Aufstrebende Bands haben es nicht leicht: An Ideen bzw. Material mangelt es meist nicht, am nötigen Kleingeld fürs Studio in der Regel schon. Kommt dann auch noch bei jedem Musiker ein geregelter Job dazu, kann es schon mal etwas dauern, bis das nächste Album veröffentlicht wird. Unter diesem Gesichtspunkt ist es durchaus verständlich, warum Fans nicht weniger als stolze sechs Jahre auf „Sinful Birth“, das nächste Album der schwedischen Thrasher ANTICHRIST, warten mussten.
Auf ihrem zweiten Album setzen ANTICHRIST nach wie vor auf räudigen Thrash Metal der ganz alten Schule und machen deutlich, dass sie mit dem klinischen Präzisionsriffing neuerer Kreator– oder Testament-Alben so gar nichts am Hut haben. Stattdessen verpackt die Truppe in Songs wie „Under The Cross“ oder dem Titeltrack schrammelndes Gitarren-Sperrfeuer mit durchgetretenem Gaspedal mitsamt entsprechend infernalischem Gesang und durchaus brauchbaren Soli in eine etwas ranzige Garagen-Produktion, weshalb „Sinful Birth“ ab dem ersten Ton wie ein kultiges Thrash-Metal-Album aus dem Underground der seligen 80er klingt, das allerdings dringend mal remastert werden sollte.
Als Referenz lassen sich vielleicht alte Destruction oder nicht weniger alte Slayer anführen, wobei ANTICHRIST neben griffigeren Parts auch gerne mal Ausflüge in gemäßigteres Black/Thrash-Terrain wagen. Insgesamt agieren die Schweden auf ihrem zweiten Album fast noch eine Ecke ungestümer und kompromissloser als auf dem nicht minder brauchbaren Vorgänger und lassen mit rabiaten Abrissbirnen wie „The Entity“ oder „The Black Pharaoh“ keinen Stein auf dem anderen, wobei die Truppe in der letztgenannten Nummer zwischendurch ungeahnt melodiös wird und für regelrechte Gänsehaut-Momente sorgt.
Größte Überraschung auf diesem durch die Bank soliden wenngleich nicht im geringsten innovativen Thrash Metal-Album ist das rund zehnminütige Instrumentalstück „Chernobyl 1986“ – das hätte man von ANTICHRIST so sicherlich nicht erwartet, allerdings fällt die Nummer auch weniger spektakulär aus, als sie könnte, denn außer minutenlangem Geschrammel und ein paar recht anständigen Leads wird hier nicht viel geboten. Das wirkt ein bisschen wie ein in die Länge gezogener ANTICHRIST-Song ohne Gesang und das ist dann doch ein bisschen dünn. Stört aber auch nicht, denn dafür gibt’s an jedem CD-Player die Skip-Taste und die führt direkt zum gelungenen Rausschmeißer „Fall Of The Temple Of Solomon“.
ANTICHRIST erfinden das Rad mit „Sinful Birth“ sicherlich nicht neu, haben aber bereits mit ihrem Debüt „Forbidden World“ gezeigt, dass das auch gar nicht ihr Anspruch ist. Stattdessen liefern die Schweden hier eine Dreiviertelstunde lang kompromisslosesten Brutalo-Thrash, mit dem sie sich ins Herz jedes passionierten Underground-Headbangers spielen dürften. Innovativ geht mit Sicherheit anders, aber gelungen ist „Sinful Birth“ allemal.
Wertung: 7.5 / 10