Sowohl stilistisch als auch konzeptionell ist BOTANIST ein wahrhaft einzigartiges Musikprojekt. Sechs Alben und allerlei andere Releases hat Mastermind Otrebor – teilweise im Alleingang, teilweise in Zusammenarbeit mit verschiedenen Musikern – bereits unter diesem Namen herausgebracht und dabei einen unverwechselbaren, „Green Metal“ getauften Sound begründet. Das zentrale Instrument, das BOTANIST zur Vertonung ihrer floralen Textkonzepte nutzen, ist das Hackbrett, was den vielfach nach Fachbegriffen für obskure Pflanzenarten benannten Songs einen exotischen Charakter verleiht. Auf ihrer siebten Platte „Ecosystem“, welche nach „The Shape Of He To Come“ das zweite von der gesamten Band in Teamarbeit geschriebene „Collective-Album“ darstellt, setzen sich die amerikanischen Avantgarde-Black-Metaller mit dem Ökosystem der Mammutbaumwälder der US-Westküste und dessen Wechselwirkung mit den Menschen auseinander.
Die Alben, die Otrebor und Co zuvor kreiert haben, entziehen sich nicht nur jedem Vergleich mit Veröffentlichungen anderer Bands, auch untereinander weisen sie mitunter eklatante Unterschiede auf. Somit ist „Ecosystem“ nicht einfach bloß der logische Nachfolger von „The Shape Of He To Come“ und nach demselben Schema aufgebaut, sondern ein auf eigenen Beinen stehendes, von seinen Vorläufern unabhängiges Werk. Der mal eher wundersam-weltvergessene, mal geradezu verstörende, jedoch stets auf sonderbare Weise einnehmende Grundton, der BOTANIST seit jeher auszeichnet, zieht sich zwar auch diesmal wie ein dichtes Wurzelwerk durch die Tracks, treibt hier jedoch andersartige Sprösslinge.
Von den sowohl klanglich als auch hinsichtlich ihrer Länge imposanten Stücken des ersten „Collective-Albums“ haben sich die Amerikaner abgewandt. Obwohl auch „Ecosystem“ mitunter ziemlich ungestüm nach vorn prescht und ebenfalls ungewöhnliche Rhythmen und Dissonanzen beinhaltet („Harvestman“), haben BOTANIST ihren Stil im Großen und Ganzen ein wenig abgemildert. Anstatt auf dem Hackbrett gewaltige Riffwälle heraufzubeschwören, setzen die Green-Metaller diesmal vermehrt auf die Wirkungskraft einzelner Noten. Die im Vergleich zum Vorgänger wieder deutlich kompakteren Songs klingen deshalb etwas dünner und weniger wuchtig, dafür aber ein Stück graziler.
Auffällig ist neben der Tatsache, dass „Ecosystem“ mit seiner Laufzeit von 34 Minuten kaum länger als der erst kurz zuvor erschienene Re-Release der EP „Hammer Of Botany“ ist, vor allem der höhere Clean-Vocals-Anteil. Hiermit haben sich BOTANIST jedoch leider keinen Gefallen getan, klingt der kauzige Klargesang doch viel zu zittrig und schwach, um den Songs effektiv zu mehr Dynamik zu verhelfen („Abiotic“). Um die Screams ist es leider nur geringfügig besser bestellt. Waren diese auf „The Shape Of He To Come“ noch von einer beunruhigenden Eindringlichkeit, so klingt das heisere, mickrige Krächzen auf „Ecosystem“ im Vergleich dazu geradezu mitleiderregend.
Obwohl BOTANIST auf ihrem zweiten im Kollektiv kreierten Album sowohl instrumental als auch gesanglich die eindrucksvolle Intensität der letzten Platte vermissen lassen, hat die Truppe mit „Ecosystem“ doch einmal mehr ein beachtenswertes, einmaliges Tonkunstwerk geschaffen. Trotz ihrer offenkundigen Mängel verströmen einige der Songs wie etwa das sich auf eigenartige Weise zwischen Melancholie und Euphorie räkelnde, kraftvoll treibende „Red Crown“ eine faszinierende Aura, sodass man nicht umhin kommt, der Band dafür Bewunderung entgegenzubringen. Der Eindruck, dass BOTANIST schon Großartigeres zustande gebracht haben, lässt sich beim Hören letztlich jedoch nur schwer aus den Gedanken verbannen.
Wertung: 7 / 10