Ein minimalistischer Sound, bestehend aus den Nachbauten von uralten skandinavischen Instrumenten und mächtigen Stimmen, dafür stehen WARDRUNA. Nun rationalisiert eine dieser mächtigen Stimmen sogar noch fast all diese Instrumente und restlichen Stimmen weg. Diese Stimme gehört zu dem Kopf hinter WARDRUNA, Einar Selvik, der sich auf dem neuen Album „Skald“ auf sich, Poesie und wenig instrumentale Untermalung konzentriert.
Wer meint, dass WARDRUNA mit so geringer Instrumentierung und ohne chorale Gesänge etwas an Charme verliert, hat damit eine beinah zutreffende Charakteristik von „Skald“. Dass Einar Selvik noch ursprünglicher werden kann als beispielsweise auf „Yggdrasil“ oder zuletzt „Snake Pit Poetry„, war kaum vorstellbar. Aber die zehn Tracks auf „Skald“ beweisen, dass WARDRUNA auf ihrer „Runaljod“-Trilogie im direkten Vergleich beinah überfrachtet wirkt mit Melodik und Abwechslung.
Die neue Platte der norwegischen Ausnahmeerscheinung hingegen ist eine Ansammlung akustisch wiedergegebener Songs, teils bekannt („Voluspá“, „Fehu“ und „Helvegen“), zum größten Teil neu. Dass „Skald“ die norwegische Bezeichnung für einen Barden ist, spiegelt den Inhalt der Platte vortrefflich: Im Mittelpunkt der knapp 50 Minuten steht der Gesang von Einar Selvik. Und ein dezenter Hintergrundgesang von Iver Sandøy (Enslaved). Und größtenteils monotone Klänge von Leier, Taglharpa und Horn. Aber mehr tatsächlich nicht.
Selbst für Fans seiner Stimme ist ein Stück wie das 15 minütige „Sonatorrek“ demnach eine Herausforderung. Denn wie auch auf dem restlichen „Skald“ ist kein instrumentaler Klimax auszumachen, kein Facettenreichtum abgesehen von Selviks Stimmbändern. Besonders durch die norwegische Sprache fällt es einem Nichtskandinavier umso schwerer, mitgerissen zu werden, denn weder Sprache noch Instrumentierung sind umwerfend oder eingängig.
Mit „Skald“ legen WARDRUNA lediglich ein Album für Liebhaber vor, eine Rarität für Norsk-Fetischisten. Musikalisch betrachtet bietet es nur kaum etwas von dem, wofür die Norweger bekannt wurden; besonders der eklatante Mangel an rhythmischen Songs wie „EhwaR“ („Yggdrasil„), einem packenden Track wie „IngwaR“ („Yggdrasil„) oder einem unheimlich wirkenden Lied wie „Isa“ („Ragnarok„) lässt einem „Skald“ schnell überdrüssig werden.
Wertung: 5 / 10
Mensch Röfflplock, die Vorfreude auf die Weihnachtszeit hat mich doch glatt deinen Kommentar übersehen lassen! Daher gebührt dir nun die Ehre, Gegenstand meines ersten Kommentares 2019 zu sein.
Es freut mich, dass dich Selvik mit dem erreicht, was er auf „Skald“ gepackt hat! Denn anders als in deinem Kommentar bezeichne ich nichts an dem Album als „vollkommen schlecht“, sondern hebe eher hervor, dass das Experiment „Skald“ nicht geglückt ist. Experiment, weil Selvik bewusst etwas schwer zugängliches geschaffen hat, dass an kaum einer Stelle zugänglich wird: So gut wie keine Instrumentierung, keine (für uns) verständlichen Texte, kein Klimax, keine Melodik. Aus musikjournalistischer Sicht ist das schlichtweg ein Fiasko!
Dass ich dennoch eine durchschnittliche Punktzahl vergeben habe, liegt einzig daran, dass ich das Können dahinter erkenne. Und die Anmut von Selviks Stimmbändern. Diese haben mich zuvor auch stets in diese Trance abgleiten lassen, die du so schön beschrieben hast. Dass dir das mit „Skald“ auch weiterhin gelingt, kann ich anhand des Inhalts nur schwer nachvollziehen, aber dabei wird auch ganz stark die Frage nach dem persönlichen Geschmack angeschnitten.
Insofern lese ich wohl bei der einen oder anderen zukünftigen Review noch etwas von dir – ich freue mich auf dein Feedback!
Ich habe jetzt eine Weile über diese Rezension nachgedacht und auch wenn ich grundsätzlich die Logik hinter der Argumentation sehe, so ca., nachvollziehen kann ich es nämlich nicht und bevor es jetzt zu Missverständnissen kommt Frau Punke ich lese ihre Rezensionen sehr gerne und kann ihren Rezensionen auch meistens zustimmen, aber irgendwie fehlt mir in dieser Rezension das Gleichgewicht.
Im Prinzip und das kann man kurz festhalten ist reiner Gesang nicht wirklich eine feste Größe in der heutigen Musik und das hat auch so seine Gründe und dennoch muss Gesang nichts schlechtes sein und mangelnden Abwechslungsreichtum sehe ich auch (und das im besonderen bei Skald) nicht im Gesang. Einar Selvik beweist auf diesem Album etwas sehr besonderes, nämlich das Musik nicht immer komplexe Melodiebögen und Rhytmen braucht, das Musik nicht mit dem Kopf gedacht werden muss oder mit dem Herzen gespürt, sondern manchmal schlicht und ergreifend einfach Ruhe benötigt. Damit auch keine besondere Eingängigkeit oder einen sexy-catchy-Ohrwurm Refrain, ja nicht einmal Menschen mit denen man die Musik genießt, sondern eine vollkommen auf die Musik gerichtete Konzentration, welche sich durch nichts und niemanden brechen lässt. Denn die Texte sind zwar sehr gehaltvoll soweit ich es überblicke, erzählt wird jedoch mit der Stimme und der klagende, schmachtende, ja auch nüchtern berichtende Gesang ist das eigentliche Instrument des Albums. Die Instrumente dienen nur dazu die Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten, sodass man bei den Sangespausen nicht aus seiner Trance gerissen wird, damit man immer weiter und tiefer den Erzählungen folgen kann, welche sich vor dem inneren Auge entfalten, denn was der Gesang vermittelt erscheint mir universal, transportiert er doch beinahe die ganze Palette menschlicher Emotion so offen und verletzlich wie wenig was ich zuvor gehört habe. Dieses Album ist aus der Zeit gefallen gewiss, denn es erwartet, dass wir die wir zugebombt sind mit Reizen und Wahrnehmungen wieder zurückkehren zu einer ursprünglicheren, älteren Form des Lauschens, dem unbedingten Lauschen dem völligen sich verlieren in einer Trance die mit einfachen Mitteln erzeugt wird. Das ist nichts schlechtes, denn trotz seiner Ursprünglichkeit tut es etwas das niemand aktuell tun würde und ist eben deswegen sehr, man verzeihe mir den Anglizismus sophisticated und künstlerisch wertvoll, vielleicht sogar einzigartig, auf jeden Fall aber mutig! Zum Vergleich empfehle ich einmal in reine Gesangsmusik der Indianer hineinzuhören. Ich kann ihnen also insofern nicht zustimmen, auch wenn ich kein „Norsk-Fetischist“ bin. Ich finde ihre Kritik insofern auch einfach sehr unausgewogen! Denn diese Musik ist anders, aber nicht vollkommen schlecht, wie das in ihrer Rezension rüberkommt für mich.
Also ich finds ziemlich nervig, alles in allem. Ich denke, darauf lässt sich auch das Review runterbrechen, insofern: Ich bin im Team Punke.
Was ich bisher gehört habe, passt zu dem gerade Gelesenen. Ich schätze die Arbeit und die Idee dahinter. Ich bin auch ein Fan des Reduzierten. Da ich das, was bleibt, sprachlich nicht verstehe und es auch nicht in einen kulturellen Kontext oder in eine größere Handlung eingebettet ist, gehen mir wichtige Elemente verloren. Mal schauen, wie es nach mehreren Durchläufen klingt.
Ach mensch… drei Meisterwerke der Musik hervorgebracht und jetzt… hmm, schlecht ist es ja nicht wirklich, aber halt gar kein Vergleich. Da sieht man, dass Veränderung nicht immer gut sein muss, besonders dann nicht, wenn sie nur aus Reduktion des schon da gewesenen besteht. Was hat ihn eigentlich dazu gebracht, es dieses Mal (fast) alleine durchzuziehen? Schon klar, dass es in erster Linie sein Projekt ist, aber irgendwie funktioniert es so nur halbherzig. Möge er für das nächste Album bitte wieder Lindy-Fay Hella und Gaahl mit an Bord holen.