Auf ihren letzten Alben machten die Ruhrpott-Rocker von RAGE immer mal wieder orchestrale Experimente, die vielleicht nicht jedermanns Sache waren, aber doch soweit auf Akzeptanz stießen, dass die Truppe nicht davon ablassen möchte. Ganz im Gegenteil: Das Lingua Mortis Orchestra existiert künftig als separates Projekt – besser hätte es nicht kommen können, denn so regiert auf den regulären Alben von Peavy und Co. fortan wieder voll und ganz der Metal.
Angesichts des peinlichen Intros „House Wins“ mit Hörspielpart und säuselnden Klarinetten möchte man zwar gleich zu Anfang das Schlimmste vermuten, jedoch soll diesmal alles ganz anders kommen – denn kaum lassen die Ruhrpöttler den orchestralen Unfug außen vor, wird wieder ein Schuh draus: Zwar sind die Refrains auch auf „21“ wieder groß angelegt und fallen somit allesamt wie immer recht hymnisch aus, allerdings ist von der schmerzhaften Süßlichkeit des Vorgängers keine Spur mehr zu entdecken und so macht das Ganze gleich um ein Vielfaches mehr Spaß.
Vor allem bietet das neue RAGE-Album jedoch etwas, das der Truppe seit „Soundchaser“ abhanden gekommen zu sein schien, nämlich tonnenweise Riffs, die man nur als genial bezeichnen kann. Hier wird sodann die größte Stärke des Trios offensichtlich, nämlich ihre Fähigkeit, modernen Sound nahtlos mit schwermetallener Tradition zu Verbinden. So klingt das Riffing von Songs wie „Forever Dead“ und „Feel My Pain“ absolut zeitgemäß und lässt doch gleichzeitig an teutonische Dinosaurier wie Accept und dergleichen denken.
Auch in Sachen Songwriting sind RAGE im neuen Jahr exakt auf dem richtigen Weg und haben auf „21“ zehn angenehm prägnante, vornehmlich knallharte Heavy-Metal-Songs untergebracht, ohne sich dabei in übermäßig bombastischen Arrangements zu verrennen oder mit schnulzigen Balladen zu langweilen. Dabei bewegt sich die Truppe vornehmlich im oberen Tempobereich, funktioniert aber auch in den Groove-Hämmern „Psycho Terror“ und „Death Romantic“ ganz ausgezeichnet, sieht man von der Weltverbesserer-Hymne „Black And White“ mal ab. Hinzu kommen die üblichen RAGE-Markenzeichen wie Meister Peavys charakteristischer Gesang und das geradezu irrwitzige Leadgitarren-Spiel von Flitzefinger Victor Smolsky, der sich auf „21“ obendrein durch allerhand gänsehautverdächtige Doppelgitarren-Läufe hervor tut und schon wird aus „21“ das beste RAGE-Album in nicht ganz zehn Jahren – die brillante Produktion tut ihr Übriges.
Schuster, bleib bei deinem Leisten: Anstatt auf Teufel komm raus einen weiteren Orchestersatz auf ihrem neuen Album unterbringen zu wollen, haben RAGE auf „21“ zehn astreine Metal-Songs gepackt und zeigen sich dabei ausschließlich von ihrer besten Seite, weshalb die Truppe damit so frisch und selbstbewusst wie schon lange nicht mehr klingt. Egal, was die Herren in ihrer Freizeit sonst noch machen, RAGE sind wieder da und das so stark wie nie.
Wertung: 9.5 / 10