Eine feindselige Aura, spindeldürre Lo-Fi-Produktion, Satanismus – diese Eigenschaften war ursprünglich charakteristisch für Black Metal. Doch das einstmals berüchtigte Genre hat sich über Jahre und Jahrzehnte hinweg verändert, sich anderen Einflüssen gegenüber geöffnet und sich schließlich von seinem puristischen Kern gelöst. Dass keines der eingangs aufgezählten Attribute auf die ukrainischen Atmospheric-Black-Metaller STRYVIGOR und ihre Musik zutrifft, ist daher längst nicht mehr als bahnbrechend zu werten. Die weltvergessene, zum Staunen einladende Grundstimmung, die das Quartett auf seinem zweiten Album „Lifelong Journey“ heraufbeschwört, bekommt man so dennoch nicht allzu oft zu hören.
Nicht nur im Hinblick auf Black Metal im allgemeinen, auch in der atmosphärischen Nische der Musikrichtung brechen STRYVIGOR mit einigen der etablierten Spielregeln. Die Songs auf „Lifelong Journey“ sind vergleichsweise kurz, kommen schnell zum Punkt und warten mit einer klar definierten, kräftigen, eigentlich sogar schon etwas zu grobschlächtigen Produktion auf. Anstelle der zumeist gebräuchlichen, schwachbrüstigen Screams werden hier ausschließlich stimmgewaltige Growls eingesetzt und die melancholischen Gitarren treten nicht nur als Hintergrundrauschen, sondern als tragendes Instrument in Erscheinung.
Dass die Tracks gerade von den erhabenen Gitarrenmelodien und den weitgehend im Mid-Tempo voranschreitenden Double-Bass-Drums getragen werden, läuft darauf hinaus, dass „Lifelong Journey“ kein Album der Extreme ist – obwohl darauf auch mit Blast-Beats nicht gegeizt wird. Im Zentrum stehen trotz der präsenten Gitarren und Drums dennoch ganz klar die Keyboards. STRYVIGOR haben sich diesbezüglich für einen sehr mystischen, bisweilen auch leicht folkig angehauchten Sound („Silver Plated Sounds Of Space“) entschieden, der ein angenehmes Maß an Abwechslung aufweist.
Hier zeigt sich jedoch, dass Variation im Songwriting nicht automatisch mit Eingängigkeit einhergeht. Folglich punkten STRYVIGOR auf ihrem zweiten Album zwar mit einem ansprechenden, träumerischen Grundton, nicht aber mit einzelnen, voneinander abgrenzbaren Stücken. Die gewisse Eintönigkeit, die sich auf den höhepunktlosen Kompositionen ergibt, ist neben dem etwas zu plumpen Klang allerdings der einzige negative Kritikpunkt.
Dass STRYVIGOR auf „Lifelong Journey“ keine nennenswerten Highlights zustande bringen, sondern sich eher auf eine durchwegs konsistente Klangkombination konzentrieren, entspricht doch irgendwie den Gebräuchen des Genres. Ansonsten haben die Ukrainer jedoch ein erfreulich eigenständiges, solides Album geschaffen, das keine gröberen Mängel mit sich bringt. Wirklich Faszinierendes ist darauf zwar nicht zu entdecken und bisweilen flirten STRYVIGOR – wie es zuvor schon das Cover vermuten lässt – ein wenig zu sehr mit dem Kitsch, doch alles in allem können Keyboard-tolerante Black-Metal-Fans hiermit nicht viel falsch machen.
Wertung: 7 / 10