Mit „Panda Metal Party“ hat das Satire-Ein-Mann-Projekt SATANINCHEN ein Album veröffentlicht, das erwartungsgemäß polarisiert. Wie ihm die Idee zu dem Projekt kam, wie die Metal-Szene auf seine Schlager-Cover reagiert und warum zur Hölle, Hölle, Hölle man nicht nur Wolfgang Petry, sondern auch Helene F. covern muss, verrät uns der Berliner im Interview.
SATANINCHEN dürfte polarisieren – wie ist das Feedback bislang ausgefallen?
So wie Du es vermutest, äußerst polarisiert! (lacht) Aber es ist ein netter Gedanke, den Leuten nicht egal zu sein!
Du schreibst im Pressetext, bei SATANINCHEN gehe es „um die ernst gemeinte, humorvolle Etablierung eines Toleranzgedankens zwischen den Genres“. Wie erfolgreich bist du dabei?
An diesem Satz gemessen, bin ich äußerst erfolglos! Man lehnt bisher partout ab, meine CD auf Schlagerpartys zu spielen!
Gab es auch richtig fiese Hasskommentare? Oder gar einen Shitstorm?
Ich bin für Schmähungen nicht besonders empfänglich! Es hat mich bisher noch nie gehindert irgendetwas zu machen, nur weil es andere nicht gut oder gar schlecht finden! Leute, die verachten was ich mache, können trotzdem respektable Menschen sein, deren Meinung, Lebenseinstellung und Ansichten ich schätze oder gar teile … und umgedreht.
Für dich ist SATANINCHEN ein „Ein-Mann-Satire-Projekt mit einer Mischung aus Musik, Standup, Grafik, Design und Video als mediales Gesamtkunstwerk“, wie du weiter schreibst. Was war die initiale Idee, aus der das alles erwachsen ist?
Nüchtern betrachtet, hatte ich eine Schnapps-Idee für einen kurzen Monolog-„Film“. Den habe in der Galerie meines Zwillingsbruders gezeigt. Einige der Gästen dachten es sei Werbung für eine Live-Show und wollten Tickets kaufen. Das hatte ich vorher nicht ernsthaft erwogen. Ich habe dann eine Nacht drüber geschlafen und mir gedacht „Scheitern ist keine Schande!“, also bringe ich das Scheitern auf die Bühne!
Erst später habe ich bemerkt, dass vieles auf einem Buch basiert, welches ich vor etwa 20 oder mehr Jahren geschrieben habe. Mit Satire hat das eigentlich wenig zu tun! Das ist sehr trve!
Andererseits schreibst du selbst über das Album „Die Musik ist aber auch für diverse Verabschiedungsveranstaltungen und Trauerarbeit geeignet“ – welche der Songs würdest du hier konkret empfehlen?
Nun, bei meiner eigenen Beisetzung würde ich mindestens die gesamte CD empfehlen! Danach gäbe es vermutlich das übereinstimmende Meinungsbild der Trauergäste, dass mein Tod kein großer Verlust sei! Die Trauer würde ganz bestimmt einer, meiner CD angemessenen, Party weichen.
Jedoch auch für manchen Schlager-Fan oder -Sänger wären die Songs sicher ein feiner Abgesang. Auch in Phasen der Beziehungstrennung kann meine CD eine Hilfestellung für die Überwindung des Schmerzes bieten. Das „Katzelied“ bietet den Soundtrack für jeden Kater, der sich von seinen Hoden verabschieden muss(te).
Ich nehme an, du bist selbst Metal-Fan – welche Bands wandern oft in die Playlist?
Ich bin professioneller Black-Metal-Fan und höre den ganzen Tag nur rückwärts abgespielten Black Metal auf – unter fließend Wasser gehaltenen – 2-Watt-Boxen. Der Sound sollte sich also möglichst trve anhören! In meiner Freizeit höre ich aber auch kommerzielle und melodische Sachen, wie Limbonic Art und alle weiteren künstlerisch hochwertigen Stile der Musik- und Metal-Geschichte, außer Jazz. Ich mag Sachen, in der sich traditionelle oder auch sehr moderne Elemente mit Metal vermischen. Um der Komplexität meiner Synapsen gerecht zu werden, höre ich meist verschiedene Musikstile gleichzeitig. Darunter auch solche Bands wie Wintersun, Summoning, Fleshgod Apocalypse, Septic Flesh, Blind Guardian, Manowar, Haggard, Turisas, Orphaned Land, Die Apokalyptischen Reiter, Cradle Of Filth, aber auch Abandon All Ships usw. Eigentlich alles quer Beet. Eher unfreiwillig höre ich die Schlagermusik meiner Nachbarn. Meine CD ist also Bestandteil der Befriedung des nachbarschaftlichen Verhältnisses!
Der Name SATANINCHEN klingt sehr drollig. Wie bist du auf das Pseudonym gekommen?
Solch einen Namen denkt man sich nicht aus, den bekommt man verliehen! Voraussetzung dafür ist, dass man cool, hart und einfach voll evil ist! Rohes Fleisch zu essen, Blut zu trinken und die Menschheit zu hassen gelten allgemeinhin als positiv unterstützende Faktoren für solch einen harten Kampfnamen.
Die Song-Auswahl ist etwas krude: Von den Ärzten bis zu 90’s-Pop-Hits ist alles dabei. Hast du dir auch Gedanken gemacht, ob die Songs zusammenpassen, oder nach welchen Kriterien hast du die Stücke ausgewählt?
Es ging vor allem um die besonders hohe Qualität der zu vermittelnden Texte! Mit meiner Standup-Show bin ich vor allem auf der Suche nach Liebe und darum geht es vornehmlich auch inhaltlich auf meiner CD „Panda Metal Party“. Aber auch andere typische Metal-Themen, wie Katzen, Attraktivität des eigenen Körpers, Erfahrungen über Kneipenspaziergänge und die Frage nach dem eigenen und dem anderen Geschlecht spielen eine große Rolle in unser aller täglichen Metal-Leben. Ganz wichtig ist natürlich auch der Trueness-Faktor! Darum durften Begriffe wie „Teufel“, „Böse“ und „Hölle“ natürlich nicht fehlen!
Wie erklärst du dann dein „Sun Of Jamaica“-Cover?
Wir eingeweihten wissen es alle, Metal und Winter stellen eine Symbiose dar! Demnach ist die allgemeine und alltägliche Wetterlage für uns Metal-Heads auch sehr wichtig. Ich mag aber nun mal keinen Winter! Darum besinge ich eben „Sun Of Jamaica“. Folglich ist die Song-Zusammenstellung mehr als logisch!
Für deine Version von „Mädchen“ hast du sogar die Sängerin der Original-Version, Luci Van Org, dazu gebracht, ihren Song nach 23 jahren für deine Version nochmal neu aufzunehmen. Wie kam es dazu, und wie hat sie auf deine Anfrage reagiert?
Ich kenne Luci van Org von verschiedenen Veranstaltungen aus der Galerie meines Bruders. Sie macht mittlerweile sehr viel düstere Sachen als zu Zeiten des originalen „Mädchen“-Songs und hat auch ihr eigenes härteres Musik-Projekt namens Uebermutter. Eines Tages habe ich sie einfach gefragt und sie hat spontan „Ja!“ gesagt. Vermutlich wohlwissend, dass ich eine Nervensäge bin und ihr „Nein!“ einen längeren Diskussionsprozess nach sich gezogen hätte. Sie findet die Sataninchen-Variante übrigens sehr gut! Hat sie zumindest gesagt, vermutlich wohlwissend, dass eine andere Meinung einen längeren Diskussionsprozess nach sich gezogen hätte. (lacht)
Unumstritten die umstrittenste Nummer dürfte der Song von Helene F. sein. Warum tust du uns das an?
SATANINCHEN ist ja sozusagen der künstlerische Gegenentwurf zu Helene F.! Helene scheint einfach alles zu können! Ich kann nichts, aber das kann ich richtig gut! Ganz ehrlich: Ich habe diesen Song von Anfang an kategorisch abgelehnt. Alle in meinem Umfeld meinten jedoch, wenn ich heutzutage eine solche CD mache, dann komme ich an diesem Song nicht vorbei. Zumal einige eine Video-Dokumentation von und mit mir kennen, bei der ich sozusagen die inoffizielle Vorband von Helene F. war. Ihr eigenes Konzert musste an diesem Tag vorzeitig abgebrochen werden. Der Abbruch des Konzertes ging damals auch durch die Medien. Ich beteure, dass ich damit nichts zu tun hatte auch wenn manch einer eine Verbindung zu mir herstellt.
Ich weiß nicht mehr wann, aber man könnte meinen, nach vielen, vielen Verkostungen sinnesberauschender Getränke, habe ich wenigstens dem Versuch zugestimmt, eine Version dieses Songs aufzunehmen. Der Song sollte aber erheblich radikaler als das Original sein und wenn es mir nicht 100%ig oder sogar mehr gefallen hätte, dann hätte ich die Aufnahme nie veröffentlicht. Ich finde es nunmehr erstaunlich, wie gut der Song funktioniert. Das ist etwas beängstigend! Wer den Song nicht mag, kann gern weiter skippen oder die betreffende Stelle auf der CD mit einem Edding übermalen.
Mal ehrlich: Wie lange hattest du nach den Aufnahmen einen Ohrwurm?
Ein besonders gut ausgeprägtes Kurzzeitgedächtnis verhindert manchen Ohrwurm! Aber ja, eine gewisse Leidensfähigkeit muss man schon auch mitbringen.
Im Endeffekt bist du mit SATANINCHEN das Gegenstück zu dem, was Heino zuletzt gemacht hat. Wie findest du dessen Album „Mit freundlichen Grüßen“ beziehungsweise die ganze Aktion?
Wenn man 30 oder 40 Jahre immer das Gleiche auf der Bühne macht, kann ich schon verstehen, dass man auch irgendwann mal etwas anderes tun möchte. Zumal Heino sicherlich auch sein konventionelles Publikum wegstirbt.
Lest hier unser Interview mit HEINO zu „Schwarz blüht der Enzian“!
Produziert wurde „Panda Metal Party“ von Sascha Blach, aka Alexander Paul Blake (u.a. Eden weint im Grab, Aethernaeum). Wie kam da der Kontakt zu stande, und wie wichtig war dir, dein Spaß-Projekt professionell zu produzieren?
Sascha kannte ich auch aus der theARTer Galerie meines Bruders. Er hat dort mit Eden Weint Im Grab ein paar Acoustic-Shows gespielt. Nachdem ich meine erste Solo-Stand-Up-Show gemacht hatte, war klar, dass ich irgendwie eine Einlaufmusik brauche. Ähnlich eines Boxers, denn meine Bühnen-Show ist nichts anderes als ein Kampf gegen mich selbst! Dann haben wir einen Song in Saschas Studio aufgenommen. Daraus ergab sich beinahe zwangsläufig die Idee für ein ganzes Album und ein – aus meiner Sicht – sehr freundschaftliches Verhältnis zu Sascha. Aber es ist für mich okay, wenn er das nicht so empfindet. (lacht) Es hätte einfach nicht besser passen können! Sascha ist ein fabelhafter Mensch, der auch bei meinen absurdesten Ideen immer ruhig und sachlich blieb. Selbst als ich darauf bestanden habe „Sun of Jamaica“ zu machen. Seine Art Kritik zu äußern ist sehr konstruktiv und bringt die meisten Leute voran, mir hat sie aber nicht geholfen. (lächelt)
Von Anfang an war meine Prämisse, wenn ich die CD mache, dann ernsthaft und mit einem gewissen qualitativen Anspruch! Obwohl es mein Debüt-Album ist, ist es das beste Album, dass ich bisher veröffentlicht habe! Nur das nächste und übernächste wird noch besser! Und dann würde es mich reizen, ein richtig schlecht produziertes Black Metal Album zu machen.
Deine Katze spielt bei der ganzen Sache eine entscheidende Rolle, sowohl im Video als auch im ihr gewidmeten Song. Motto: Katzenvideos gehen immer, oder was war die Idee?
Bei einer Party wurde ich nach dem Geschlecht meiner Katze befragt, die eigentlich ein Kater war, aber nicht mehr ganz ist, da er seiner Männlichkeit beraubt wurde. Wir hatten alle spontanes Mitgefühl und daraus ergab sich zwangsläufig ein tiefgreifend philosophisches Gespräch, inwiefern man als Mensch das Recht besitzt solche EINSCHNITTE – im wahrsten Sinne des Wortes – bei einem Lebewesen vorzunehmen. Die Text-Idee war geboren. Meiner getrübten Erinnerung zur Folge, stand Alkohol – als sinnstiftender Diskussionsteilnehmer – Pate.
Mit SATANINCHEN machst du „kalkulierten Trash“, wie du es nennst. Wie geht die Kalkulation weiter, wo willst du mit SATANINCHEN hin? Ins Unterhaltungsfernsehen? Nach Wacken?
Nun, wenn das Unterhaltungsfernsehen bereit wäre sich auf mein Niveau zu begeben, dann wäre ich womöglich bereit meinem Niveau treu zu bleiben! Bei Wacken bin ich mir – ähnlich wie beim Unterhaltungsfernsehen – nicht so sicher, ob es mein Traum oder Albtraum wäre. Auf alle Fälle wäre es eine Herausforderung ein Headliner-Angebot von Wacken abzulehnen! (lacht)
Machst du neben Sataninchen auch „ernsthaft“ musik, spielst du noch in einer anderen Band?
Sataninchen ist sehr ernsthaft! Das Problem ist, mich nimmt keiner ernst!
Im Promoflyer habe ich gelesen, es gibt von dir auch eine Standup-Show, „Ich bin Single – Willst du mich kennen lernen“ – kannst du uns darüber mehr erzählen?
Meine Therapeutin hat mir geraten etwas gegen meine sozialen Phobien zu tun, denn ich bin extrem schüchtern. Die Show ist also ein wesentlicher Bestandteil meiner Behandlung. Es gilt Grenzen zu überschreiten. Das können die eigenen Grenzen, aber auch die Grenzen guten Geschmacks sein. Vermutlich beides! Es hat einige Zeit gedauert bis ich festgestellt habe, dass mein öffentliches Schweigen auf der Bühne nicht besonders unterhaltsam ist, also rede ich viel, zeige Videos, experimentiere und präsentiere mich einfach im guten Licht! Wobei das Licht meist von der Bühnendecke kommt. Also, außer, dass ich keine Bilder meiner Genitalien zeige, mache ich alles, was man auch sonst in Single-Foren zu tun pflegt. Aber ich referiere ebenso offen über meine Geschäftsideen, in der Hoffnung, Investoren zu finden. Ich verfolge dabei nicht nur eigene Interessen, sondern auch ein sehr ernsthaftes und pädagogisches Ziel! Das erscheint einigen Besuchern meiner Show sehr lächerlich, aber man kann nicht alle erreichen!
Eigentlich bist du bildender Künstler. Was machst du da vornehmlich, worauf liegt dein künstlerischer Fokus?
Ursprünglich lag meine Intention darin, dem Schulunterricht nicht folgen zu wollen. Darum habe ich im Unterreicht immer gezeichnet. Wer weiß, was ansonsten aus mir geworden wäre! (lächelt) Natürlich ging es in den ersten ernst zu nehmenden kreativen Phasen meist um Metal-Design im weitesten Sinne. Es gab eine wesentliche Schaffenszeit, in der ich dem Realismus verfallen war, immer auch mit Einsprüngen des Surrealismus oder auch mehr eines verklärt moderneren Sprachbildes des Symbolismus. Das alles dann meist auf ein zentrales und sehr plakativ wirkendes Subjekt beschränkt, aber immer mit einer hohen Detailversessenheit ausgearbeitet. Mitunter findet man sogar leichte humoristische Ansätze und Versprengungen von Kitsch in meinen alten Arbeiten. Brutales und düsteres mit lieblichem zu vermengen, war mir immer recht nah. Mit der immer stärkeren Etablierung digitaler Arbeitsmittel. schien es mir folgerichtig, mich vom Ziel des Realismus zu lösen. Diese Arbeitstechniken bieten schnellere Lösungen und machten meine vorherige Herangehensweise immer mehr obsolet. Darum habe vor einiger Zeit eher mit wilder und actionbeladener Malerei experimentiert. Derzeit komme ich jedoch einfach nicht wirklich darüber hinaus die meisten meiner Arbeiten lediglich als „Materialstudie“ zu bezeichnen. Ich befinde mich sozusagen in einer gewissen Sinn- und Schaffenskrise, aus der dann die CD „Panda Metal Party“ entstanden ist.
Seitdem mein Zwillingsbruder eine Galerie betreibt, findet er selbst keine Zeit mehr für die eigene Malerei. Er meint immer, dass meine Schaffenskrise darauf zurück zu führen sei, dass ich jetzt nicht mehr von ihm abmalen könne.
Zum Abschluss ein kurzes Brainstorming – was fällt dir zu folgenden Begriffen als erstes ein:
Katzenvideos: Ich liebe Tiere, Katzen sind davon nicht ausgenommen!
Vermutlich lieben viele Leute diese Katzenvideos, weil Katzen den Intellekt von dreijährigen Kindern haben. Das ist nicht nur niedlich, amüsant, sondern weckt in uns elterliche Urinstinkte und entspricht auch vielen menschlichen Trottelvideos. Das gibt uns das Gefühl der Überlegenheit! Ich versuche mit meinen Videos etwas dagegen zu setzen und ästhetischen sowie künstlerischen Ansprüchen gerecht zu werden. Das gelingt mir zweifelsohne sehr gut!
Satan: Genauso ernst zu nehmen wie Gott!
Politik: Mein Bruder und ich haben – noch vor dem Web 2.0 – eine politische Web-Satire-Seite betrieben. Die kann man durchaus als einen Vorläufer vieler anderer Formate sehen, wurde sehr kontrovers aufgenommen und war eigentlich auch recht erfolgreich. Selbst das Medien-Echo war recht positiv. Man könnte resümieren, wir waren zu früh und die Webseite heute wieder zu beleben, wäre zu spät! Mein Bruder meint, ich solle in die Politik gehen. Er sagt, ich könne endlos über alle möglichen Themen reden ohne etwas zu sagen und was mich noch mehr für ein politisches Amt prädestiniert, ich rede ohne das es jemand hören möchte. Außerdem habe ich noch nie etwas bewegt, außer meinen Bauch.
Pandabären: Pandabären und Metal-Heads haben viel gemeinsam! Pandabären haben selten Geschlechtsverkehr …
Immortal: Genauso ernst zu nehmen wie Satan!
Vielen Dank für das Interview!
Vielen Dank für den Support! Yeah evil.