Projekt oder Band? Bei Frontiers Records weiß man es nie so genau. Zumindest machen DREAM CHILD keinen Hehl aus ihrer Entstehungsgeschichte, gab Gitarrist Craig Goldy doch zu jeder sich bietenden Gelegenheit zu Protokoll, dass die Formation im Büro von Label-Chef Serafino Perugino am Reißbrett entworfen wurde. Ziel der mit Musikern wie Rudy Sarzo (u.a. Whitesnake, Quiet Riot), Wayne Finlay (MSG) und Simon Wright (u.a. AC/DC, Dio) ziemlich prominent besetzten Band soll eine Hommage an den Sound klassischer Dio- und Rainbow-Alben sein. Ein flüchtiger Blick auf en Backkatalog des italienischen Labels, wird schnell klar, dass das nicht besonders originell ist, Spaß kann es aber dennoch machen, weshalb DREAM CHILD mit „Until Death Do We Meet Again“ auf jeden Fall eine Chance verdient haben.
Auf „Until Death Do We Meet Again“ orientieren sich DREAM CHILD wie angekündigt vornehmlich am Sound der ersten drei Dio-Alben sowie stilbildender RAINBOW-Werke – das war zu erwarten und resultiert hier vornehmlich in atmosphärischen, eher im Midtempo-Bereich angesiedelten Heavy-Metal-Epen mit ordentlich Pathos. Weil Allessadro Del Vecchio, seines Zeichens Hans Dampf in allen Gassen und kreative Triebfeder hinter den meisten Frontiers-Records-Bands (oder Projekten?), auch wieder mit von der Partie ist, gibt’s etwa mit „Playing With Fire“ auch noch eine Prise Whitesnake dazu, was mit seiner eher Hair Metal-geprägten Ausrichtung im Vergleich zum sonstigen Material auf „Until Death Do We Meet Again“ fast schon aus der Rolle fällt.
Ansonsten geben bei DREAM CHILD allerdings die verschiedenen Schaffensphasen von Ronnie James Dio die Marschrichtung vor, weshalb schon der knackige Opener „Under The Wire“ – übrigens die einzige echte Uptempo-Nummer des Albums – stark nach den schnelleren Songs von „Holy Diver“ klingt. Allerdings beschränkt sich die Formation nicht nur auf die Frühphase von DIO und so klingt etwa der Titeltrack wie eine Mischung der ersten beiden Alben des Italo-Amerikaners und neuerem Material wie „Killing The Dragon“. Die Rainbow-Einflüsse finden ihen Weg auf „Until Death Do We Meet Again“ über Titel wie „Game Of Shadows“ und deren unsterbliches Epos „Gates Of Babylon“ wird mit „Light Of The Dark“ und „Washed Upon The Shore“ gleich zweimal zitiert. Auch das war zu erwarten.
Dass DREAM CHILD fast genau wie ihr Vorbild klingen, hat dabei zwei Hauptursachen: Erstens liegt das am Mitwirken von Gitarrist Craig Goldy – der Mann hat einen derart individuellen Stil mit hohem Wiedererkennungswert und transportiert in jeder Note eine unfassbare Dringlichkeit, die den Hörer sofort mitnimmt. Damit ist Mr. Goldy sicher einer der spannendsten Gitarristen, die je mit Ronnie James Dio gespielt haben und liefert auf „Until Death Do We Meet Again“ zudem möglicherweise die besten Leadgitarren ab, die er in seiner Zeit mit Frontiers bisher aufgenommen hat. Zweitens liegt die Dio-Ähnlicheit des DREAM CHILD-Materials in Sänger Diego Valdez begründet. Wenn er möchte, scheint dieser Mann in der Lage zu sein, den Gesangsstil des kleinen Mannes mit der großen Stimme bis ins letzte Detail zu kopieren – Stimmlage, Intonation und Ausdruck liegen hier stellenweise derart nah am Original, dass es beinahe gruselig ist.
Es ist dieser Band also gelungen, den typischen Dio- und Rainbow-Sound exakt nachzubauen, doch was bedeutet das für ihre Musik? Sicher, das alles ist hochwertig umgesetzt und hier ist zweifelsohne viel Talent am Werk, doch wird dem Hörer hier nichts geboten, was er nicht angesichts der im Vorfeld gemachten Ankündigungen auch hätte erwarten können, ja müssen. Es werden genau die Songs zitiert, die eben zitiert werden, wenn man an Dio denkt, und es werden genau die stilistischen Elemente eingebaut, die den Sound des Mannes am meisten geprägt haben. Dank der originalgetreuen Umsetzung handelt es sich hier nicht mehr um „Musik im Stile von“, sondern schlicht um eine Kopie. Diese Kopie ist freilich in jeder Hinsicht hochwertig, nur originell ist sie nicht – da hilft es auch nicht, dass DREAM CHILD ihr Album in warmen Pseudo-Low-Fi-Sound verpackt haben, der – oh Wunder – das Klangbild von Alben wie „Holy Diver“ emulieren soll, obwohl heutzutage kein Mensch mehr Musik auf diese Weise aufnimme. Die ungetriggerte, natürliche Bassdrum ist allerdings charmant…
Dio Disciples, Resurrection Kings, Last In Line und jetzt noch DREAM CHILD – Vermeintliche DIO-Nachfolgebands gibt es viele und je mehr es werden, umso berechtigter wird die Frage, was das Ganze eigentlich soll, zumal Gitarrist Craig Goldy alleine schon in drei der genannten Bands mitmischt. Für sich genommen ist auch „Until Death Do We Meet Again“ ein rundum solides Album, das den Spirit klassischen DIO-Materials nicht zuletzt dank der phänomenalen Stimme von Frontmann Diego Valdez stellenweise ziemlich authentisch wiederbelebt. Dennoch: Weil sich derlei Veröffentlichung im Hause Frontiers Records häufen und hier wirklich ausschließlich auf den Ruhm vergangener Tage verwiesen wird, bleibt ein fader Beigeschmack – den kann auch die durchweg hohe Musikalische Leistung von DREAM CHILD nicht neutralisieren.
Wertung: 7 / 10