Konzertbericht: Feuerschwanz w/ Schattenmann

26.09.2020 München, Backstage (Arena Süd)

Mit „Das elfte Gebot“ haben FEUERSCHWANZ dieses Jahr ein folkrockiges Brett der Extraklasse auf den Markt gebracht. Die Veröffentlichung sollte bundesweit mit tausenden Fans gebührend gefeiert werden, dank Corona bleibt es allerdings bei vereinzelten Shows mit übersichtlicher Zuschauermenge. Die Arena Süd des Backstage München ist trotz bitterkalter Temperaturen und regnerischem Herbstwetter mit 400 sitzenden Besuchern ausverkauft. Die Musiker geben alles, um der Menge trotz Abstand ordentlich einzuheizen und nah zu kommen – am Ende bleibt nur ein kleiner Wermutstropfen.

Den Auftakt machen zunächst die Neue-Deutsche-Härte-Vertreter von SCHATTENMANN, die bereits häufiger die Bühne mit FEUERSCHWANZ geteilt haben. Sänger Frank merkt man seine Bühnenerfahrung aus anderen Projekten wie Stahlmann schnell an, indem er gekonnt die noch etwas träge Menge in das Programm einbezieht und später auch davon erzählt, dass „Epidemie“ als aktueller Albumtitel im Nachhinein eine eher zweifelhafte Wahl gewesen ist. Wirklich Neues entdeckt man in den rund 50 Minuten Spielzeit nicht, dafür erfüllen SCHATTENMANN ihren Job als Einheizer besonders mit eingängigen Melodien wie in „Licht an“ oder „Schwarz = Religion“. Positiv wirkt sich auch das erkennbare Konzept mit Schwarz und Neongrün als zentralen Elementen aus. Lediglich ein paar Minuten weniger hätten dem Auftritt gut getan, um sich an der Musik der Franken nicht satt zu hören.

Bei ihrem Online-Open-Air auf Burg Abenberg im Juni haben FEUERSCHWANZ bereits eindrucksvoll gezeigt, welche Power in ihrem neuen Material steckt. Wenig überraschend orientiert sich die Songauswahl an der damaligen Release-Show, lediglich bei der Bühne und dem Drumherum müssen die Musiker mit Abstrichen leben. Glücklicherweise gibt das Material auch musikalisch genug Anlass für eine feuchtfröhliche Party, die so manche Sorge zumindest temporär vergessen lässt: Nachdem bei „Die Hörner hoch“ erst allerlei Trinkgefäße in die Luft gestreckt werden, besingen die Folkbarden mit „Wikingerblut“ erst ihren Lieblingsmet und demonstrieren dann selbst auf der Bühne an Bierbänken sitzend, wie der „Schubsetanz“ anno 2020 corona-konform aussehen kann. Das verbreitet schnell gute Laune unter den Anhängern, „Metfest“ mutiert im Mitsing-Teil kurzzeitig zum „Bierzelt“ und gemeinsam zelebrieren alle Anwesenden den Folk-Metal, der ungebremst, energiegeladen und angenehm variabel über die Lautsprecher dringt. Mit „Kinder im Geiste“ gibt es bis dato Ungehörtes auf die Ohren, dazu gesellt sich das locker-fröhliche „Latte“ als kleine Reminiszenz an die mitunter spitzbübische Vergangenheit. Lediglich im hinteren Viertel ebbt die Konzertatmosphäre durch die große Distanz zu der eher kleinen Bühne etwas ab.

Ihre Akzente setzen FEUERSCHWANZ sowohl instrumental als auch stimmlich: Neben hervorragender Gitarrenarbeit durch Hans den Aufrechten bei „Das elfte Gebot“, dem vielleicht stärksten Song der letzten Jahre, beweist Prinz Hodi im ebenfalls mehr als gelungenen Seeed-Cover „Ding“, dass er auch growlen kann, wenn Melissa Bonny als Duettpartnerin nicht zur Verfügung steht. Später schwingt er sich bei „Krieger des Mets“ gesanglich in bester Power-Metal-Manier auch in höchste Höhen. In Sachen Variabilität hat er damit dem Hauptmann als zweitem Teil der Doppelspitze endgültig den Rang abgelaufen. Gegen Ende werden „Ketzerei“ (mit tanzender Mieze am Gestänge), „Krieger des Mets“ (mit leuchtender Rüstung) und „Methämmer“ (mit langen Roben) auch optisch hochwertig inszeniert, ehe das Konzert nach dem ohrwurmverdächtigen „Malleus Maleficarum“ als folkrockigem Sabaton-Hexenhammer-Aufguss und „Unter dem Drachenbanner“ etwas abrupt endet. Zwar fordert die Menge lautstark Zugaben, doch das instrumentale „A Song of Met and Fire“ läutet in weniger als 90 Minuten tatsächlich das Ende mit einer finalen Verbeugung der Band ein.

Insgesamt liefern FEUERSCHWANZ den eindrucksvollen Beweis dafür, dass Partymusik mit intaktem Hygiene- und Sicherheitskonzept funktionieren kann, selbst im Biergarten bei Temperaturen von unter 5 Grad im September und ohne dicht gedrängte Menschen vor der Bühne. Musikalisch präsentiert sich des Hauptmanns geiler Haufen von seiner stärksten Seite, die Show passt im aktuellen Gewand hervorragend dazu und live hält „Das elfte Gebot“ als Gesamtpaket alles, was die Studioproduktion verspricht.

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