Metal ist bekanntermaßen ein Musikstil, in dem viel Wert auf Traditionsbewusstsein gelegt wird. Am stärksten ist dieses Wesensmerkmal im Black Metal ausgeprägt – ironischerweise ist es gerade dieses Subgenre harter Gitarrenmusik, in dem wohl am meisten experimentiert wird. Die Mischung von Industrial und Black Metal, an die sich Vorreiterbands wie Mysticum, Diabolicum und Aborym Ende der 90er herangewagt haben, wurde beispielsweise von einigen als bahnbrechend gefeiert, von anderen hingegen als Ruin des klassischen Second-Wave-Stils verteufelt. AL ARD zählen sich offensichtlich zu den Befürwortern, denn mit ihrem selbstbetitelten Debüt begehen die Italiener ein ähnliches schwarzmetallisches Sakrileg: die Kreuzung von Black Metal und Dubstep.
Dass das Trio jene in- wie auch außerhalb von Metal-Kreisen weithin verhasste Unterform elektronischer Musik auf eine dezidiert nicht-kommerzielle Weise zu interpretieren versucht, scheint zu Beginn noch eine leere Versprechung zu sein. Auf dem Opener „Nero“ bekommt man nämlich nicht etwa kräftige Beats oder synthetische Bass-Eruptionen zu hören, sondern gedämpften, beschwörenden Frauengesang, der an eine gewisse Stelle in Batushkas „Litourgiya“ denken lässt – leider ohne dieselbe faszinierende, rituelle Aura. Ein paar vereinzelte, schrill kreischende Electro-Sounds lassen jedoch bereits Übles ahnen.
Ab „For A Hint Of Divinity“ halten sich AL ARD dann mehr oder weniger an ihr vorab angepriesenes Rezept: mechanisch produzierter Low-Fi-Black-Metal trifft auf elektronisches Geballer von der Intensität eines Presslufthammers, kratzbürstige Samples und verschrobene, in Dark-Ambient-Gefilde vordringende Klangkonstrukte („Strange Old Practice I“). Tatsächlich muss man AL ARD zugestehen, dass ihr Einstandswerk eine ähnlich unwirkliche, lebensfeindliche Grundstimmung aufweist wie die Frühwerke, die die Italiener offenbar in Ehren halten. „Al Ard“ profitiert nicht nur von seinem ungeschliffenen Underground-Grusel-Charme, sondern klingt auch noch wie eine ratternde, marodierende Todesmaschine – eigentlich ganz so, wie es im Industrial Black Metal sein sollte.
Unglücklicherweise sind die seltsamen Gesänge im Intro-Track nicht der einzige Störenfried des Albums. Die gegen Ende wie etwa auf dem Achtminüter „Scrutinizing A Glimpse Of Chaos“ immer häufiger eingeschobenen orientalischen Klänge wollen so gar nicht ins Bild passen und die meiste Zeit über scheinen AL ARD ihre hämmernden und wummernden Dubstep-Sounds derart in den Vordergrund drängen zu wollen, dass sie kaum jemals mit der restlichen Instrumentierung zusammenwirken.
Die Idee, Metal und Dubstep einander näherzubringen, sollte man grundsätzlich nicht von vornherein als zum Scheitern verurteilt verwerfen – immerhin haben etwa Korn für „The Path Of Totality“ keineswegs nur vernichtende Kritiken erhalten. Eine vollumfängliche Vereinigung der beiden Stilrichtungen, die sich auf Dauer etablieren und nachfolgenden Bands zur Inspiration gereichen wird, ist AL ARD jedoch leider ebensowenig geglückt. Bedauerlicherweise lassen die Südeuropäer ihre beiden musikalischen Ausdrucksformen noch nicht genug ineinandergreifen, sodass das Resultat noch äußerst unausgegoren daherkommt. Vorerst ist man im industriellen Black Metal mit Thorns oder Blut aus Nord noch deutlich besser bedient.
Wertung: 4.5 / 10