Interview mit Martin van Valkenstijn, Sean Kratz, The Watcher & Michal Krawczuk von Mosaic / Osi And The Jupiter / Fellwarden / By The Spirits

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Wie so viele Lebensbereiche wurde auch die Musikbranche schwer von der Coronapandemie getroffen. Martin van Valkenstijn von MOSAIC hat aus der Not jedoch eine Tugend gemacht und kurzerhand seine Labelkollegen OSI AND THE JUPITER, FELLWARDEN und BY THE SPIRITS zusammengerufen, um mit ihnen eine umfangreiche Split zu kreieren: „Songs Of Origin And Spirit“. In unserem ausführlichen Interview erzählen die vier Musiker von ihrer Spiritualität, der Auswirkung ihrer Herkunft auf ihre Kunst und dem Schattendasein des Split-Formats.

Hallo! Schön, dass ihr alle die Zeit für dieses Interview gefunden habt. Wie läuft es bei euch derzeit?
Valkenstijn: Hallo, Stephan, zunächst danke für das Interesse in dieses besondere Projekt. Es sind besondere Zeiten, in denen wir uns befinden. Sie verlangen der Psyche viel ab und man muss sich als Künstler nahezu neuerfinden. Eigentlich waren wir in den letzten Vorbereitungen für das kommende MOSAIC-Album, aber der Lockdown verhindert gerade wieder die Zusammenkunft der Band, weswegen ich mich gerade wieder in die Archive verkrieche und Liegengebliebenes vollende. Wie auch schon zum ersten Lockdown, in welchem dieses Kollaborations-Album entstanden ist.
Sean: Sehr gut. Ich habe in den letzten Wochen viel geschrieben und gelernt und versucht, so viel wie möglich in den Wald zu kommen.
The Watcher: Nicht allzu schlecht, danke. Ich arrangiere mich immer noch mit der lauernden, allgegenwärtigen Besorgnis und Spannung, die das laufende Covid-Szenario verursacht. Besonders im Hinblick auf die Musikszene und die Livemusikbranche – mit jedem Monat, der unaufhaltsam vorbeigeht, verstärkt sich das Gefühl der Trostlosigkeit und Verzweiflung für diesen fundamentalen Teil dieses leidenschaftlichen Genres nur noch. Aber es ist, wie es ist. Ich habe mich allein beschäftigt und mich in das Schreiben, die Studioarbeit und andere kreative Outlets gestürzt, die mir ein gewisses Maß an Trost gebracht haben. Oh, und auch in eine ganze Menge feinen Whiskys.
Michal: Hallo! Danke für das Interview! Zur Zeit arbeite ich an ein paar neuen Platten und anderen Projekten, darunter die neue LP von BY THE SPIRITS. Also, was soll ich sagen, ich bin im Moment ziemlich beschäftigt.

Ihr habt mit „Songs Of Origin And Spirit“ eine umfangreiche gemeinsame Split kreiert. Wie kam es dazu, dass gerade ihr vier Bands zueinander gefunden habt, anstatt etwa im Stil eines Label-Samplers von jeder Band bei Eisenwald einen Song einzubeziehen?
Valkenstijn: Während des ersten Lockdowns zeichnete sich ab, dass es wohl zeitnah einen Überschuss an Material geben würde. Ich überlegte, wie man dies elegant verpacken und einfach unter das Volk bringen könnte. Da entstand die Idee von „Songs Of Origin And Spirit“.
Sean: Martin hat uns eigentlich alle für diese Split zusammengebracht. Ich war wirklich begeistert von der Idee, nachdem er sie mir vorgeschlagen hatte. Ich höre MOSAIC, BY THE SPIRITS und FELLWARDEN ziemlich oft.
The Watcher: Es entwickelte sich einfach auf eine ziemlich aufregende Art und Weise! Mein ursprünglicher Plan war einfach, ein einziges atmosphärisches „Lockdown“-Stück über Eisenwald kostenlos für die Fans des Labels zu veröffentlichen, als eine Art Geste für die Leute in einer ziemlich seltsamen Zeit. Daraus entwickelte sich dann genug Material für eine ganze EP und dann erwähnte Martin von MOSAIC, dass er auch etwas Ähnliches im Ärmel hätte. Ehe wir uns versahen, sprachen wir aufgeregt als Vierergruppe darüber, eine gemeinsame Veröffentlichung zu produzieren, die die verschiedenen Stimmungen unserer jeweiligen Projekte zeigen sollte. In diesem Sinne nahm es mehr oder weniger ein Eigenleben an! Wir haben es aber wirklich alle mit Ernsthaftigkeit und Respekt betrieben – alle darin enthaltenen Ausdrucksformen sind sehr persönlich, werden mit Aufrichtigkeit vorgetragen und heben verschiedene Facetten unserer Hauptveröffentlichungen hervor.
Michal: Eigentlich war dies Martins Idee und er hat uns alle zusammengebracht, um diese einzigartige Erfahrung zu schaffen. Wir wollten etwas mehr als nur einen Label-Sampler kreieren. Wir wollten, dass diese Platte unsere Reise über Ursprung und Spiritualität ist, aber aus vier verschiedenen Blickwinkeln präsentiert wird. Wir alle kommen aus verschiedenen Ländern mit manchmal völlig unterschiedlichen musikalischen Hintergründen und wir alle schaffen unsere eigene Vision von Musik.

Splits werden im Gegensatz zu Full-Lengths oftmals eher stiefmütterlich behandelt. Woran, denkt ihr, liegt das?
Valkenstijn: Das ist leider wahr. Mit einer Split im herkömmlichen Sinne verbindet man ja meistens eine 7″-Schallplatte, ein vergleichsweise sehr kostenintensives Medium und eher ein Sammler- und Fanobjekt. Doch in jüngster Vergangenheit leben Konzept-Splits btw Kollaborationsalben auf. Aber es sind jedoch Medien, die einen experimentellen bzw. avantgardistischen Charakter haben, denn es sind ja Mischtonträger, die nicht unbedingt die gewohnte Kost eines Künstlers bieten, sondern um diverse Nuancen angereichert werden. Das bedarf natürlich einer offenherzigen Fanbase. Ich privat wäre auch nicht der Typ, welcher eine Band anhand eines solchen Tonträgers entdecken würde oder das möchte, denn man sucht ja schon nach etwas in sich Geschlossenem. Und das sind, denke ich, die Hauptpunkte welche auch die Vermarktung erschweren. Denn es sind definitiv Liebhabermedien. Nun haben wir hier eine sehr besondere Form der Split. Denn es handelt sich um vier Künstler eines Labels, die wahrscheinlich eine recht ähnliche oder sogar die gleiche Fanbase haben.
Sean: Ich glaube, sie werden oft übersehen, weil diese Veröffentlichungen meist zwischen den Hauptveröffentlichungen der Bands liegen. Aber auf der anderen Seite hilft es den Bands auch, die Kunst der jeweils anderen Band gemeinsam zu promoten.
The Watcher: Ich glaube, mit einer Split ist es für jeden Act schwieriger, seine Vision wirklich fundiert zu zeigen, da sie darauf mit einer begrenzteren Zeitspanne arbeiten. Und manchmal können Splits einfach eine bequeme Art und Weise sein, ein paar wackelige Probeaufnahmen oder zu Recht auf Eis gelegte „Experimente“ rauszuwerfen. Hin und wieder kommt es jedoch vor, dass einige Splits ins Schwarze treffen und die Welt wirklich in Brand setzen – die klassische Emperor/Enslaved-Split-MLP zum Beispiel, die in den Augen vieler einige der bahnbrechendsten Aufnahmen beider Bands enthält. Die Deathspell Omega/Moonblood-LP ist eine weitere, die einen furchterregenden Ruf genießt. In meinen Augen gibt es also definitiv einen Platz in der Welt für eine wohlüberlegte Split-Veröffentlichung, die Bands mit einem gemeinsamen Sinn für Zweck und Antrieb vereint, um etwas wirklich Sinnvolles zu schaffen.
Michal: Ich mag Splits wirklich sehr gerne. Viele Bands versuchen darauf etwas Anderes, bringen den Mut auf, um mehr Experimente mit den Split-Platten zu wagen. Es ist auch sehr interessant, wenn eine Split ein bestimmtes Konzept hat, das von verschiedenen Bands oder Projekten präsentiert wird. So ist es auch bei unserer Platte, wir wollten uns auf ein Konzept konzentrieren und unsere unterschiedlichen Ansätze zeigen.

Worin seht ihr die Gemeinsamkeiten in eurer Musik?
Valkenstijn: Der erste gemeinsame Nenner ist natürlich unsere Plattenfirma Eisenwald. Dazu kommt, dass wir vier Musiker einen ähnlichen musikalischen Hintergrund sowie lyrisch ebenso ähnliche Grundpfeiler haben, die natürlich durch die unterschiedlichen Regionen, aus denen wir stammen, doch recht unterschiedliche Prägungen haben und das macht die Sache so interessant.
Sean: Alle Titel sind akustisch getrieben, mit einer bewegenden Atmosphäre in ihrer eigenen Kunst sowie Ähnlichkeiten im Ganzen. Martin hat auch bei der Reihenfolge der Songs einen großartigen Job gemacht.
The Watcher: Ein Gefühl für Zeit, Ort und Leidenschaft. Wir alle wollen Geschichten auf unsere eigene, einzigartige Weise erzählen – den Zuhörer in unsere Welt bringen und ihn auf eine Reise mitnehmen, von der wir hoffen, dass sie ihm ein Gefühl der Inspiration oder des Staunens vermittelt. Die Art und Weise, wie jeder von uns dies tut, ist sehr unterschiedlich, aber der kreative Impuls und der spirituelle Antrieb, die hinter dem stehen, was wir tun, sind ganz sicher aufeinander abgestimmt. Es fühlt sich wirklich so an, als ob aus einer mehr oder weniger „zufälligen“ Idee etwas hervorgebracht wurde, das dazu bestimmt war, zu existieren.
Michal: Ich denke, die Gesamtatmosphäre, die Konzentration auf die Natur. Wir alle umkreisen darauf die Folkmusik und sie ist der Kern dieser Platte.

Wie gut kanntet ihr euch vor der gemeinsamen Split?
Valkenstijn: Die Hauptschnittstelle ist natürlich das Label. Da ich bei Eisenwald für die Gestaltung der Print- und sozialen Medien verantwortlich bin, ist man auch immer im regen Austausch miteinander und so kam eins zum anderen.
Sean: Ich habe mit Martin ziemlich viel am Layout für OSI AND THE JUPITER gearbeitet und war Gast auf einem MOSAIC-Song von ihrem Album „Secret Ambrosian Fire“. Ich spreche auch hier und da mit Michal, er wird Gast auf einem zukünftigen Album von OSI AND THE JUPITER sein.
The Watcher: Ich arbeite nun schon seit einigen Jahren mit Martin zusammen – ich wusste von seiner Arbeit sowohl mit MOSAIC als auch mit Alchemyst und er war von Anfang an bei der Gestaltung von FELLWARDEN-Veröffentlichungen behilflich. Wir sind in diesem Sinne recht eng miteinander verbunden und kommunizieren häufig über verschiedene Facetten der Ästhetik von FELLWARDEN und Eisenwald (manchmal helfe ich auch beim Schreiben von PR-Elementen für das Label). In diesem Sinne haben wir also bereits so etwas wie ein Verständnis dafür, wie der jeweils andere aus der Perspektive der kreativen Zusammenarbeit arbeitet.
Ich kenne OSI AND THE JUPITER ebenfalls schon seit einiger Zeit und obwohl ich bis zu diesem Zeitpunkt noch keinen persönlichen Kontakt mit Sean hatte, habe ich großen Respekt vor ihm als Musiker und Künstler. „Uthuling Hyl“ ist eine wunderbare, hypnotisierende Platte und als Martin vorschlug, OSI AND THE JUPITER für die Zusammenarbeit bei dieser Spaltung mit ins Boot zu holen, machte das absolut Sinn.
BY THE SPIRITS ist für mich eine Neuentdeckung, scheint aber ein weiteres großartiges Projekt im Stall von Eisenwald zu sein. Elegische, bewegende und atmosphärische Folkmusik, seine Musik passt perfekt in die Atmosphäre dessen, was wir hier schaffen wollten.
Michal: Martin und ich hatten ein paar Gelegenheiten, uns zu treffen, und wir sind schon seit einiger Zeit in Kontakt. Wir haben einige gemeinsame Projekte rund um BY THE SPIRITS und MOSAIC realisiert. Ich hatte auch das Vergnügen, mit Sean zu kooperieren und mit ihm zu plaudern. Es war nun das erste Mal, dass ich The Watcher getroffen habe.

Habt ihr seit der Zusammenarbeit an „Songs Of Origin And Spirit“ ein engeres Verhältnis zueinander?
Valkenstijn: Von meiner Seite aus würde ich sagen, dass das Verhältnis das gleiche ist wie vorher. Aber das begründet sich aus bereits genannten Fakten. Aber ich denke schon, dass der Austausch und die Vernetzung der anderen Künstler durch das Projekt deutlich zugenommen hat.
Sean: Ich denke, es hat uns definitiv noch enger zusammengebracht, als wir es vorher waren. Es hat mir geholfen, bestimmte Dinge musikalisch noch besser zu erkennen.
The Watcher: Auf jeden Fall – es gab eine Menge angeregter Diskussionen darüber, wie die Veröffentlichung zu präsentieren ist, wohin sie zu bringen ist und ob wir vielleicht sogar auf eine physische Umsetzung der Split hinarbeiten könnten. Alle schienen wirklich motiviert zu sein, daran zu arbeiten, und es herrschte ein echtes Gefühl der Kameradschaft, dass wir zu viert etwas ganz Besonderes geschaffen haben. Wer weiß? Irgendwann einmal kann es zu weiteren interessanten Kooperationen führen – das würde ich nicht ausschließen.
Michal: Sicherlich hat die gemeinsame Arbeit an der Split dazu beigetragen, dass wir uns besser kennengelernt haben. Es ist immer eine Freude, Menschen zu finden, die eine ähnliche Vision haben!

Habt ihr euch vorab darüber abgesprochen, wie die Songs, die ihr jeweils beisteuert, klingen oder aufgebaut sein sollten? Oder habt ihr völlig unabhängig voneinander gearbeitet?
Valkenstijn: Zum Startpunkt hatte jeder Musiker bereits einiges an Material beisammen. Es wurde dann besprochen, wie die generelle Ausrichtung sein soll. So wurde beispielsweise der Titel gemeinsam beschlossen und galt fortan als roter Faden für die Veröffentlichung.
Sean: Es wurde darüber gesprochen, aber es sollte musikalisch immer noch unsere eigene Kunst sein.
The Watcher: Ich glaube nicht, dass es eine anfängliche Beratung oder Diskussion bezüglich des Schreibens von irgendetwas auf der Split gab – zumindest nicht in meinem Fall. Es handelte sich vielmehr um die Manifestation einiger atmosphärischer, instrumentaler Ideen, an denen ich eine Zeit lang gearbeitet hatte und bei denen ich wirklich das Bedürfnis verspürte, sie weiterzuentwickeln, da sie ein beträchtliches Potenzial aufwiesen. FELLWARDEN hat für mich immer mehr eine Soundtrack-artige Atmosphäre repräsentiert als eine traditionelle Extrem-Metal-Band – ich versuche wirklich, Geschichten zu erzählen, und die Musik ist in den meisten Fällen ein Gefäß, um dies zu erreichen, ein Übertragungsmechanismus, um den Zuhörer in die Atmosphäre dieser Geschichten einzuhüllen.
Wie ich bereits erwähnt habe, war es ursprünglich meine Absicht, Eisenwald nur ein Lied als Dankeschön an unsere Unterstützer zur Verfügung zu stellen und auch den Weg für die kommende LP zu ebnen. Nachdem ich mit Martin gesprochen hatte, wurde mir klar, dass ich mit meinen Gedanken nicht allein war, da er während des Lockdowns auch einige einzigartige Stücke angefertigt hatte. Das hat mich angespornt und ich verbrachte einige Zeit damit, die Stücke zu erweitern und den vielschichtigen, atmosphärischen Ansatz, den ich verfolgt hatte, noch weiter zu entwickeln. Für mich handelt es sich also um Stücke, die im Grunde isoliert entstanden sind, aber dennoch inspiriert, verfeinert und als Ergebnis eines kollektiven Ziels entwickelt wurden.
Michal: Wir haben niemanden von uns in irgendeinem Bereich unter Druck gesetzt. Wir kannten das Konzept und den Schwerpunkt rund um die Folkmusik. Der Rest lag bei jeder jeweiligen Band.

Kommen wir noch etwas genauer auf die Thematik der Split zu sprechen: Was bedeutet „Ursprung“ für euch persönlich?
Valkenstijn: Die Herkunft und Heimat sind seit jeher zentrale Themen bei MOSAIC und bilden einen schier unermesslichen Fundus an Inspiration. Es sind die Erinnerungen, Geschichten und die Natur, die einen prägen. Niemand kann seine Wurzeln leugnen, sie sind omnipräsent – mal mehr, mal weniger. Persönlich ist es mir wichtig, das „Alte“ nicht einfach stupide nachzuerzählen, sondern mit modern aufgearbeiteten, eigenen Eindrücken angereichert der heutigen Generation nahezubringen. Es ist einfach wichtig, dass Geschichte, Kultur und Tradition nicht in Vergessenheit geraten.
Sean: Die Beschwörung von Kunst durch Natur und Folklore, die die Seele bewegt und einen nach Hause bringt.
The Watcher: Ursprung ist für mich eine Zusammenfassung der Stränge, Lehren und Erfahrungen, die jeden von uns zu dem machen, was er ist. Die grundlegenden, aber sich dennoch langsam entwickelnden Bausteine unserer Identität. Ich möchte nicht, dass dies als einfache Aussage vom Typ „da, wo ich herkomme“ interpretiert wird, denn dies ist eine unglaublich vereinfachte Art und Weise, eine solche Idee zu interpretieren – natürlich ist das, was wir als Zuhause betrachten, wichtig, um uns zu formen, unsere Denkweise und unseren Blickwinkel zu formen. Nichtsdestotrotz ist das Konzept des Ursprungs für mich etwas Tieferes – es ist ein Gefühl der spirituellen Nahrung und Zugehörigkeit, eine Resonanz mit der Seele, die entsteht, wenn man wirklich ergriffen oder erleuchtet ist. Er wird in jenen Offenbarungsmomenten geschmiedet, in denen wir spüren können, wie wir uns verändern, entwickeln und Weisheit erlangen. Dieses schwer zu beschreibende Gefühl, einen Berggipfel zu erklimmen und die Welt auf subtile Weise neu zu sehen; durch gut begründete philosophische Diskussionen einen Schritt in eine neue Phase des Bewusstseins zu tun; der einfache Akt, etwas zu schaffen, das einem wahre Befriedigung verschafft. All diese Dinge fließen in unsere Identität ein und tragen zu den wachsenden Ursprüngen unseres gegenwärtigen Selbst bei.
Michal: Für mich bedeutet es den Ursprung meiner Musik und des Gesamtkonzepts von BY THE SPIRITS. Im Mittelpunkt meiner Musik stand immer die Natur, vor allem die Berge und Wälder. Die Geschichte, die ich mit diesen Liedern zu erzählen versuche, ist eigentlich die Geschichte von BY THE SPIRITS. Einer der Songtexte ist der älteste Text, der jemals für BY THE SPIRITS geschrieben wurde. Er tauchte hier und da auf, wurde aber nie als Text für ein Lied verwendet. Im Sinne dieser Split bedeutet „Ursprung“ die Herkunft meiner Musik, wie sie entstanden ist und was mich am meisten inspiriert hat.

Ihr kommt alle aus unterschiedlichen Ländern – den USA, Großbritannien, Deutschland und Polen. Inwiefern schlägt sich eure unterschiedliche Herkunft in eurer Kunst nieder?
Valkenstijn: Alle Beiträge evozieren ihre eigenen Bilder und Lautmalereien bei den Hörern. Wodurch sich die unterschiedlichen Regionen schon sehr abzeichnen und sich voneinander unterscheiden. Somit findet sich von Americana und Bluegrass, über epische Klanglandschaften, bis hin zu typischen Folknummern und minimalistischen Klangkonstrukten nahezu die gesamte Bandbreite unserer Sparte auf der Split.
Sean: Ich habe viele Americana-Folk-Einflüsse und auch einige aus der ganzen Welt. Die Lieder, die ich beigesteuert habe, sollten das musikalisch und spirituell widerspiegeln.
The Watcher: Natürlich wäre es nachlässig, die geographischen und kulturellen Einflüsse unserer Umgebung auf unsere Identität und Herkunft völlig zu ignorieren, und diese werden bei den Liedern, die wir auf dieser Veröffentlichung präsentiert haben, natürlich in hohem Maße berücksichtigt. Ich kann nicht im Namen der anderen sprechen, aber die vier Lieder, die ich produziert habe, sind eine Hommage an eine Reise durch Englands beeindruckendste Landschaften und gleichzeitig eine Metapher für das Leben selbst – denn ist nicht das ganze Leben eine Reise, die schließlich endet? Ich habe mich nicht bewusst bemüht, in den Liedern auf eine Art „britischen Sound“ Bezug zu nehmen – vielmehr habe ich die Gefühle, die sich in einem selbst manifestieren, wenn man in diese Wildnis eintaucht, durch ein Klangmedium kanalisiert, das diese Empfindungen am wirkungsvollsten verkörpert. Es ist Musik für Wanderer – für Suchende, Entdecker und solche, die wahren Trost darin finden, in die Wildnis hinauszugehen. Wie Martin es kurz und bündig formulierte.
Michal: Bevor BY THE SPIRITS geboren wurde, habe ich unzählige Stunden in den Bergen Niederschlesiens verbracht, insbesondere auf einem Berg – Ślęża. Dies ist der Ort, an dem viele Texte und Melodien geschrieben wurden. Dieser Ort hat etwas Magisches, es gibt eine Art Energie, die mich sehr inspiriert. Was ich sagen kann, ist, dass es BY THE SPIRITS ohne diesen Ort wohl nicht gegeben hätte. Zumindest nicht in dieser Form.

In euer aller Musik steckt auch ein spirituelles Element. Wie hat euer Interesse am Geistigen seinen Anfang genommen?
Valkenstijn: „Spiritualität“ ist natürlich ein sehr großes Wort, gerade in der heutigen Zeit. Ich denke, dass man zunächst erst einmal lebt. Bis das „Ich“ durch etwas erschüttert wird. Das kann eine Resignation oder ein Verlust sein, durch dessen Impuls man beginnt, das Leben und sich selbst intensiv zu hinterfragen. So war es auch bei mir. Alles Weiterführende dazu muss hier nicht thematisiert werden.
Sean: Ich bin seit meiner Kindheit immer spirituell gewesen. Die Natur hat eine gute Möglichkeit, die Punkte im Leben zu verbinden, und es ist eine lebenslange Lernerfahrung.
The Watcher: Ich glaube nicht, dass es sie jemals nicht gegeben hat, wenn ich ehrlich bin – es ging nur darum, ihre Bedeutung in dem, was ich schaffe, zu erkennen und anzuerkennen. Es ist wirklich eine Manifestation des kreativen Impulses – der Inspiration, der Motivation, des Bedürfnisses, sich auszudrücken und des Antriebs, etwas Innerem eine Stimme zu geben. Letztlich ist das Konzept der Spiritualität einzigartig für jedes Individuum – es ist schließlich eine persönliche, subjektive Sache – und wie ich bereits sagte, ist es nicht etwas, das ich in einem „aktiven“ Sinne verfolge. Vielmehr ist es etwas, das hinter allem steht, was ich tue und denke – eine Hintergrund-„Energie“, die alles durchdringt, die in jedem Aspekt meiner Existenz verebbt und fließt.
Es geht wirklich darum, dies zu erkennen, sich jener nebulösen Energien in der Welt bewusst zu sein, die das Weltliche und Materielle transzendieren. Letztendlich ist es schwierig, darüber zu diskutieren, ohne wie ein ziemlich anmaßendes Individuum zu klingen, aber ich habe das starke Gefühl, dass es darum geht, dieses Bewusstsein für das Konzept, dass die menschliche Existenz mehr ist als nur biologisches Überleben, anzunehmen. Ich spreche nicht von Religion oder Okkultismus oder etwas so Definiertem, es geht vielmehr darum, Aspekte unseres Seins zu kanalisieren, die ein erhöhtes Bewusstsein, Einfühlungsvermögen und letztlich ein tieferes Verständnis all dessen, was wir wahrnehmen, mit sich bringen können.
Michal: Es ist schwer zu sagen, wann mein Interesse an Spiritualität begann. Ich war schon immer von Wäldern, Bergen und der Natur insgesamt fasziniert. Sie wuchs langsam in mir und wurde dann zu BY THE SPIRITS.

Wie äußert sich euer Hang zum Spirituellen in eurem Alltag?
Valkenstijn: Definitiv, wenn auch nur sehr subtil. Ich reflektiere nahezu alles, was ich erlebe, und bewerte es. Vieles wird dabei einfach weggeatmet bzw. ignoriert, da es sich abzeichnet, dass es sich aufs Gemüt schlägt, und wer will das schon? Ich forciere und fokussiere die positiven Momente und Momente der Kreativität, denn das sind essentielle Bestandteile für mich.
Sean: Ich habe meine Rituale, die ich sowohl zu bestimmten Zeiten im Jahr als auch Tag für Tag durchführe. Ich versuche, mindestens fünf Minuten pro Tag zu meditieren, um meinen Geist zu ordnen. So viel wie möglich zu lesen, ist sehr gut, auch wenn es nur ein paar Seiten sind, wenn man einen sehr arbeitsreichen Tag hatte. Ich glaube auch, dass Ordnung und Chaos Hand und Hand arbeiten. Ohne das eine kann man das andere nicht haben und in dem einen bleibt immer etwas vom anderen übrig. Die Natur arbeitet auf geheimnisvolle Weise.
The Watcher: Wie ich bereits erwähnt habe, beschäftige ich mich nicht auf „direkte“ Weise damit, wenn das Sinn macht – man wird mich nicht dabei finden, Rituale zu praktizieren, nachdem die Lichter ausgegangen sind, oder so etwas! Für mich ist es eher ein philosophisches Credo, das sich in einer Art des Denkens manifestiert, in einer Art, das zu betrachten, was mich umgibt, und danach zu streben, nach einem tieferen Satz von Prinzipien zu leben. Letztlich geht es darum, für sich selbst höhere Maßstäbe des Denkens zu setzen und sich nicht auf seinen geistigen Lorbeeren auszuruhen. Es ist nicht leicht – ich lebe in der Stadt und wir sind umgeben von Ablenkungen, den materiellen, bewussten Versuchen, uns als Individuen daran zu hindern, unsere Energien in etwas Gezieltes oder Konstruktives zu lenken.
Versteh mich nicht falsch – ich strebe nicht danach, wie ein Mönch zu leben, ohne die Versuchungen des Lebens und den simplen Reiz oberflächlicher Sinnesbefriedigung. Für einen solchen Lebensstil genieße ich Malt Whisky viel zu sehr! In der Tat akzeptiere ich, dass Momente des Genusses wichtig sind, um das Gleichgewicht zu erhalten. Es geht vielmehr darum, dies anzuerkennen und dies mit Sinn, Zweck und Fokus auszubalancieren. Man darf nicht davor zurückschrecken, unangenehme Fragen zu stellen, akzeptierte oder übernommene Weisheitsmuster in Frage zu stellen und immer tiefer in jene Angelegenheiten einzudringen, die weitere Untersuchungen erfordern.
Michal: Ich habe keine tägliche Praxis, ich bete nicht zu bestimmten Gottheiten, manchmal verwende ich sie als Symbole oder Metaphern. Meine Spiritualität erscheint in meinem täglichen Leben als Respekt vor der Natur. Ich meditiere manchmal, zünde einige Kerzen an oder lege Weihrauch auf.

Für viele Menschen spielt Spiritualität überhaupt keine Rolle. Seht ihr darin ein Problem?
Valkenstijn: Nicht wirklich. Das muss letztendlich auch jeder mit sich selbst ausmachen. Es gibt die und die Seite. Jeder ist „spirituell“ – bewusst oder unbewusst. Die Frage ist halt, wie man dies zeigt bzw. ob das überhaupt möglich ist. Ich persönlich mache dies lieber für mich selbst und isoliert – und will da auch keine äußeren Impulse bedienen oder um mich haben. Ich finde jedoch Menschen, die jedem auf die Nase binden müssen, wie spirituell sie sind, auf Dauer doch sehr befremdlich und frage mich tatsächlich, wo da der allgemeine Mehrwert ist – oder ob die höchste Erkenntnis ist, anderen zu zeigen, wie viel Erkenntnis und Lebensweisheiten man hat. Man kann dies nicht universell auf jeden Menschen projizieren, denn jeder hat eigene Ansichten, Eindrücke und ein eigenes Lebensverständnis. Aber wie gesagt, jeder kann tun und lassen, was er will. Jedoch stelle ich eigene empirische Erfahrungswerte vor jedwede Lehre. Das heißt aber nicht, dass man sich nicht inspirieren lassen kann. Aber die eigenen Erfahrungen und nicht stumpfes Folgen ebnen den Weg durch die vielen verschiedenen Wahrheiten dieser Welt.
Sean: Überhaupt nicht, jeder sollte den freien Willen haben, zu glauben, was er möchte, und seinen eigenen Weg zu gehen.
The Watcher: Ja, aber was kann man schon tun? Die moderne Kultur ist darauf ausgerichtet, das spirituelle Denken und den Individualismus auf dem Altar der Anbetung des Monotheismus oder der Demagogen zu opfern; die geistige Faulheit zu fördern und gleichzeitig harte körperliche Arbeit zu fetischisieren, die nur denjenigen an der Spitze zugute kommt; jeden, der es wagt, diese hegemoniale Denkweise herauszufordern oder in Frage zu stellen, als verrückt, verblendet oder gefährlich zu bezeichnen. Man braucht sich nur den Zustand der Welt um uns herum anzuschauen, um die Wege zu erkennen, die eine weniger spirituelle Gesellschaft zweifellos beschreiten wird. Viele Menschen scheinen damit einverstanden zu sein – sie schwelgen im oberflächlichen Materialismus, während die Welt zu kaum mehr als einer verdammten Spielwiese für die ressourcenverzehrende Elite verkommt. Aber vielen geht es nicht gut – verarmt, hungernd, vertrieben, ausgebeutet, verfolgt. Wie lässt sich dies ändern, ohne dass sich die Perspektiven an der Spitze der Nahrungskette grundlegend ändern?
Aber wie ich bereits sagte, ist es für mich eine persönliche Sache – es ist MEINE Perspektive und MEIN Ansatz, den ich kontrollieren kann und der für mich von größter Bedeutung ist. Ich bin jetzt über den Punkt hinaus, an dem ich versuchen würde, die festgefahrenen Ansichten anderer zu beeinflussen, zu ändern. Wenn ich am Ende irgendwie andere dazu inspiriere, ihre Ansichten in Frage zu stellen, dann ist das, so vermute ich, eine positive Sache, aber ich habe nicht die Energie, das aktiv zu verfolgen.
Michal: Ich würde sagen, das ist natürlich jedem selbst überlassen. Ich bin nicht hier, um über jemanden zu urteilen, die Leute haben ihre Gründe. Ich kann für mich selbst sprechen, und was ich weiß, ist, dass mein Leben ohne den spirituellen Aspekt nicht dasselbe wäre. Ich bin sehr glücklich mit der Rolle der Spiritualität und der spirituellen Praxis in meinem Leben. Wir leben in einer Welt, die wir so geschaffen haben, dass der spirituelle Aspekt irrelevant erscheinen mag. Die Frage ist, ob sich jemand mit der Art und Weise, wie er lebt, glücklich fühlt. Oder vielleicht sind dies nur verschiedene Erscheinungsformen des Glücks. Oder vielleicht fühlt sich jemand unglücklich, aber aus irgendeinem Grund steckt er in diesem System fest und ist nicht in der Lage, seine Aufmerksamkeit auf Dinge zu richten, die ihn glücklich machen könnten, weil seine ganze Energie vom Kampf ums Überleben verschlungen wird. Ein Versuch, die Möglichkeit des Überlebens zu sichern.

Um noch einmal kurz zu eurer Split zurückzukommen: Ihr habt sie bislang ausschließlich digital veröffentlicht. Warum habt ihr auf einen physischen Release verzichtet und kommt ein solcher vielleicht noch in Betracht?
Valkenstijn: Ja die Grundidee war, es schnell zugänglich machen. Die Reaktionen waren überraschend positiv. Ob eine physische Variante noch erscheint, wird sich zeigen. Es gibt Ideen, aber davon ist nichts spruchreif.
Sean: Es wird über eine physische Ausgabe gesprochen.
The Watcher: Wie bereits gesagt, war es ursprünglich nur als eine limitierte Veröffentlichung für Eisenwald-Unterstützer gedacht, als Dankeschön der Künstler für ihre Unterstützung und um den Menschen in den schlimmsten Tagen der Pandemie etwas zurückzugeben. In diesem Sinne wollten wir sicherstellen, dass es relativ schnell veröffentlicht und leicht zugänglich gemacht wird – daher war der zusätzliche Zeit- und Kostenaufwand für die Zusammenstellung einer tatsächlichen physischen Version der Veröffentlichung nicht etwas, was wir ursprünglich in Betracht ziehen konnten. Nichtsdestotrotz möchten wir eine physische Version nicht ausschließen – wenn es genügend Nachfrage dafür gibt, könnten wir sie sicherlich in Betracht ziehen. Ich meine, es ist eine lange Veröffentlichung – insgesamt über 80 Minuten! Es wäre also so etwas wie eine Verpflichtung und ein Versprechen. Aber wer weiß? Es könnte ein totemisches Stück Geschichte werden, das in beispiellosen Zeiten geboren wurde, und wenn genügend Menschen Interesse an einer physischen Manifestation dieses Werkes bekunden, bin ich sicher, dass es in Erwägung gezogen werden kann.
Michal: Die ursprüngliche Idee war, es exklusiv für den Bandcamp-Freitag zu veröffentlichen, denn an diesen Tagen teilt Bandcamp seine Einnahmen. Wir dachten, dass dies der beste Zeitpunkt wäre, um etwas Besonderes zu teilen und dieses Geld einer Wohltätigkeitsorganisation unserer Wahl zu spenden. Von Zeit zu Zeit kommen wir auf die Diskussion über die physische Veröffentlichung zurück, daher denke ich, dass diese Split früher oder später als CD, Vinyl oder in anderen Formaten erscheinen wird.

Könntet ihr euch vorstellen, in Zukunft erneut zusammenzuarbeiten?
Valkenstijn: Definitiv. Nicht unbedingt in exakt dieser Konstellation. Aber es gibt schon weiterführende Projekte innerhalb der vier Künstler.
Sean: Auf jeden Fall, es war sowohl ein Spaß als auch eine Lernerfahrung.
The Watcher: Durchaus möglich. Es war ein einzigartiges Projekt für uns alle und es hat ein spürbares Gefühl der Kameradschaft erzeugt. Ich würde sicherlich weitere Kooperationen in der Zukunft nicht ausschließen, wenn die richtige Inspiration zuschlägt.
Michal: Natürlich! Mir gefällt die Idee, meine Vision mit anderen Künstlern zu teilen. Egal, ob in Form von gemeinsam geschriebenen Liedern, gegenseitigen Coverversionen oder eigenen Songs mit gemeinsamen Konzepten undIdeen. In letzter Zeit gab es einige Kooperationen, die zum richtigen Zeitpunkt bekannt werden sollten.

Vielen Dank für eure Zeit. Möchtet ihr noch ein paar letzte Worte an die Leser richten?
Valkenstijn: Danke für euren Support und Interesse in diesen Tagen. Ihr haltet unsere Kultur am Leben.
Sean: Vielen Dank und gute Gesundheit wünsche ich allen Lesern.
The Watcher: Vielen Dank an euch alle für eure fortwährende Unterstützung und wir hoffen, dass diese Musik in diesen trostlosen Zeiten Trost und Inspiration bringt.
Michal: Vielen Dank für das Interview, es war uns ein Vergnügen! Vergesst nicht, die Wälder zu preisen!

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