TENEBRAE IN PERPETUUM, zu Deutsch „ewige Finsternis“ – ein ziemlich plakativer Name für eine Black-Metal-Band, den man allerdings auch als Statement über das Genre im Allgemeinen deuten kann: Black Metal ist zeitlos. Dieser Meinung scheinen jedenfalls viele Bands zu sein, welche den Musikstil vertreten und sich dabei derart penibel an die bis in die 90er Jahre zurückreichenden Vorlagen der Second-Wave halten, dass es dem ungezähmten, antikonventionellen Wesen der Bewegung im Grunde genommen zuwiderläuft. Während der Versuch, Black Metal in seiner ursprünglichen Form zu reproduzieren, in vielen Fällen aufgesetzt wirkt, gelingt es manchen jedoch, ebenjenen Sound auf authentische Weise aufzubereiten. Ob dies auch bei TENEBRAE IN PERPETUUM der Fall ist, gilt es nun anhand ihrer vierten Platte „Anorexia Obscura“ zu ermitteln.
Dass die zweiköpfige italienische Band nicht daran interessiert ist, die Musikrichtung zu modernisieren, steht außer Frage. Gute 40 Minuten lang versetzen TENEBRAE IN PERPETUUM den Hörer auf „Anorexia Obscura“ 30 Jahre in der Zeit zurück. Finstere, raue, bisweilen mysteriös-zurückhaltend gespielte Gitarrenriffs, chaotisch donnerndes Drumming und mit viel Hall unterlegter, durch seinen jammernden Grundton fast schon untypischer Schreigesang bestimmen das Klangbild. Und dann ist da natürlich noch die berühmt-berüchtigte Blechdosenproduktion, die von dem dünnen Lo-Fi-Rauschen alter Darkthrone-Klassiker zwar weit entfernt ist, nach heutigen Maßstäben aber auch unterirdisch schlecht klingt und damit den unliebsamen Platz zwischen den Stühlen einnimmt. Die Instrumente dann noch schön schlampig eingespielt und voilà, schon hat man ein perfekt unperfektes Black-Metal-Album der alten Schule.
Was TENEBRAE IN PERPETUUM allerdings außer Acht gelassen haben, ist der zeitliche Kontext, der bei Musik eine nicht unbeträchtliche Rolle spielt. Dass das Duo bloß nachahmt, was Mayhem, Darkthrone und andere Vorreiterbands Jahrzehnte zuvor mit einem klaren Ziel vor Augen kreiert haben, ist nicht nur nicht mehr zeitgemäß, sondern schlichtweg redundant. Die elektronischen Elemente, die TENEBRAE IN PERPETUUM ihren Songs injiziert haben, trösten darüber praktisch gar nicht hinweg, handelt es sich dabei doch ausschließlich um monotone Piepgeräusche, die lieblos und ohne erkennbaren Zweck in die Tracks hingeworfen wurden.
Auch sonst lässt das Songwriting auf „Anorexia Obscura“ schwer zu wünschen übrig. Ständig greifen TENEBRAE IN PERPETUUM auf schrilles Gitarrenfeedback zurück, um die Tracks einzuleiten oder abzuschließen, als sei ihnen an diesen Stellen nichts Besseres eingefallen, und bis auf ein paar vereinzelte Ausnahmen wie das abgefahrene Solo auf „L‘Epocha Oscura Del Caos“ tut sich im Zuge der Platte überhaupt nichts Bemerkenswertes.
Grundsätzlich gibt es auch heute noch viele Musikgruppen, die sich den charakteristischen Second-Wave-Stil auf überzeugende Weise zu eigen machen – mit der bloßen Nachbildung ist es dabei jedoch mit Sicherheit nicht getan. Selbstverständlich muss man sich nicht gleich die Silbe „Post“ anheften und etwas Innovatives schaffen, um die eigene Musik relevant zu halten. Wenn aber die einzige erwähnenswerte Eigenheit eines Albums in ein paar ausdruckslos dröhnenden Electro-Geräuschen besteht, kann man wohl guten Gewissens auf ein Probehören und logischerweise auch auf einen Kauf verzichten. Somit haben TENEBRAE IN PERPETUUM mit „Anorexia Obscura“ ein Album veröffentlicht, das allenfalls solchen Black-Metal-Fans zu empfehlen ist, die bei der Auswahl ihrer Hintergrundbeschallung nicht wählerisch sind.
Wertung: 3 / 10