Anderthalb Jahre ist es her, als die schwedischen Death-Metaller von HUMANITY’S LAST BREATH mit „Abyssal“ das Tor zur Hölle geöffnet haben. Selten war Musik so gnadenlos erdrückend und selbst im härtesten Subgenre war eine derartige Bösartigkeit nicht allgegenwärtig. Dass auch das Nachfolgewerk „Välde“ somit die falsche Musik für einen Kindergeburtstag ist, sollte jedem bereits im Voraus bewusst sein. Denn auch auf ihrem vierten Full Length lässt es sich das Quartett um Ausnahmemusiker Buster Odeholm nicht nehmen, die Saiten in Richtung Infraschall zu stimmen und 50 Minuten lang auf die Mütze zu geben.
War „Abyssal“ bereits ein Schritt weg vom Deathcore der Anfangstage, gehen HUMANITY’S LAST BREATH diesen Weg auf „Välde“ entschlossen weiter. Und doch ist auf dem neuesten Machwerk etwas anders: War „Abyssal“ geprägt von vertrackten und teilweise willkürlichen Strukturen, so ist „Välde“ insgesamt geradliniger, atmosphärischer und – man wagt es kaum auszusprechen – zugänglicher. Die Band macht es dem Hörer sozusagen einfacher, die musikgewordene Erbarmungslosigkeit zu verstehen und in sich aufzusaugen – und sogar mehrfach hintereinander anzuhören.
Der Hauptgrund dafür ist die neu in den Sound eingewobene Atmosphäre, die mal durch Streicher und Chöre, mal durch Klargesang in den Vordergrund rückt. So wirken die Kompositionen in ihrer gesamten Struktur weniger destruktiv und anstrengend und können sich in ihrer bestialischen Schönheit frei entfalten. Denn ihre Höhepunkte hat die Platte in exakt diesen Momenten, in denen HUMANITY’S LAST BREATH ihr tiefes Riffing mit der unheilvollen Atmosphäre kombinieren. Ein absolutes Paradebeispiel hierzu ist „Tide“: Der Song beginnt mit einem „djentigen“ und kratzigen Riff, gibt sich im Mittelteil in einem frischen Hardcore-Gewand und als alles auf einen vernichtenden Breakdown hindeutet, überraschen die Schweden mit einem schaurig-schönen Outro, das man so auch im Symphonic Black Metal vorfinden könnte.
Gerade diese Nähe zum Black Metal lässt sich im Laufe der Spielzeit immer wieder erkennen. So überzeugen die Musiker während „Hadrean“ mit wirbelnden Blast-Beat-Attacken und zwischenzeitlich hohem Riffing, das auch auf „Välde“ eher der absoluten Seltenheit angehört. Ein weiteres Highlight wird den Fans mit „Dehumanize“ geboten, das nach einem langen und düsteren Aufbau schließlich in Form eines Breakdowns Fahrt aufnimmt, zwischenzeitlich alles niedermäht und letztlich mit stampfendem Rhythmus und finsterer Melodie abschließt.
Auch die in Eigenregie übernommene, sterile Hochglanzproduktion tut ihr Übriges und verleiht der Musik der Schweden zusätzliche Kälte. So sind sich HUMANITY’S LAST BREATH auch um keinen Effekt zu schade, der ihre Musik noch unglückseliger und fieser klingen lässt. Dass das Ganze – zumindest in Bezug auf den Vorgänger – auch live atemberaubend umgesetzt werden kann, ist dahingehend noch beeindruckender.
Allerdings kann das grundsätzlich hohe Niveau, das gerade im Mittelabschnitt seinen Peak erreicht, nicht durchgängig gehalten werden. Mit „Glutton“ und „Vittring“ sind es ausgerechnet der erste vollwertige Track sowie der normalerweise krönende Abschluss, die uninspirierter und stellenweise sogar etwas mühselig klingen. Dadurch wird das Gesamtbild von „Välde“ zwar nicht nachhaltig getrübt, doch verhindert es eine noch höhere Bewertung.
Im Gesamten hat man es bei dem neuesten Werk der Helsingborger auch mit dem reifsten und bislang besten der Bandgeschichte zu tun. Die klareren Strukturen und orchestralen Melodien sorgen für eine willkommene Zugänglichkeit, die die Härte und Unbarmherzigkeit dennoch in keiner Art und Weise schmälert. So ist „Välde“ ein hochmodernes und in seiner Art einzigartiges Death-Metal-Album, das musikalischen Nostalgikern (und vor allem Freunden fröhlicher Musik) womöglich sauer aufstößt, von einem technischen und songwriterischen Blickwinkel allerdings kaum etwas zu wünschen übriglässt. War „Abyssal“ also die Toröffnung zur Hölle, so ist „Välde“ der musikgewordene Ansturm, um diese zu erobern.
Wertung: 8.5 / 10