Die ohnehin schon lange schwächelnde Musikbranche ist zweifellos einer der am schwersten von der Coronapandemie getroffenen Lebensbereiche. Mit den abgesagten Live-Shows ist den vielen Künstlern, die nicht gerade den Mainstream beherrschen, aber auch den Veranstaltern, Technikern und Locations eine ihrer letzten halbwegs sicheren Einnahmequellen weggebrochen. Aus ihrer Not haben viele Kreative jedoch eine Tugend gemacht und die konzertfreie Zeit genutzt, um noch mehr Musik zu schaffen. So auch Martin van Valkenstijn von MOSAIC, der seine Labelkollegen von BY THE SPIRITS, FELLWARDEN und OSI AND THE JUPITER von der Idee einer gemeinsamen Veröffentlichung thematisch lose zusammenhängender Einzeltracks überzeugen konnte. Mit „Songs Of Origin And Spirit“ ist dabei eine so umfangreiche wie interessante Split herausgekommen.
Vier Songs pro beteiligtem Musiker zu insgesamt 80 Minuten umfasst das Album, das einige Monate nach seinem digitalen Release auch in physischer Form erschienen ist. Da die vier Künstler ihre jeweils ganz eigene Interpretation von Neofolk einbringen, vergeht die stattliche Gesamtlaufzeit jedoch wie im Flug. Den Anfang macht Michał Krawczuk alias BY THE SPIRITS mit seiner eher herkömmlichen Herangehensweise an das Genre. Sphärische Klangflächen („Ślęża“), schroff pochende Perkussionen („Dead Stars“), mal zurückhaltende, mal beschwingte Akustikgitarren und stoischer Gesang („Solitary I“) verbinden sich hier zu einem stimmungsvollen Auftakt.
Die erste richtige Überraschung liefert im Anschluss daran FELLWARDEN, verzichtet Mastermind The Watcher hier doch ganz auf den Black-Metal-Aspekt seines Projekts. Stattdessen konzentriert der Brite sich in den überwiegend instrumentalen Tracks wie etwa im wunderbar verspielten Zehnminüter „A Journey Without End“ auf eine klassische Folk-Instrumentierung. Diese schmückt FELLWARDEN allerdings mit erhabenen Bläsern („Call Of The Pikes“), geradezu himmlischen Keyboardteppichen, sanftem Piano und verträumten Clean-Gitarren, die den Stücken einen lieblichen Post-Rock-Touch verleihen.
Obskur wird es dann bei MOSAIC. Nach einem Spoken-Word-Stück mit unheimlicher Geräuschkulisse („Wyntar Zoubar“) erzählt Projektkopf Valkenstijn im anfangs noch zaghaft einlullenden und sich schließlich imposant aufbäumenden „Der Nöck“ von dem gleichnamigen, mörderischen Wassergeist. Die schwungvoll-spröde Folk-Nummer „Birken, Tannen, Löwenzahn“ ist hingegen der düsteren Naturromantik gewidmet und im schaurigen, eine traurige Flötenmelodie beinhaltenden „The Emerald Woods“ zitiert MOSAIC eine dazu passende Stelle aus Empyriums „Waldpoesie“ („Weiland“).
OSI AND THE JUPITER beschließt „Songs Of Origin And Spirit“ letztendlich mit seinem bodenständigen Americana-Stil. Dieser birgt zwar keine besonders großen Aha-Momente und wirkt in „Oak Hurst“ mit seinen wölfisch geheulten Vocals und Stampfrhythmen sogar ein wenig ulkig, kommt nach den bedeutungsschweren Songs der übrigen Beteiligten aber angenehm unbeschwert daher.
Obwohl nicht alle Stücke auf der Split in gleichem Maße beeindrucken, ist „Songs Of Origin And Spirit“ in seiner Gesamtheit eine ausgesprochen bemerkenswerte Veröffentlichung. Während BY THE SPIRITS und OSI AND THE JUPITER in ihren Parts auf ihre gewohnten Stärken setzen, legt FELLWARDEN hier deutlich stimmungsvolleres Material als zuletzt auf „Wreathed In Mourncloud“ (2020) vor und MOSAIC wartet einmal mehr mit so einzigartigen wie unvorhersehbaren Liedern auf. Obwohl die vier Akteure ihr Material weitgehend unabhängig voneinander kreiert haben, folgt die Split sogar einem schlüssigen Fluss: Nach einer verheißungsvollen Einleitung durch BY THE SPIRITS fühlt man sich von FELLWARDEN und MOSAIC geradezu in eine magische Anderswelt versetzt, ehe man dank der nahbaren Musik von OSI AND THE JUPITER am Ende erleichtert aufatmen kann.
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