Mit zwei EPs und einem Album im Rücken und nach Tourneen im Vorprogramm von Bands wie Imperium Dekadenz, Rotting Christ oder Der Weg Einer Freiheit, können FIRTAN schon als eine feste Größe in der deutschen Black-Metal-Szene gelten. Wobei der Terminus Black Metal eigentlich viel zu eindimensional ist, um das Schaffen der Band zu beschreiben. Was FIRTAN auf ihrem Zweitwerk „Okeanos“ darbieten, erinnert eher an eine verwinkelte Klangcollage, die hinter jeder Biegung mit neuen Überraschungen aufwartet.
Die Marschrichtung der Scheibe wird bereits auf dem Opener „Seegang“ klar umrissen. Auf ein gesprochenes Intro folgt ein wilder Ritt durch Black und Death Metal, verschiedene Rhythmen und Tempi und wohl dosierte Akustikgitarre. Was auf dem Papier nach einer kopflosen Jagd durch verschieden Stile klingt, ist auf Platte ein perfekt abgestimmter Klangkosmos. Die wahre Größe von FIRTAN offenbart sich aber erst beim folgenden Doppel „Tag verweil“ und „Nacht verweil“. Die Band liefert hier nicht einfach nur Songs ab, sie lässt einen wahren Film vor dem Auge des Zuhörers entstehen. Breitwandkino für die Ohren sozusagen. Majästetische Melodien treffen auf wuchtige Riffs, diese wiederum werden von mystischen Akustikparts durchbrochen und über allem thront diese melancholische, irgendwie herbstliche Grundstimmung des Albums.
Im Falle FIRTANs lohnt auch ein Blick auf die Lyrics. Die drehen sich nicht wieder um irgendwelche Schlachten oder okkulte Rituale, sondern befassen sich mit Werken von Schiller, Fulda und Nietzsche. Schwere Kost also. Die Texte der Songs „Tag verweil“, „Nacht verweil“ und „Siebente letzte Einsamkeit“ sind gleich komplett den Werken Nietzsches entnommen. Die Quellen dafür sind die Gedichte „Die Sonne sinkt“ und „Das Feuerzeichen“, die aus den „Dionysos Dithyramben“ stammen, dem letzten lyrischen Werk Nietzsches. Der melancholische Ton dieser Lyrik harmoniert perfekt mit der vielschichtigen Musik FIRTANs.
Von einem kurzen Durchhänger abgesehen („Uferlos“) legen FIRTAN mit „Okeanos“ ein Album vor, an dem sich die Konkurrenz im weiter gefassten Black Metal wird messen lassen müssen. Sowohl Songwriting als auch lyrisches Konzept suchen ihresgleichen und untermauern den Ausnahmestatus der Band noch weiter. Definitv ein Highlight des Jahres 2018.
Wertung: 8.5 / 10