Ende 2016 verließ Gründungsmitglied Austin Carlile OF MICE & MEN aufgrund anhaltender Herzprobleme. „Defy“ ist nun der erste Longplayer ohne den ehemaligen Attack!-Attack!-Frontmann am Mikrofon, dessen Part kurzerhand durch Bassist Aaron Pauley übernommen wurde. Dieser war schon vorher für den Klargesang zuständig und zeigt sich nun also auch in den härteren Stimmfacetten.
Als Produzent konnte man Howard Benson (My Chemical Romance, Three Days Grace) für das Album gewinnen. Das Mastering kommt von Chris Lord (Green Day, Breaking Benjamin, Rise Against). Das liest sich im Vorfeld bereits sehr interessant, spricht aber auch für eine Fortführung der softeren Variante, die „Cold World“ bereits angeschlagen hat. Diese Vorstellung kommt dann auch nicht von ungefähr, wie bereits der Opener und Titelsong „Defy“ unter Beweis stellt. Eingängige Refrains, Klargesang und ein ingesamt wenig brachiales Klangbild dominieren die meisten Titel. Eher sind die Titel oft im Alternative Rock angesiedelt, wie beispielsweise das eingängige „Back To Me“ oder das kraftvolle „Vertigo“.
Wenn dann aber die Screams doch deutlicher hervorgehoben werden und auch das Riffing sich kompakter gestaltet, dann können OF MICE & MEN deutlich punkten. Das zeigen das groovige „Sunflower“, die Vorab-Single „Warzone“ oder der klassische Metalcore-Song „Forever YGD’n“ eindrucksvoll. Aber auch unverhoffte Parts werden eingebunden, wie sphärische Momente mit Akustikgitarre oder mit Gangshouts versehene Einschübe. Außerdem erwähnenswert ist das Cover des Pink-Floyd-Klassikers „Money“, das grundlegende Elemente wie das einleitende Geldklimpern beibehält und doch auf einen eigenständigen Sound setzt. Das ein Titel der legendären Briten auch im Modern-Metal-Gewand funktionieren kann, ich hätte es in dieser Weise nicht für möglich gehalten.
Der Abgang von Austin Carlile hat eine kleinere Lücke in das Gefüge von OF MICE & MEN gerissen, als man es vermutet hätte. Mit „Defy“ legen sie ein Album vor, das sich weit ausholend am Alternative Rock bedient, aber den Metalcore trotzdem nicht komplett verkennt. Kraftvoll ist die Produktion, stilsicher sind die Songs und haben meistens einen sehr eingängigen Refrain zu bieten. Dennoch hätte der Fokus auf die härteren Elemente gerne ausgebaut werden können. Die Songs nehmen deutlich an Fahrt auf, treten diese verstärkt auf. Trotzdem ist „Defy“ ein gelungenes Album, dem man gut und gerne eine Chance geben kann.
Wertung: 7 / 10