MINAS MORGUL haben gerade ihr Album „Kult“ zum 20-jährigen Bandjubiläum veröffentlicht und beweisen darauf, dass sie in all der Zeit nichts von ihrem Biss und ihrer Energie verloren haben. Im Gegenteil, man spürt, dass sich die Band in den letzten fünf Jahren, in denen es still um sie war, trotz allem weiterentwickelt hat, und dass die Bandmitglieder am Leben gewachsen sind. Deshalb haben wir Frontmann und Texter 13R13 zum Interview gebeten, um noch ein wenig mehr über die Essenz von „Kult“ zu erfahren.
Ihr habt gerade erfolgreich euren Album-Release-Gig hinter euch gebracht. Wie war es? Gab es Gastauftritte? Wie waren die Reaktionen des Live-Publikums auf die neuen Songs? Oder wollte man lieber die alten Gassenhauer hören?
Wir hatten ja einen Doppelgig, wovon der erste der beiden leider erst so spät gestartet ist, dass einige entweder so voll waren, dass sie kaum noch krauchen konnten, oder aber so müde, dass echt ein paar eingeschlafen sind. Das war auch erst mal Premiere. (lacht) Der zweite Gig in Cottbus war dann echt brachial, die Leute sind abgegangen wie Schmidts Katze und haben eine geile Resonanz abgelegt. Sicher gab es auch einige Wünsche nach den ganz alten Dingern, aber wir haben uns vorgenommen, jetzt erst mal eine Weile überwiegend das Kult-Set zu spielen. Es macht nämlich extremen Spaß, das Zeug live zu präsentieren und man muss sagen, dass es von den Fans bombastisch aufgenommen wurde. Einen Gastauftritt können wir für die beiden Gigs aber nicht vermelden, denn Robse war an dem Abend sehr eingespannt, aber das holt er sicher nochmal irgendwann nach. (lacht)
Hat der Live-Auftritt noch genauso viel Spaß gemacht wie früher? Oder sogar mehr? Oder gibt es Anzeichen, dass ihr mit dem Alter eingerostet seid?
Spaß gemacht haben beide, das muss man sagen. Sicher macht es sich bemerkbar, dass wir älter geworden sind, andere Prioritäten wie Kinder und Familie haben. Das führt eben dazu, dass es schwieriger geworden ist, Termine zu finden, an denen alle gemeinsam proben können. An der Präsenz auf der Bühne hat dies wenig geändert, finde ich. Wir können uns immer noch bewegen, ohne danach gleich ins Koma zu fallen. Aber eine richtige Tour würde uns wohl ganz schön schlauchen.
Wie schwer ist es, nach längerer Zeit wieder in einen Songwriting-Prozess zu finden? Das neue Album schiebt ja ordentlich (siehe Review). Da scheint sich eine Menge Motivation angesammelt zu haben?
Na ja, wir haben uns nie so wirklich aus dem Prozess herausbegeben, es stand nach der „Ära“ noch einiges an Material, was wir verwendet haben. Dadurch, dass wir uns mit „Kult“ wirklich viel Zeit gelassen haben, hatten wir einfach alle ein Auge auf die Entstehung jedes einzelnen Songs. Wir haben gefeilt, haben verworfen, wieder neu gebastelt, bis alles so war, wie wir uns das gedacht haben. Am Ende ist meiner Meinung nach das abwechslungsreichste und dynamischste Werk entstanden und auch nach 1000-maligem Hören wird selbst uns das nicht langweilig. Ich für mich persönlich kann sagen, dass es dieses Gefühl bei keinem Album vorher gab und bin echt stolz auf das, was wir da geschaffen haben.
Auf dem Booklet findet sich eine Danksagung, dass die Fans euch all die Jahre die Treue gehalten haben. Wie hat sich das geäußert? Wie haltet ihr den Kontakt zu den Fans?
Das äußert sich immer und ständig. Egal wo wir spielen, fahren die Leute hunderte Kilometer weit, um uns zu sehen, geben uns Feedback und feiern mit uns die Gigs. Mit vielen haben wir auch immer wieder Kontakt über alle möglichen Medien, da kommen dann Fragen, die wir gerne beantworten. Auch sind wir eine jener Bands, die sich vor und nach den Gigs unters Volk mischen und dort zusammen einen trinken, quatschen und die Sau rauslassen. Das bindet natürlich auch und anders könnten wir uns das auch gar nicht vorstellen.
Sind Facebook & Co. diesbezüglich eher ein Fluch oder ein Segen?
Ich glaube beides, es kann sowohl wahnsinnig viel bringen, gerade im Austausch mit Fans und Veranstaltern, aber auch dazu führen, dass sich die Internetmaulhelden zusammenfinden, um Lügen und Halbwahrheiten in die Szene zu streuen, wo man leider aufgrund der Anonymität keinerlei Handhabe hat, dagegen vorzugehen. Das ist das schon sehr ätzend. Früher war es nicht so einfach, sich hinter der Tastatur zu verstecken. Da kam schnell ans Tageslicht, wer dahinter steckte und man konnte agieren.
Gab es nicht auch ungeduldige Fan-Anfragen, wann denn mal wieder ein neues Album rauskommt? Warum hat es überhaupt so lange gedauert?
Na ja, das kann man gar nicht mal so sagen, wir sind so ein wenig in der Versenkung verschwunden, haben auch echt wenig Gigs gespielt, es wurde ziemlich ruhig um uns. Erstaunlich war dann wirklich, als es dann so langsam aufs Studio zuging. Da hat man erst so richtig realisiert, dass tatsächlich schon wieder fünf Jahre dazwischen lagen. Warum es so lange dauerte, können wir, glaube ich, gar nicht so richtig sagen. Eben wahrscheinlich, weil die Prioritäten auf neuem Nachwuchs, den Jobs etc. lagen, das wird’s gewesen sein.
War es geplant, „Kult“ als Anniversary-Release rauszubringen oder bot es sich quasi an, weil das neue Album eben genau in dem Jahr fertig wurde? Oder wie nahm das Album Form an?
Das war echt nicht geplant, hat aber gut gepasst, weil eben alles fertig war. Wie schon erwähnt, der Prozess ging so einige Jahre und ist im Resultat das bisher Beste, was wir gemacht haben. Dann musste es aber auch schnell gehen, weil zwischen Aufnahme, Pressen und Veröffentlichung mal schnell ein halbes Jahr verstreicht, aber es lief alles so reibungslos ab, dass es schon fast beängstigend war. Hier noch mal ein großes Lob an Falk und Dan, die sich für Aufnahme, Mixen und Mastering verantwortlich zeigen, sowie unser Label Trollzorn Records, das uns immer unterstützt und alles so in die Wege geleitet hat, dass man sich absolut keine Sorgen um irgendwas machen musste.
Woher kam die Inspiration, in „XX“ quasi subtil einen Rückblick auf die Bandgeschichte (bzw. die Verbindung zu den Fans) einzubauen? Oder geht es um etwas ganz anderes in dem Song?
Das ist sicher auch ein wenig Rückblick oder Hommage an unsere Fans und Wegbegleiter, die auch trotz der langen Schaffenspause nie aufgehört haben, an uns zu glauben und uns zu unterstützen. Wie auch schon beim Vorgänger „Ära“, dem Titelgeber des vorangegangenen Albums, geht es eben genau um diesen Zusammenhalt, und das kann man eben gar nicht oft genug festhalten bzw. wie in diesem Fall musikalisch verewigen.
Was waren rückblickend denn die schönsten Banderlebnisse?
Immer die, in denen wir den größten Spaß hatten, wo unsere Energie auf die Fans übergegangen ist, man also richtig was zurückbekommt. Aber auch die Zeiten vor und nach den Gigs, wo wir so unendlich viel zu lachen hatten, weil es einfach so abgefahrene Situationen gab, die man sich kaum vorstellen kann.
Und die furchtbarsten?
Furchtbar ist immer, wenn man erst spät loskommt, dann vielleicht noch im Stau steht und dann direkt aus dem Auto auf die Bühne gehen muss, man also gar nicht so richtig ankommen kann. Dann vielleicht noch ein Publikum hat, was die ganze Zeit mit verschränkten Armen dasteht, kaum zu animieren ist und bei dem man sich dann fragt, warum solche Leute überhaupt Geld für das Konzert bezahlen. Das macht dann eher Semispaß, aber kommt glücklicherweise nur selten vor.
Warum habt ihr für den Gastgesang in „Nur eine Kugel“, dem plakativsten Lied des Albums, gerade Robse (Equilibrium) gewählt?
Der Song stand schon eine ganze Weile und live haben wir den auch vor Release schon öfter performt. Ich hatte ihn Robse vorgeschlagen, weil ich fand, dass sein Stil gut dazu passen würde, was sich ja dann auch als absolut richtig herausgestellt hat. Er hat das Ding in einem Take eingesungen und marschiert gesanglich regelrecht durch, was dem Ganzen gut zu Gesicht steht.
Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit Robse? Ist es inzwischen so, dass man froh sein muss, wenn Robse noch ein bisschen Zeit für die alten Freunde übrig hat (diese Frage mit einem Augenzwinkern)?
Unkompliziert wie immer. Wir haben den Kontakt nie verloren, auch wenn Robse natürlich durch seine Arbeit in seinen Projekten sehr eingebunden ist. Es war auch sein Wunsch, sich mal auf einem Album von uns zu verewigen. Als es dann akut wurde, bekam er den Text, das Rohmaterial des Songs und kam dann ins Studio spaziert. Wie gesagt, ging das Ganze sehr fix und das Resultat ist bombastisch geworden. Also unkomplizierter geht es eigentlich gar nicht.
Was mir aufgefallen ist, sind die unfassbar großartigen Lyrics auf dem Album. Insbesondere der Song „Leere“. Mich würde interessieren, ob es hier einen besonderen Moment der Inspiration gab oder ob es lange aufgestautes Denken war, täglich, beim Anblick zielloser Menschen oder dergleichen?
Erst mal ein dickes Danke an dieser Stelle, so was hört man natürlich gern. Wenn man die Entwicklung der Alben, also das rein Lyrische betrachtet, dann fällt sicher auf, dass der Hang zum Gesellschaftskritischen immer mehr Raum eingenommen hat. Das sind einfach Themen, die mich tagtäglich beschäftigen. Mein Wohnort Berlin bietet mir genug Inspiration, um immer neuen Stoff zu verarbeiten. Also liegst du mit deiner Vermutung schon ganz richtig. Es ist der tägliche Wahnsinn, dem man oftmals ein Stück weit ausgesetzt wird, und den man dann irgendwie kanalisieren muss. Da bietet sich so ein Posten als Sänger ganz gut an und der Strom an neuem Input wird so schnell wohl nicht versiegen.
Auch andere Texte sind tiefgehend. Bei „Ein Teil von mir“ ist natürlich klar, dass der Text durch Nachwuchs inspiriert ist. Aber viele Songs setzen sich auch direkt mit dem Tod auseinander und was denn bleiben wird. Da sicherlich noch keiner von euch dem Tode nahe ist, frage ich mich, warum das Thema recht dominant auf dem Album ist. Sind es auch die eigenen Kinder, die einen verstärkt zum Nachdenken über dieses Thema anregen?
Schlussendlich fragt man sich doch mit dem Älterwerden, was man schon geschafft hat, wo man noch hin möchte und was man der Nachwelt hinterlassen will. Der eigene Nachwuchs hält einem natürlich ganz oft den Spiegel der Vergänglichkeit vor Augen. Nie verging die Zeit schneller, Jahre gehen, Menschen gehen usw. Ich glaube, allen in der Band ist es wichtig, sich ein Stück weit unsterblich zu machen, sei es mit der Musik, dem Quell an Wissen, den man seinen Kindern vermittelt oder den Taten, welche ja immer etwas bewegen, egal in welche Richtung.
Und ich möchte eine Frage aus dem Song „Leere“ an dich als Beantworter dieser Fragen zurückstellen: Wer willst du sein?
Jemand, an den man sich erinnert – wie, ist in erster Linie egal. Etwas, was bleibt und nicht verblasst oder erst gar nicht da ist. Jemand, dessen Wort heutzutage noch etwas wert ist und dem eine Kraft innewohnt, die etwas bewirken und wie eine Fackel weitergegeben werden kann.
Was denkt ihr, müsste geschehen, damit die Menschen aufwachen und nicht mehr blind der „Schafherde“ folgen und die Welt (durch falsches Tun oder gar Nichtstun) in den Abgrund stürzen lassen? Was könnte die Menschen denn erwecken? Immerwährendes Mahnen wirkt offenbar wenig, scheint mir.
Das scheint mir eine große Illusion zu sein. Der Mensch lernt nur durch Schmerz und dieser ist noch zu gering, um flächendeckend eine Änderung zu bewirken. ABER er wird kommen. Wer sich intensiv mit dem Weltgeschehen auseinandersetzt, kann die Zeichen sehen. Sie sind allgegenwärtig.
Wäre die Welt ohne Menschen nicht eigentlich besser dran?
Das ist wahrlich schwer zu beantworten aber wenn man sich mal in der Welt umschaut, die sichtlich verdummt, verroht und vor die Hunde geht, wäre das wahrscheinlich wirklich das Beste. Vielleicht ginge es auch etwas bergauf, nähme man den Menschen die Religionen, enteignete man den kleinen Anteil an Abschaum, der für sich allein 90 % des Gesamtkapitals in Anspruch nimmt, während sich anderswo die Menschen gegenseitig auffressen, verdursten und verhungern. Aber wenn man eines im Laufe seines Lebens lernt, dann, dass es so etwas wie Gerechtigkeit nicht gibt und sich der Mensch selbst im größten Frieden nach Krieg sehnt.
Hattet ihr je das Gefühl, dass es (ohne Namen zu nennen!) Bands gibt, die Ideen von euch abkupfern (und wenn es beispielsweise nur ein ähnliches Cover-Design ist)? Wenn ja, sieht man es eher als Ehre, dass man als „Vorbild“ wahrgenommen wird, oder nervt es, wenn andere keine eigenen Ideen haben?
(lacht) Ja, das gibt es natürlich und das ist dann von Beidem etwas. Man kann das irgendwie schwer beschreiben, es gibt schon Bands, bei denen es so offensichtlich ist, dass es regelrecht nervt und auf der anderen Seite natürlich auch jene, bei denen es uns ehrt und wir gut damit umgehen können. Das ist dann einfach unsere eigene Haltung, die wir zu den jeweiligen Bands haben. Ansonsten ist es uns sicher auch mal so gegangen, dass man unbewusst oder auch bewusst ein wenig abkupfert, das bleibt ja auch nicht aus.
War dieses Album eigentlich ein Abschluss für euch? Oder dürfen die Fans in fünf Jahren wieder auf neue Musik hoffen?
Also wir haben noch genug Ideen und Motivation, um uns weiter zu steigern. Wir werden jetzt erst mal schauen, was das Jahr so an Möglichkeiten hergibt, unser Material live zu präsentieren. Dabei bieten sich sicher schon wieder viele Ideen und Impulse, die wir verarbeiten können. Also klares Nein zum Abschluss.
Hier noch das traditionelle Metal1-Brainstorming. Was fällt dir als erstes ein, wenn du jeweils diesen Begriff hörst?
1.) Ragnarök-Festival: Warum meldet sich da nie einer zurück?
2.) Bücher: Gruber, Fitzek und Carter
3.) Unwort des Jahres: Sondieren
4.) Pfannkuchen: Och nee
5.) Bayern: Schön da!