Lars Nedland ist vieles, aber mit Sicherheit nicht in eine Schublade zu stecken. Als Mitbegründer der Avantgarde-Ikonen Solefald, Sänger der Prog-Viking-Black-Metal-Band Borknagar oder als Direktor für verschiedene TV-Produktionen in Norwegen treibt sich der kreative Kopf in unterschiedlichen Gefilden herum, aktuell bei seinem neusten Streich, der Band WHITE VOID.
Der geneigte Fan besagter Bands wird es bereits ahnen, dass auch WHITE VOID ebenso wenig zu kategorisieren ist wie Nedlands bisherige Arbeit. Das Debüt „Anti“ ist dabei als nomen est omen zu verstehen: Entgegen jeder möglichen Erwartungshaltung machen WHITE VOID nicht Avantgardes und keinen Metal, sondern ausgefallenen, modernen Hard Rock mit hohen Chiptune-Anteilen. Um sich herum versammelt hat Nedland dabei Tobias Solbakk, Live-Drummer von Ihsahn und Schlagzeuger bei In Vain, Electronica-Produzent Vegard Kummen und den Blues-Rock-Gitarristen Eivind Marum. Elektronisch geprägter Hard Rock mit dem Sänger von Borknagar – so wild die daraus resultierende Vorstellung auch ist, „Anti“ ist es tatsächlich.
Der Opener und zugleich die erste Single-Auskopplung „Do.Not.Sleep“ bietet einen guten Einstieg in das, womit sich WHITE VOID nun einen Namen machen wollen. Ein treibendes, aber eher begleitendes Schlagzeugspiel von Solbakk, die unzähligen Licks und Soli von Marum sowie der exponierte Gesang von Nedland finden dabei schnell zueinander und entgegen der Befürchtung, dass sich WHITE VOID eher nach einem Konglomerat an Ausnahmetalenten anstatt nach einer harmonisch klingenden Band anhört, bleibt die Bestätigung dessen aus. Wer vom Schlagwort Electronica abgeschreckt ist, wird es von „Anti“ nicht sein; am deutlichsten tritt Kummen lediglich im finalen Song „The Air Was Thick With Smoke“ in Erscheinung, während die sieben Songs zuvor eher von Nedlands teils starken Keyboard-Einlagen wie in „The Shovel And The Cross“ geprägt sind. Apropos starke Nedland-Einlagen: Sein melodischer Gesang auf „Anti“ fügt sich problemlos in sein bisheriges musikalisches Schaffen ein, obgleich er sich mit WHITE VOID traut, auch mal weniger vorhersehbar zu singen („The Fucking Violence Of Love“).
Zur sonnigen Feel-Good-Attitüde der Songs verhält sich der textliche Kern des Albums, wie sollte es anders sein, gegenläufig: „Anti“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, Albert Camus‘ Absurdismus aufzugreifen und stellt die Frage nach dem passenden Umgang mit einer Existenz, die in ihrem Kern absurd ist. Schwere Themen treffen auf catchy Refrains, philosophische Fragestellungen auf Gitarrensoli: WHITE VOID sind kein komplexes Knäuel, das es aufzudröseln gilt, allerdings auch weit vom easy listening entfernt.
Mit seiner neuen Band bleibt Nedland seinem Faible für Extravaganz treu und liebäugelt erstmalig mit einem kernigen Rocksound, den er mit seinem Gesang ebenso zu veredeln weiß wie bei seinen Metal-Kombos. WHITE VOID sind für aufgeschlossene Fans von Occult und Hard Rock die Band der Stunde!
Wertung: 8 / 10