Dass Progressive Metal und Metalcore in den letzten Jahren eine verblüffende Verschmelzung hinter sich gebracht haben, dürfte aufmerksamen Hörern moderner, harter Musik wohl nicht entgangen sein. Wie einst Anfang und Mitte der 2000er die „Old School“-Metalcore-Bands aus dem Boden sprießten, ist es seit knapp fünf Jahren fast unmöglich, im Sumpf aus zig neugegründeten Djent-Bands den Überblick zu bewahren. Denn manchmal wiederholt sich die Geschichte eben und so gelingt es wie vor 15 Jahren nur einer Handvoll Bands, sich aus der großen Masse hervorzuheben. Eine dieser jungen, aufkeimenden Bands sind NOVELISTS FR – ehemals einfach nur Novelists. Mit ihrem bereits dritten Album „C’est La Vie“ wollen die Franzosen nun die positiven Stimmen ihrer ersten Werke bestätigen und sich weiter von der Masse abheben.
Dabei gehen sie den auf dem Vorgänger „Noir“ eingeschlagenen Weg konsequent weiter. Vertrackte Gitarrenläufe und Soli werden vermengt mit ordentlich Groove und gezielt eingesetzten Breakdowns. Der ständige, stets der Atmosphäre angepasste Wechsel zwischen Klargesang und Geschrei entwickelt abermals eine tolle Eigendynamik und wirkt nie als reines Mittel zum Zweck. Bis auf das Kürzel FR – das aufgrund der Verwechslungsgefahr mit der amerikanischen Rockband The Novelists angehängt wurde – ist also nicht viel neu bei den Parisern.
Dass die Band nicht nur an ihren Instrumenten, sondern auch im Songwriting viel Fingerspitzengefühl beweist, zeigt sogleich der Opener „Somebody Else“. Die NOVELISTS FR catchen mit dem reinen Prog-Song und seinem filigranen Intro gleich den Hörer und bieten diesem mit rein atmosphärischen, gesungenen Parts, dynamischen Riffs und zum Ende hin mit einem tollen Solo alles, was die Farbpalette zu bieten hat. Glücklicherweise lassen sie sich dabei in kein musikalisches Korsett schnüren, sondern geben dem Opener den Freiraum, sich unabhängig gängiger Konventionen zu entfalten.
Zwar waren die vier Franzosen schon auf „Souvenirs“ und „Noir“ deutlich progressiver unterwegs als viele ihrer Genrekollegen, gehen auf „C’est La Vie“ stellenweise aber noch einen Schritt weiter. So dürften sich neben dem Opener auch „Lilly“ und „Rain“ ganz oben im Ranking ihrer vielseitigsten Songs festsetzen. Obwohl NOVELISTS FR auf der progressiven Schiene sehr gut fahren, blitzen immer wieder die Wurzeln im Metalcore auf: Mit „Modern Slave“ und „Kings Of Ignorance“ wird auf „C’est La Vie“ auch brachiale Musik geboten, die mit technischen sowie groovigen Riffs an das geradlinigere Debütalbum „Souvenirs“ erinnert.
Eine kleine Enttäuschung ist allerdings, dass die jungen Franzosen auf ihrem neuesten Werk auf große Experimente verzichten. Schlichen sich auf „Noir“ Rap-Passagen und sogar ein Saxophon ein, ist „C’est La Vie“ auf die Basics reduziert. Was der Musik an sich keinen Abbruch tut, ist dahingehend schade, da die Experimente auf dem Vorgänger durch die Bank gelungen waren und die großen Überraschungen letztendlich ausbleiben. Auch über das abschließende „Human Condition“ lässt sich streiten – ist das Main-Riff doch dem eigenen Song „The Lichtenberg Figure“ vom Debüt abgekupfert.
Nichtsdestotrotz gelingt den NOVELISTS FR auch auf „C’est La Vie“ wieder der Spagat zwischen Verspieltheit, Aggressivität und Melodie par excellence. Obwohl das Album insgesamt nicht ganz an die Qualität von „Noir“ herankommt, haben die Pariser ihren eigenen Stil zwischen den unzähligen modernen Prog- und Metalcore-Bands gefunden und heben sich somit nach wie vor von der Masse ab. Da das Wort Fortschritt schon in Progressive Metal steckt, sollte für die Zukunft allerdings die Devise gelten, sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen und den entwickelten Stil weiter auszuweiten.
Wertung: 8 / 10