Review Spiritual Front – Armageddon Gigolo (Re-Release)

  • Label: Prophecy
  • Veröffentlicht: 2018
  • Spielart: Entmetallisiert, Neofolk, Dark Cabaret

Mit „Amour Braque“ sind die Italiener SPIRITUAL FRONT nach einer längeren Ruhepause wieder auf der Bildfläche erschienen und haben damit zugleich aufgezeigt, dass romantische, dem Pop zugeneigte Musik durchaus auch für anspruchsvolle Tonkunstliebhaber reizvoll sein kann. Dass die „Suicide-Pop“-Gruppe von Prophecy unter Vertrag genommen wurde, kam zwar unerwartet, doch das neue Album ließ keinen Zweifel daran, dass es für beide Seiten die richtige Entscheidung war. Aber wie steht es um die früheren Alben? Offenbar scheinen auch diese es wert zu sein, einer neuen Hörerschaft zugänglich gemacht zu werden, denn zu dem von Fans schon jetzt als Klassiker angesehenen „Armageddon Gigolo“ erscheint nun zeitgleich mit „Amour Braque“ ein umfangreiches Re-Release.

Die Zeit, die seit der ursprünglichen Veröffentlichung vergangen ist, merkt man der Platte erst mal allenfalls auf der Mikroebene an. Schon 2006 haben sich SPIRITUAL FRONT durch ihre eingängigen, eleganten und subtil düsteren Songs ausgezeichnet. Im Vordergrund steht Simone Salvatoris mal eher rauchiger, dann wiederum verführerischer oder wehmütiger Gesang, während sich im instrumentalen Bereich vor allem lässig zurückgelehnte Gitarren und Drums („Cruisin'“), anmutige Streicher und melancholische, manchmal aber auch durchaus peppige Pianotöne tummeln. Haben SPIRITUAL FRONT hier denn etwa nur Altbekanntes wieder aufgewärmt, das man genau so auch auf ihrer aktuellen Platte geboten bekommt? Nicht ganz.

Die Unterschiede mögen auf den ersten Blick klein sein, doch sie sind da – zum Guten wie zum Schlechten. Das mittlerweile merklich ausgefeiltere und homogenere Songwriting der Italiener ließ vor gut zehn Jahren noch ein wenig mehr Raum für Experimente, was sich in der breiter gefächerten Stilistik zeigt. Ein paar Beispiele gefällig? Das dramatische „The Shining Circle“ und „Ragged Bed“ könnten mit ihren schwungvollen Rhythmen und staubtrockenen Gitarren glatt als Soundtrack zu einem alten Westernfilm herhalten, wohingegen SPIRITUAL FRONT mit „Redemption Or Myself“ ein waschechtes Gospel-Stück inklusive Chorgesang ans Ende ihres dritten Albums gestellt haben.

Auf dem verruchten „Bastard Angel“ fordern SPIRITUAL FRONT den Hörer sogar zu einem sinnlichen Tango auf – wer könnte da widerstehen? Die wenigen Schwachstellen, die manchen der Tracks anhaften, fallen angesichts der brodelnden Kreativität und der Eingängigkeit der Arrangements überhaupt nicht ins Gewicht. Über-Hits wie das beschwingte „Slave“ oder das trostlose „Jesus Died In Las Vegas“, bei dem man geradezu vor sich sehen kann, wie sich der Protagonist durch die glanzvollen Straßen einer innerlich verfaulenden Metropole schleppt, sind schlichtweg kaum zu überbieten.

Dass SPIRITUAL FRONT ihren potentiellen neuen Hörern „Armageddon Gigolo“ nicht vorenthalten wollen, leuchtet ein, handelt es sich dabei doch um die künstlerische Sternstunde der Band. Doch auch für diejenigen, die bereits im Besitz der ursprünglichen Fassung sind, könnte sich zumindest die neue Deluxe-Version lohnen: Neben ein paar Demos und alternativen Song-Variationen, von denen einige zwar etwas unspektakulär, manche aber sogar gewagt experimentell sind, finden sich auf der Bonus-CD auch ein paar neue Nummern und ein unterhaltsames Cover von Venoms „In League With Satan“. So oder so handelt es sich bei „Armageddon Gigolo“ um eine herausragende Platte zwischen Neofolk, Country, Tango und Dark Cabaret – ein Muss für jeden, der den genannten Stilrichtungen etwas abgewinnen kann.

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Wertung: 8 / 10

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