Nightwish haben in der Metal-Szene keinen allzu leichten Stand. Mit ihren selbst für Symphonic-Metal-Verhältnisse ausgeprägt pompös orchestrierten Songs treffen die Finnen gewiss nicht jedermanns Geschmack und dass Dimmu Borgir nach der ersten Single ihres aktuellen Albums mit ihnen verglichen wurden, war in den wenigsten Fällen als Lob zu verstehen. Mit AURI gehen Mastermind und Multi-Instrumentalist Tuomas Holopainen, seine Frau und Sängerin Johanna Kurkela sowie Gitarrist Troy Donockley jedoch sogar einen Schritt weiter und verzichten gänzlich auf harte Gitarren und Drums – ein vermeintlich gefundenes Fressen für alle Nightwish-Skeptiker. Dennoch sollte man das selbstbetitelte Debüt des Trios nicht vorzeitig abschreiben.
Die Behauptung, AURI klängen schlicht wie Nightwish, die nun auch den letzten metallischen Bodensatz aus ihrem Sound verbannt haben, täte ersteren definitiv Unrecht, wenngleich der Symphonic Folk Pop des noch jungen Projekts keinen Zweifel daran lässt, dass mit Holopainen derselbe Mann dahintersteckt. Zwar bekommt man auf dem flotten Opener „The Space Between“ noch das ungute Gefühl, dass die dezent-poppigen Electro-Sounds die fehlende Rock-Instrumentierung nicht ganz kompensieren können, doch die geschmeidigen, leicht folkigen Streicher und Kurkelas kristallklarer Gesang geben bereits einen ersten Vorgeschmack auf die Stärken, die AURI in weiterer Folge noch ausspielen.
Auf manchen der Songs kokettiert das Dreierteam ein wenig zu sehr mit seichten Pop-Strukturen (das mit zarten, verspielt-optimistischen Streichern beginnende „Aphrodite Rising“ könnte locker einen Disney-Film wie „Die Eiskönigin“ untermalen), doch die Kreativität, die „Auri“ zur Schau stellt, ist bemerkenswert. Mit einer Vielzahl verschiedener Instrumente werden im Zuge des Albums die unterschiedlichsten Stimmungen vertont, denen allen ein gewisses magisches Element anhaftet.
„I Hope Your World Is Kind“ klingt beispielsweise in den Strophen durch seine mächtigen Chöre fast schon verhängnisvoll, wohingegen im Refrain liebliche Akustikgitarren und Klaviermelodien den Ohren schmeicheln, ehe letztere einen eher mysteriösen Ton anschlagen. Auf „Desert Flower“ verzaubern AURI hingegen mit bittersüßen Streichern und strahlenden Frauenchören – Enya lässt grüßen. Den vielleicht größten Höhepunkt bildet jedoch „Underthing Solstice“ mit seinen Orgel-Arrangements, die anfangs noch gedämpft und andächtig das Bild einer Kathedrale in einer stillen Winternacht malen und schließlich zu einem ehrfurchtgebietenden Sound-Moloch anschwellen.
Nicht jeder Song, der es auf die Tracklist von „Auri“ geschafft hat, ist ein Meisterwerk. An einigen Stellen übertreiben es AURI mit ihrem Pop-Appeal („Night 13“) und vereinzelt gibt es auch Nummern, die einfach keinen bleibenden Eindruck hinterlassen („The Name Of The Wind“). Insgesamt ist dem Trio mit seinem einstündigen Erstwerk trotzdem ein fabelhaftes Album gelungen, das sowohl kompositorisch als auch produktionstechnisch überzeugt und den Hörer aufgrund seiner reichhaltigen Stilistik mitunter sogar zum Staunen bringt. Anstatt ihre Songs in allzu viel Bombast zu ertränken, haben sich AURI an den richtigen Stellen bewusst zurückgenommen und damit eine interessante Platte kreiert, die dem letzten Nightwish-Release ohne Weiteres die Stange halten kann.
Wertung: 7.5 / 10