Viele Metal-Musiker spielen nicht bloß in einer einzigen Band, sondern leben sich in mehreren Projekten aus – in vielen Fällen ohne ersichtlichen Grund, beschränken sich die stilistischen Unterschiede jener Outlets doch oftmals auf unwesentliche Kleinigkeiten. Im Fall von Markov Soroka macht es jedoch durchaus Sinn, dass der Ukrainer für seinen musikalischen Output mehrere Soloprojekte gegründet hat. Unter dem Namen Tchornobog experimentiert Soroka mit Black und Death Metal, Drown ist im Funeral Doom angesiedelt und AUREOLE dient dem Einzelgänger als Atmospheric-Black-Metal-Sprachrohr. Ein derart vielseitiger Musiker sollte freilich nicht lange unentdeckt bleiben und so veröffentlichen Prophecy Productions, die Soroka mitsamt den genannten Projekten unter ihre Fittiche genommen haben, das Debüt von AUREOLE, welches erstmals 2014 unter dem Titel „Alunar“ erschien, fünf Jahre danach erneut.
Obwohl Sorokas künstlerische Alter Egos kaum musikalische und konzeptionelle Schnittpunkte aufweisen, teilen sie sich doch eine gemeinsame Erzählwelt. AUREOLE spielt sich innerhalb dieses Narrativs in den unergründlichen Weiten des Weltraums ab. Den Angelpunkt des Debüts „Alunar“ stellt die namensgebende, fiktive Zitadelle dar, welche auf dem in tristen Grautönen gehaltenen Artwork abgebildet ist. Besagtes Coverbild vermittelt tatsächlich einen überaus treffenden Eindruck davon, was man sich unter der Platte in musikalischer Hinsicht vorzustellen hat: „Alunar“ klingt genau so karg, einsam und – leider auch – schwerfällig wie eine in den Wirren eines kosmischen Sturms ausharrende Festung.
Minimalismus ist hierbei Sorokas meistbenutztes, klangliches Erzählwerkzeug. Die bis zu zwölf Minuten langen Songs basieren jeweils auf ein bis zwei Motiven, die sich durch den gesamten Track ziehen und kaum weiter ausgebaut werden. Mal handelt es sich dabei um ein bedrückendes, in zähem Down-Tempo gespieltes Tremolo-Riff, mal um eine unscheinbare Keyboardtonfolge oder Ambient-Soundfläche – womit AUREOLE schon beinahe an der Grenze des Bewertbaren kratzt. Denn: Die gewollte Atmosphäre fängt Soroka damit zwar durchaus überzeugend ein, de facto bleibt das Album jedoch weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.
Um eine Platte mit einer Laufzeit von einer Dreiviertelstunde mit nur einer Handvoll Melodien interessant zu gestalten, braucht es Fingerspitzengefühl, das auf „Alunar“ schlichtweg fehlt. So klingt etwa die Produktion recht unausgeglichen und übertrieben rau (insbesondere bezüglich der zu leisen Screams), die Gitarren wurden ungenau eingespielt und die eintönigen Melodien und Rhythmen werden viel zu oft unverändert wiederholt. Da hilft es leider wenig, dass AUREOLE an sich eine interessante Auswahl synthetischer, spaciger Soundelemente zum Besten gibt.
Dass in der Musik letztlich alles eine Frage des Timings ist, kann man auf „Alunar“ gut beobachten. Auf der einen Seite funktioniert das vierminütige „III – The Senility Of The Hourglass“ mit seiner bedächtig rasselnden Perkussion und seinen ungewöhnlichen, mysteriösen Keyboardklängen ganz hervorragend, auf der anderen Seite fehlt es dem elf Minuten langen, geradezu ausgehöhlten „V – Alunar, Decrepit…“, das über weite Strecken bloß von einem glockenhaften Geräusch getragen wird, an fesselnden Arrangements. AUREOLE ist gewiss ein interessantes Projekt, das nicht bloß Atmospheric Black Metal von der Stange produziert. Dennoch lässt sich kaum beschönigen, dass Soroka seine Ideen auf dem Debüt wesentlich besser aufbereiten hätte können.
Wertung: 5 / 10