Review Núll – Entity

  • Label: Ván
  • Veröffentlicht: 2020
  • Spielart: Black Metal

Island ist in der Black-Metal-Szene längst keine terra ignota mehr: Rund 100 aktive Metal-Bands hat der vergleichsweise kleine Inselstaat aufzubieten, von denen die Mehrheit im Black Metal anzusiedeln ist. Dass diese personell eng miteinander verstrickt sind, überrascht da wenig. So finden sich auch bei NÚLL (auch Nvll, Null, 0 oder Ø) Musiker diverser anderer Formationen, etwa Naðra, Carpe Noctem, Örmagna, Vonlaus oder den zuletzt sehr erfolgreichen Misþyrming.

Die Idee, sich mit dem Nichts auseinanderzusetzen, setzen NÚLL bereits im Artwork von „Entity“ um: Dessen Reiz liegt nicht in der nur fragmentarisch abgebildeten Radierung, sondern im scheinbar leeren Raum zwischen den Linien, wie die Band im Interview erklärt. In Lyrics setzt sich, so lassen die Titel erahnen, das Thema „Nichts“ fort. Die sind allerdings – zumeist harsch geschrien vorgetragen – kaum zu entschlüsseln (und werden mit dem Album auch nicht mitgeliefert).

Greifbarer und verständlicher ist die Musik der Truppe: NÚLL spielen düsteren, doomig angehauchten Black Metal, der sich somit klar vom schnellen „Reykjavik Black Metal“ von etwa Misþyrming unterscheidet: Gerade im herausragenden Opener „None“ kombinieren NÚLL sehr gelungen schleppendes Riffing mit wehmütigem Klargesang. Von trendigem Post- oder Pseudo-True-Black-Metal sind NÚLL also weit entfernt. Eher werden – gerade im ebenfalls extrem starken letzten Song „An Idiosyncratic Mirage“ – Assoziationen mit Urfaust und Konsorten geweckt, oder mit Svartmálm, den färöischen Brüdern im Geiste.

Dazwischen liefern NÚLL ein erfrischend abwechslungsreiches, aber leider nicht immer überzeugendes Programm ab: Während „Reduced Beyond The Point Of Reneval“ mit Gesang zwischen Depressive-Black-Metal-Geheule und einem Schunkelchor begeistert, verstören immer wieder merklich verstimmte Gitarren im an sich sehr melodiereichen Sound. Gerade „Conjoin The Vacuous“ wird dadurch für tonsichere Hörer zu einer Art Mutprobe. Ob die fiese Dissonanz aus böser Absicht oder Unvermögen resultiert, sei mal dahingestellt – für eine packende Atmosphäre hätte „Entity“ ihrer jedenfalls nicht unbedingt bedurft. Immerhin: Wer zuvor wegen des vielleicht einen Tick zu erwartbaren Songmaterials gedanklich abgedriftet war, ist jetzt wieder voll da, um den bereits angesprochenen, großartigen Rauswerfer zu genießen.

NÚLL sind eine spannende Band, die vom Island-Hype in der Black-Metal-Szene sicher profitieren kann – aber nicht bloß darauf reitet: Wer es auf Bekanntheit anlegt, wählt keinen so schwer zu fassenden und noch schwerer zu googlenden Namen. Auch musikalisch bedienen NÚLL nicht den Trend zum geschraddelten Black Metal. Stattdessen haben sie mit „Entity“ ein doomig melodisches und in sich stimmiges, wenn auch leider nicht immer gestimmtes Album vorzuweisen. Der Gesamtatmosphäre schaden die schrägen Töne allerdings weniger, als man erwarten würde.

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Wertung: 7.5 / 10

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