Konzertbericht: Alice Cooper w/ Black Stone Cherry

30.09.2019 Leipzig, Arena Leipzig


KISS, Rob Zombie oder Marylin Manson – sie alle gäbe es, besonders mit ihrem Auftreten auf der Bühne und ihrem Image, nicht ohne einen bestimmten Mann. Denn den Shock brachte Vincent Damon Furnier vor fünf Dekaden in den Rock, als er sich auf der Bühne köpfen ließ und seinen Texten eine satte Portion Grusel beimischte. Besser bekannt ist der gute Mann als ALICE COOPER, der gegenwärtig sein fünfzigjähriges Bühnenjubiläum feiert und dazu gemeinsam mit BLACK STONE CHERRY tourt.

Diese eröffnen pünktlich um acht Uhr den Abend und sorgen sofort für geteilte Meinungen. Denn während einige Anwesende in der halbvollen Arena den stumpf-einfachen Hard Rock nach Schema F der Truppe feiern – sie werden ja nicht umsonst als potentielle Headliner des Download-Festivals gehandelt – fragen sich andere, was genau es hier zu feiern gibt. Zugegeben, der Sound ist super, schön knackig und bringt die Gitarren fett rüber. Aber musikalisch sind BLACK STONE CHERRY das Hard-Rock-Pendant zu Greta Van Fleet: Nichts ist neu oder auch nur verändert, diese Truppe hätten auch schon Ende der 1970er oder in den 1980ern genau diese Songs spielen können. Kann man so machen, aber dann zeigen einem halt ZZ Top in puncto Lässigkeit und Black Label Society in puncto Coolness wo der Hammer hängt.

Als wenig später die Stimme aus dem Off die Besucher in „Alice Coopers‘ Horror Castle“, das dann auch als Bühnenaufbau zu sehen ist, willkommen hießt und der Maestro durch das doppelflügelige Burgtor die Bühne betritt, ist die Freude riesig. Leider ist zu Beginn der Show nur der Sound gruselig: Viel zu leise und mit enormen Schwankungen in der Lautstärke des Gesangs gehen „Feed My Frankenstein“ und das folgende „No More Mr. Nice Guy“ – beides amtliche Hits – irgendwie unter. Zumindest der Gesang pegelt sich am „Bed Of Nails“ ein, die Gitarren bleiben aber über den gesamten Abend hinweg zu leise.

Das trübt den Genuss des Musiktheaters, welches ALICE COOPER und seine Band aufführen, jedoch nicht im Geringsten. Schließlich gibt es genug zu sehen. Während „Man Behind The Mask“ kommen zwei junge Damen auf die Bühne und machen Selfies, was einer zum Verhängnis wird, da ein Frankensteinmonster sie erdolcht. ALICE COOPER schwingt allerlei mörderische Accessoires, um das Bühnenschauspiel visuell auszuschmücken, und selbstverständlich kommt auch die obligatorische Guillotine zum Einsatz, um ALICE COOPER während des großartigen „Dead Babies“ einen Kopf kürzer zu machen. COOPER selbst zeigt sich äußerst, um nicht zu sagen überraschend vital – wenn man etwa zum Vergleich an den gleich alten Ozzy Osbourne denkt: Er spaziert beschwingt über die Bühne, stellt Frauen in mörderischer Absicht nach und liefert bei alledem eine stimmlich mehr als beeindruckende Performance ab. In Sachen Qualität steht seine Band ihm in nichts nach – allen voran Lead-Gitarristin Nita Strauss, die sich permanent in Pose wirft und an der Gitarre grandios anliefert – ein mächtiges Solo inbegriffen.

Wirklich lahm ist heute nur das Publikum, das scheinbar nur den ganz großen Hits wie „Poison“ oder „Schools Out“ (bei welchem ALICE COOPER heute elegant auf Pink Floyds „Another Brick In the Wall Pt. 2“ überleiten) entgegenzufiebern scheint. Nicht jedoch, um diese dann gebührend abzufeiern, sondern um bei den ersten Tönen die Handys in die Luft zu reißen und zu filmen. Dass der „Golden Circle“-Bereich vor der Bühne – wohl um die Exklusivität der teureren Tickets zu rechtfertigen – nicht ansatzweise voll ist, tut sein Übriges dazu, dass selbst bei diesen legendären Klängen wenig Stimmung aufkommt.

  1. Feed My Frankenstein
  2. No More Mr. Nice Guy
  3. Bed Of Nails
  4. Raped And Freezin‘
  5. Fallen In Love
  6. Muscle Of Love
  7. He’s Back (The Man Behind The Mask)
  8. I’m Eighteen
  9. Billion Dollar Babies
  10. Poison
    — Guitar Solo (Nita Strauss)
  11. Roses On White Lace
  12. My Stars
  13. Devil’s Food (Band-Jam ohne Alice Cooper)
  14. Black Widow Jam (mit ‚Black Juju‘ Schlagzeugsolo)
  15. Steven
  16. Dead Babies
  17. I Love The Dead
  18. Escape
  19. Teenage Frankenstein
  20. Under My Wheels
  21. School’s Out (mit „Another Brick In The Wall Pt. 2“, Pink-Floyd-Cover)

50 Jahre und kein bisschen leise – so könnte man ALICE COOPER am heutigen Abend zusammenfassen. Sicher kennt man diverse Elemente seiner Show schon seit langem, doch mindert das den Unterhaltungswert dieser Jubiläumsshow nicht im Geringsten. Dass die dazugehörigen Songs nichts von ihrem Charme verloren haben und auch heute noch als Hits funktionieren, tut sein Übriges. Dass großte Teilte des Publikum indessen bei den entscheidenden Effekten einmal mehr lieber auf das Display ihres Smartphones starren als die Bühne, ist ein neuer Akt dieses modernen Trauerspiels. Dass das nicht sein muss, und durchaus anders ginge, hatten ja unlängst erst Tool gezeigt: Mit einem Handyverbot bis zum letzten Song.

Die Fotos in diesem Bericht stammen von der Show am 1. Oktober in der Olympiahalle München.

Publiziert am von und

Fotos von: Aris Tzikas (Gastredakteur)

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