Dezember 2019

Review Mosaic – Secret Ambrosian Fire

(Black Metal / Folk / Ambient) MOSAIC ist zweifellos nicht nur eines der außergewöhnlichsten, sondern auch eines der unvorhersehbarsten Musikprojekte im deutschsprachigen Raum. Nachdem Mastermind Martin van Valkenstijn auf „Old Man’s Wyntar“, seiner ersten größeren Veröffentlichung, auf unnachahmliche Weise Black Metal mit Neofolk und Ambient vereint hatte, wandte er sich auf der mitunter rituell anklingenden EP „Harvest“ beinahe gänzlich der akustischen Musik zu. Was die beiden Werke miteinander verband, war ein Gefühl von Urtümlichkeit und Mystik. Doch selbst an diesem Markenzeichen kann man MOSAIC offenbar nicht festmachen, denn zeitgleich mit dem längst überfälligen Debüt-Full-Length „Secret Ambrosian Fire“ erscheint nun auch ein Kurzalbum namens „Fensterverse und Nachtgespinste“, das Gedichte von Ulrike Serowy vertonen und modern-urbane Einflüsse von Einstürzende Neubauten und EA80 aufweisen soll.

„Secret Ambrosian Fire“ selbst steht zwar ganz und gar in der retrospektiven Tradition des Projekts, dennoch wartet MOSAIC auch hier mit mehr als einer Überraschung auf. Wer aufgrund der hitzig brodelnden Vorab-Single „Cloven Fires“ mit einem schwarzmetallischeren Album gerechnet hat, ist Valkenstijn bei dem Versuch, ihn zu durchschauen, einmal mehr auf den Leim gegangen. Tatsächlich ist es kaum möglich, „Secret Ambrosian Fire“ in eine bestimmte Schublade zu stecken. So wird das Album etwa von zwei Variationen desselben kompositorischen Motivs eingerahmt, die aber doch kaum unterschiedlicher sein könnten: „Am Teufelsacker“ eröffnet die Platte mit schwermütigen Vocals, Harmonium und marschierenden Drums, „Im Kohlensud“ schließt sie hingegen nach einer guten Dreiviertelstunde mit tiefem, stoischem Sprechgesang und mysteriösen Electro-Sounds ab.

Auch dazwischen lässt MOSAIC die Grenzen zwischen Genres wie heißes Wachs zerrinnen. Für reinen Folk lauern in den Stücken zu viele unheilverkündende Distortion-Gitarren, für Ambient tut sich zu viel und die verheißungsvollen Klargesänge, die ungreifbaren Clean-Gitarren sowie die oftmals geradezu hypnotischen Perkussionen sind auch nicht gerade das, was man gemeinhin unter Black Metal versteht. Lediglich das spröde, bedrückende „Coal Black Salt“ lässt sich verhältnismäßig leicht als schnörkellose Folk-Nummer einordnen.

Abgesehen von dem explosiven „Cloven Fires“ gibt es noch einen einzigen Track, in welchem MOSAIC mit herkömmlicher Black-Metal-Stilistik arbeitet: „The Devil‘s Place“, das zehn Minuten lange Herzstück und zugleich der Höhepunkt der Platte. Hier und nur hier bedient sich Valkenstijn zur Untermalung seiner geheimnisumwitterten Lyrik, die sich um Mythen aus der Region Thüringen und insbesondere die Hörselbergsagen dreht, ungeschlachter Screams, machtvoller Gitarrenriffs und donnernder Blast-Beats – dies jedoch auch auf äußerst markante Weise. Allein schon den für MOSAIC charakteristischen, bewusst altmodisch abgemischten Monolog, welcher in seiner boshaften Erhabenheit klingt, als spräche der Teufel höchstpersönlich, vermag wohl keine andere Band auf derart imposante Weise vorzutragen.

Dass Valkenstijn und sein fast schon aberwitzig großes Ensemble von Gastmusikern mit „Secret Ambrosian Fire“ den zeitlosen, sich immerfort im Wandel befindenden Charakter von MOSAIC perfekt eingefangen und zugleich die verschiedensten Musikrichtungen untrennbar miteinander verschmolzen haben, lässt sich wohl am besten am Beispiel von „Ambrosia“ veranschaulichen. War der Track bereits auf der B-Seite von „Cloven Fires“ mit seinen nebulösen, finsteren Gitarrenmelodien ein Kuriosum, ist der Song in der von geloopten Vocals und ominöser Perkussion getragenen Albumversion kaum wiederzuerkennen – und doch ebenso stimmungsvoll wie das Original. Auf die Platte als Ganzes bezogen lässt sich dementsprechend feststellen, dass MOSAIC hiermit ein zutiefst atmosphärisches und einzigartiges Tonkunstwerk geschaffen hat, dem ein eigentümlicher, archaischer Zauber innewohnt, welchem man sich kaum entziehen kann.

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Wertung: 8.5 / 10

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