Dem monochromen Artwork nach zu urteilen, ist der dritte Full-Length-Release von TURIA ein genretypisches Black-Metal-Album aus dem kalten Norden Europas. Tatsächlich kommt „Degen Van Licht“ jedoch von dem letzten Ort, an dem man eine solche Gebirgsszenerie vermuten würde: aus den Niederlanden. Wer im Black-Metal-Geografieunterricht aufgepasst hat, kann zudem bereits erahnen, dass TURIA alles andere als herkömmliche Musik spielen. Von den Klischees des Genres, denen zufolge man möglichst „frostbitten“ und „grim“ zu klingen hat, erfüllt das Trio bloß letzteres, denn „Degen Van Licht“ dreht sich um die tödlich brütende Hitze, die zur Sommerzeit manch ein Gebirge wie jenes auf dem Cover heimsucht, was sich auch im Sound der Platte widerspiegelt.
Anders als der klassisch norwegische Black Metal, der für gewöhnlich sticht wie ein messerscharfer Eiszapfen, klingt „Degen Van Licht“ diffus wie Lichtstrahlen – und doch nicht minder zerstörerisch. Als blickte man direkt in die Sonne, lassen die heulenden Screaming-Vocals, die flirrenden Gitarrenriffs und die mal sich mühsam dahinschleppenden, mal energisch stampfenden und oft in drängendem Blast-Tempo stürmenden Drums kaum Konturen erkennen. Interessant ist diese Herangehensweise allemal, gelingt es TURIA damit doch, eine eigentümliche Atmosphäre zu erschaffen, die sich irgendwo zwischen der obskuren Rohheit traditionellen Black Metals und der schwebenden Unnahbarkeit zeitgenössischen Post-Black-Metals aufhält.
Dass die Niederländer mit ihrer Musik diese Grauzone bewandern, dürfte allerdings auch mit der Grund dafür sein, dass die erste Hälfte von „Degen Van Licht“ nahezu keine konkreten Eindrücke hinterlässt. Nennenswerte Unterschiede zwischen und auffallende Eigenheiten in den einzelnen Songs, die beinahe allesamt mit schrillem Feedback-Dröhnen beginnen oder enden, auszumachen, ist praktisch unmöglich. Auch nach den ersten 20 Minuten, in denen allenfalls das Grillenzirpen auf „Met Sterven Beboet“ und die im Titeltrack aufscheinenden, schnarrenden Bläser kurz auf sich aufmerksam gemacht haben, greifen TURIA nur geringfügig häufiger zu ungewöhnlicheren Stilmitteln.
Das kompakt arrangierte „Storm“ schließen die Black-Metaller etwa mit monotonem, erhabenem Chorgesang ab, im Interlude „II“ kreieren sie mittels schwermütiger Clean-Gitarrenakkorden und Glockenschlägen eine meditative Stimmung und den zwölfminütigen Abschlusstrack „Ossifrage“ lässt die Band mit sphärischen Keyboards ausklingen. Die zeitlichen Abstände zwischen den wenigen herausragenden Parts sind jedoch so weit wie die Klüfte zwischen den Gipfeln einer alpinen Gebirgskette – und damit eindeutig zu groß, als dass TURIA sie mit ihrem ansonsten farblosen Songmaterial hinreichend überbrücken könnten.
In gewisser Weise steckt eine traurige Ironie darin, wie TURIA ihr gebirgiges Konzept auf „Degen Van Licht“ in die Tat umsetzen, entbehrt das seichte, graue Mischmasch der Platte doch ganz wie der Boden ihres Heimatlandes jedweder Höhen und Tiefen. Zwar haben sich die Niederländer einen durchaus eigenständigen Grundsound angeeignet, doch die Faszination für diesen verflüchtigt sich aufgrund der mangelnden Prägnanz der Platte schon nach wenigen Minuten. Die wenigen erwähnten Ausnahmestellen sind in dieser Hinsicht kaum mehr als ein zwischen stoischen Felswällen verhallendes Echo großer Versprechungen, die TURIA mit ihrer dritten LP jedoch schlichtweg nicht halten können.
Wertung: 5 / 10