Bei den vielen (oft kurzlebigen) Soloprojekten, die im nordeuropäischen Black Metal kursieren, ist es oftmals eine Frage des Glücks, ob man in dem Heuhaufen aus mittelmäßigen Nachahmungstätern die Nadel einer vielversprechenden Newcomer-Truppe findet. Ynleborgaz alias ANGANTYR sollte von dieser Problematik jedoch unbehelligt sein, denn mit „Ulykke“ veröffentlicht der dänische Einzelkünstler seine mittlerweile sechste Platte. Allzu leicht vermeidbare Anfängerfehler sollte man hier also schon mal ausschließen können. Schließlich darf man sich von einem Musiker mit 20 Jahren Erfahrung zumindest ein solides, wenn nicht sogar herausragendes Album erwarten. Doch Erfahrung ist leider nicht alles.
An sich macht ANGANTYR auf „Ulykke“ eingangs einen guten Eindruck: Nach gesampeltem Rabengekrächze prescht der Opener „Ulykke Er Dit Navn“ mit unterkühlten, schwermütigen Riffs und Double-Bass-Drums ordentlich drauf los. Die heiseren Screams mögen etwas kraftlos erscheinen, doch im Allgemeinen gibt es zu diesem Zeitpunkt noch nicht viel zu bemängeln. Und obwohl sich fünf Minuten später noch nichts geändert hat, verkehrt sich der anfänglich positive Anschein schon innerhalb kürzester Zeit ins Gegenteil. Das „obwohl“ ist nämlich in Wirklichkeit ein „weil“.
ANGANTYR zählt offensichtlich zu jenen Black-Metallern, die es für ausreichend halten, dieselbe Melodie und denselben Rhythmus Mal um Mal durchzuzocken, nur um den jeweiligen Song nach acht bis zehn Minuten scheinbar willkürlich enden zu lassen. Gewiss, Monotonie und Schwarzmetall gehören zusammen wie Pech und Schwefel – dies jedoch in erster Linie der Atmosphäre wegen. Davon merkt man auf „Ulykke“ leider wenig bis gar nichts. Eine trübsinnige, kalte Grundstimmung kann man der Platte nicht in Abrede stellen, diese ist jedoch bei weitem nicht so vereinnahmend, dass sie derart eintöniges Songwriting rechtfertigt. Hier klingt ein Song wie der andere und auch innerhalb der Tracks ist jede Minute mit einer anderen beliebig austauschbar.
Selbst wenn ANGANTYR zwischen getragenen Double-Bass-Drums und eher stürmischen Blast-Beats wechselt oder sich an thrashiger Rhythmik versucht („Visdoms Virke“), fällt es kaum auf. Dabei ist „Ulykke“ eigentlich frei von allzu schlimmen Patzern. Die angemessen raue, wenn auch nicht im geringsten besondere Produktion entspricht der ungeschliffenen Natur der Musik und die Instrumente sind passabel eingespielt. Letztlich liegt die große Misere schlicht darin, dass ANGANTYR einfach rein gar nichts Aufregendes von sich gibt.
Die geradezu schändlich langweiligen, minimalistischen Akustik-Klänge, mit denen ANGANTYR sein sechstes Album auf „Råddenskab I Sortenmuld“ beschließt, stehen exemplarisch für die gesamte Scheibe, die es immerhin auf eine üppige Spielzeit von einer Stunde bringt: „Ulykke“ entbehrt jedem noch so kleinen Funken Spannung. Völlig ohne Höhepunkte rauschen die überlangen Tracks am Hörer vorbei und hinterlassen nichts als Ermüdung, sodass der Wiederhörwert der Platte praktisch gen null tendiert. Wer sich von Musik mehr erwartet als nur schnöde Hintergrundbeschallung, sollte lieber schnurstracks kehrt machen und weitersuchen. Dänemark hat in puncto Black Metal nämlich sicherlich weitaus Interessanteres zu bieten, als das, was ANGANTYR hier fabriziert hat.
Wertung: 3.5 / 10