Review Myrath – Shehili

Drei Jahre nach „Legacy“ melden sich die Oriental-Progger von MYRATH mit ihrem fünften Album zurück; dass es gut werden wird, stand nicht zur Debatte, dass „Shehili“ allerdings mit einer derartigen Wucht in die Gehörgänge gehen wird, ist überraschend.

Dass MYRATH das Zeug dazu haben, hat das Quintett um Sänger Zaher Zorgati mehrfach gezeigt, ob mit einem „Believer“ und „Get Your Freedom Back“ („Legacy“, 2016) oder einem „Desert Call“ vom gleichnamigen Album (2010). Entscheidender Unterschied zu ihren vorherigen Alben ist schlicht und einfach, dass sich auf „Shehili“ ein Track an den anderen reiht, der sich brutal im Ohr festsetzt.

Wenn persische Nay- und tunesische Gasba-Flöte auf eine Vielzahl von Streichern, Akustikgitarren und Piano treffen, die wiederum von den Doublebass-Einlagen von Drummer Berthet und den sieben Saiten von Gitarristen Arbia angetrieben werden und der Sänger dazu noch hochmelodische Refrains einstreut, dann können es nur MYRATH sein. Nicht weiter verwunderlich also, dass es ausgerechnet MYRATH mit ihrem progressiven Mittlerer-Osten-Metal geschafft haben, als erste tunesische Band einen Plattendeal zu ergattern.

Träger dieses Meilensteins zu sein, erweist sich das Quintett auf „Shehili“ mehr als würdig: Die ersten acht Tracks sind schlichtweg gigantische Hits, die sämtliche Trademarks der Band nicht einfach nur vereinen, sondern diese in schwindelerregender Perfektion aufeinander los lassen. Sei es „Born To Survive“ mit dem groovigen Prog-Riffing, „You’ve Lost Yourself“ als Paradebeispiel für Zorgatis facettenreichen wie melodischen Gesang oder „Monster In My Closet“ als wohl typischster MYRATH-Track auf „Shehili“: orientalische Klänge, erbaulicher Refrain, Stakkado-Riffing – starke Nummer.

Nach „Lili Twil“, einem Cover der marokkanischen Band Les Frères Mégri, folgt mit „No Holding Back“ der Überhit des Albums. Eine schlichtweg so schöne, treibende Nummer werden wohl selbst MYRATH so schnell nicht mehr komponieren können – diesbezüglich möchte ich mich aber gerne Lügen strafen lassen.

Nach dem Song wird das letzte, schwächere Drittel von „Shehili“ eingeläutet, was nicht bedeutet, dass ein „Mersal“ oder „Darkness Arise“ weniger gut komponierte Nummern sind; es gelingt ihnen nur nicht, von der ersten bis zur letzten Minute durch Mark und Bein zu gehen. Ein etwas weniger mitreißender Refrain, ein etwas weniger einnehmendes Keyboard-Arrangement und nicht ganz so viel tragende Melodik wie bei den Tracks zuvor und zack, schon skippt man zurück zu Song 2 und lässt „Shehili“ erneut starten.

MYRATH ist mit ihrem fünften Album nicht nur erneut eine abwechslungsreiche Platte gelungen, die vor Empowerment nur so strotzt, sondern vor allem ein Album, dessen Hitdichte überdurchschnittlich hoch ist. Mit „Shehili“ übertreffen sich die Wahl-Franzosen selbst; sollte der Nachfolger auch noch im letzten Drittel so stark sein wie auf dem Rest der Platte, Herr im Himmel, ich komme aus dem Strahlen nicht mehr heraus!

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Wertung: 8 / 10

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