnahmen auch noch nie ein Händchen für ansprechende Cover-Gestaltung. Davon sollte man sich auch nicht abschrecken lassen, denn die Comeback-Platte der Truppe ist eine grundsolide Sache geworden. Zwar beginnt der Opener „Evil Spirit“ noch wie ein Paul-Maar-Hörspiel, jedoch zeigt sich bei einsetzender Musik sogleich, dass Frontmann Andy Aldrian nach wie vor bestens bei Stimme ist.
Musikalisch beschreiten STORMWITCH hier zumeist den Mittelweg aus Tradition und Moderne – eine Mischung, die im Titeltrack von „Season Of The Witch“ mit fetten, stampfenden Riffs und der typischen STORMWITCH-Düsternis ihren Höhepunkt erreicht. Schön auch, dass sich die Herren textlich in keinster Weise weiterentwickelt haben und hier oftmals die gleichen Geisterbahn-Plattitüden wie zu seligen „Priest Of Evil“-Zeiten auf die Hörerschaft losgelassen werden. Das sorgt nicht selten für wohlwollendes Schmunzeln. Nummern wie „True Until The End“ oder insbesondere „The Last Warrior“ sind schnörkelloser Heavy Metal und legen nahe, warum auch Kapellen wie Hammerfall die Mannschaft zu ihren Einflüssen zählen.
In „Season Of The Witch“ steckt also trotz reichlich veränderter Besetzung viel von den alten STORMWITCH, weshalb auch diese Platte ohne weiteres als ein Original betrachtet werden darf. Technisch sind die Herren ebenfalls voll auf der Höhe, denn die ausgewechselte Saitenfraktion punkten mit ebenso atmosphärischen wie anspruchsvollen Leadgitarren. Dennoch geht es nicht ganz ohne Wehrmutstropfen: STORMWITCH sind schlicht nicht mehr so gut wie früher. Neben den erwähnten Nummern stehen Songs wie etwa „Runescape“, das sich unpassenderweise in schmalzige Whitesnake-Gefilde vorwagt und nach hinten raus verliert das Album enorm an Zugkraft. „At The End Of The World“ oder „Harper In The Wind“ mögen anständige Songs sein, sie verfehlen es jedoch, den Hörer ernsthaft mitzureißen.
Auch die Produktion von „Season Of The Witch“ ist ein zweischneidiges Schwert. Hörbar um Druck bemüht punktet das Album mit fetten Gitarrenwänden, einem ausgewogenen Klangbild und einem Leadgitarren-Sound zum Niederknien. Was fehlt ist die Dynamik. Fade-Outs und ausgedehnte Akkorde werden vom sterilen Klang gnadenlos beschnitten, was nicht zuletzt zulasten der Atmosphäre geht und „billig“ klingt. Es sollte an dieser Stelle allerdings noch einmal betont werden, dass „Season Of The Witch“ trotz solcher Schnitzer kein schlechtes Album ist – Fans von teutonischem Metal im Allgemeinen und der Stimme des Herrn Aldrian im Speziellen werden mit der Platte sicher ihren Spaß haben, nur sollten sie nicht das beste Album in der Karriere ihrer Helden erwarten.
Nach elf Jahren Ruhepause hat vermutlich selbst der eingefleischteste Fan nicht mehr an ein neues STORMWITCH-Album geglaubt und unter diesem Gesichtspunkt ist „Season Of The Witch“ das denkbar beste Ende der Wartezeit. Die Platte mag nicht der metallenen Weisheit letzter Schluss sein, aber sie zeigt klar und deutlich, dass mit den Heidenheimer Urgesteinen nach wie vor zu rechnen ist. Fans der Truppe schlagen sofort zu, aller übrigen hören erst noch probehalber rein.
Wertung: 6 / 10