Die spanischen Thrash Metal-Könige ANGELUS APATRIDA waren in den drei Jahren, die seit ihrem letzten Album „Hidden Evolution“ vergangen sind, alles andere als untätig: Zwar scheint ihr versprochenes Live-Album erstmal auf Eis gelegt, allerdings veröffentlichte die Truppe aus Albacete angesichts seines zehnten Geburtstages ihr zweites Album „Give ‚Em War“ neu, erging sich in ausgiebigen Tour-Aktivitäten und fand trotz allem noch die Zeit, ein neues Album zu komponieren und aufzunehmen. Selbiges ist gerade über Century Media Records erschienen und hört auf den Namen „Cabaret De La Guillotine“.
Die Kombination aus thrashiger Härte und hymnischer Eingängigkeit war stets eines der definierenden Merkmale des Sounds von ANGELUS APATRIDA. Auch auf „Cabaret De La Guillotine“ arbeiten die Spanier wieder nach ähnlichem Rezept – das dürfte kaum als Überraschung kommen, denn die Burschen aus Albacete haben ihren Sound spätestens mit ihrem dritten Album „Clockwork“ gefunden und fühlen sich in dieser Nische seither pudelwohl. Veränderungen der Formel fallen somit eher subtil aus, dennoch gibt es sie – das zeigt auch „Cabaret De La Guillotine“: In gewohnt modernen High-Tech-Sound verpackt bietet das Album ein ausgewogenes Verhältnis aus der Aggression rabiaten Thrash Metals und der – dankenswerter Weise niemals kitschigen – Erhabenheit moderneren Heavy Metals.
Schon der Opener funktioniert hier als gutes Beispiel, denn „Sharpen The Guillotine“ eröffnet mit säuselnden Akustikgitarren, die sodann von geradezu ungewohnt hartem Blastbeat abgelöst werden – nur, damit diese Wut in einem hymnischen Refrain aufgelöst werden kann. Hier sind zweifelsohne alle stilbildenden Elemente des ANGELUS-APATRIDA-Sounds bereits vorhanden und so soll es im weiteren Verlauf von „Cabaret De La Guillotine“ auch weitergehen. Es fällt jedoch auch auf, dass die Spanier in den letzten drei Jahren viel rumgekommen sind: „Sharpen The Guillotine“ und auch das nachfolgende „Betrayed“ zeigen die Band vor allem in den Refrains so „amerikanisch“ wie nie zuvor.
Ansonsten bieten ANGELUS APARIDA hier mindestens einen Querschnitt ihrer bisherigen Karriere: Im rasanten „One Of Us“ – vielleicht der bisher schnellste Song der Truppe überhaupt – lässt die Truppe rotzige Punk-Einflüsse durchscheinen, das harte „Ministry Of God“ erinnert an frühere Alben der Band und in Songs wie dem stampfenden „Witching Hour“ sind neuere Testament als Vorbilder auszumachen. Diese Ähnlichkeit ist sicher nicht neu und geht in erster Linie darauf zurück, dass Frontmann Guillermo Izquierdo wie Chuck Billy klingen kann, wenn er denn will, auf „Cabaret De La Guillotine“ kopiert die Truppe in „Downfall Of The Nation“ Arrangements, Gesang und Melodieführung ihrer Idole jedoch so genau, dass man kurzzeitig meinen möchte, „Dark Roots Of Earth“ befinde sich im CD-Player.
Ob ANGELUS APATRIDA das wirklich nötig haben, sei dahingestellt, eine gelungene Hommage ist es aber in jedem Fall. Neben der subtilen „Amerikanisierung“ auf „Cabaret De La Guillotine“ ist die größte Neuerung auf diesem Album mit Sicherheit das Vorhandensein einer Power-Ballade (!). „Farewell“ zeigt die spanischen Dreschflegel von einer bis dato gänzlich unbekannten seite, denn hier lässt sich die Mannschaft zu einem gefühlvollen Epos irgendwo zwischen Megadeths „A Tout Le Monde“ und Metallicas „Fade To Black“ hinreißen. Und das klappt auch noch überraschend gut, denn nicht nur ist der Song hervorragend arrangiert, der sonst für eher rauere Töne bekannte Fronter der Truppe macht hier auch stimmlich eine wirklich gute Figur. „Farewell“ zeigt damit in aller Deutlichkeit, wie sehr ANGELUS APATRIDA seit ihrem letzten Album gereift sind und lässt hoffen, dass sich die Truppe in Zukunft noch mehr derartige Experimente zutraut.
Während ANGELUS APATRIDA auf „Cabaret De La Guillotine“ viel Gewohntes bieten, ist die Band hier doch weit davon entfernt, auf der Stelle zu treten oder sich des Eigenplagiats schuldig zu machen. Die Spanier brechen zu keiner Zeit mit ihrer eigenen Tradition, entwickeln ihren ganz eigenen Sound jedoch subtil weiter. Stilbildende Elemente des ANGELUS APATRIDA-Sounds wie das gelungene Spannungsverhältnis aus zart und hart und die irrwitzige Leadgitarren-Arbeit sind nach wie vor vorhanden, in Punkto Songwriting schielen die Herren inzwischen jedoch noch särker in Richtung USA und überraschen obendrein mit einer ebenso mutigen wie absolut amtlichen Ballade. Stark.
Wertung: 8.5 / 10