30Nicht nur, dass die Trilogie „Memoria Vetusta“ vor drei Jahren ihren Abschluss fand, auch unter die dreiteilige „777„-Reihe wurde vor fünf Jahren ein Schlussstrich gezogen. Es scheint, als müsste sich Vindsval für sein Herzensprojekt BLUT AUS NORD ein neues Betätigungsfeld suchen – und in welche Richtung das gehen könnte, zeigten die letzten beiden Splits „Triunity“ (2014) sowie „Codex Obscura Nomina“ (2016) deutlich.
Rückblickend betrachtet ist BLUT AUS NORD ein Wandlungskünstler ohnegleichen: Den Backcatalog eröffnend mit zwei reinen Black-Metal-Alben, kamen in der Phase zwischen 2001 und 2007 vornehmlich Alben mit beklemmend-düsterer Atmosphäre im erdrückenden Black/ Industrial-Metal-Gewand auf den Markt, ehe sich BLUT AUS NORD mit der „777“-Reihe (2011-2012) selber übertrumpften, indem sie ihrer Musik grandiose Melodieverläufe und bombastisch-epische Steigerungen hinzugefügten. Wer nur mäßigen Gefallen an der klassischen „Memoria Vetusta“-Reihe fand, wurde mit der ebenfalls dreiteiligen „What Once Was…“-Serie gelungen vertröstet, ehe das Jahr 2014 eine gewisse Zäsur brachte.
Denn auf der Split mit P.H.O.B.O.S („Triunity“) klang BLUT AUS NORD frischer als auf der dreiteiligen „What Once Was…“-Serie, gezielter melodiös als in der „777“-Reihe und noch weiter von der „Memoria Vetusta“-Trilogie entfernt. Zwei Jahre später gelang es den Herren um Vindsval erneut, sich zu übertreffen: kraftvoll, aufbrausend und eingängig dröhnte „Codex Obscura Nomina“ aus den Boxen und BLUT AUS NORD befanden sich definitiv auf einen ihrer Höhepunkte. Die Spannung auf die erste Veröffentlichung nach drei beendeten Trilogien galt nicht nur dem Punkt, überhaupt neue Musik um die Ohren bekommen zu wollen, sondern vor allem der Frage, wie sich BLUT AUS NORD nun ausgerichtet haben werden.
Nun ist sie da, die zwölfte Scheibe der Franzosen, „Deus Salutis Meæ“. Nach einer knappen halben Stunde Spielzeit ist der Zauber nicht nur viel zu schnell verflogen, sondern hält sich mehr in Grenzen als zuvor zu erwarten war. Denn „Deus Salutis Meæ“ besitzt kaum diese Melodieführungen, die den Hörer die Nackenhaare aufstellen lassen. Es erdrückt, allerdings nur durch bloßes Gerumpel und nicht durch Atmosphäre. „Deus Salutis Meæ“ scheint gnadenlos unter der hohen Latte durch zu rutschen, die sich BLUT AUS NORD durch vorherige, großartige Veröffentlichungen selber erschufen, denn es fehlt die Spannung, die Atmosphäre, schlicht alles, womit sich Vindsval sowohl mit den klassischen Black-Metal-Scheiben als auch mit seinen abstrakten, kühlen Industrial-Platten einen Namen machte.
Mag zu Beginn, mit „Chorea Macchabeorum“ das Herz all derjenigen höher springen, die erkennen, dass „Deus Salutis Meæ“ die Marschroute von „Codex Obscura Nomina“, „Triunity“ und „Cosmosophy“ einschlägt, kommt die Ernüchterung umso enttäuschender. Dumpf, selten packend, melodiearm und unverhofft uneingängig stapeln BLUT AUS NORD im weiteren Verlauf der viel zu kurzen Platte erschreckend niedrig das auf, womit sie punkten könnten. Und dass, obwohl die Franzosen nicht nur das Potenzial, sondern auch die Routine gehabt hätten, um mit „Deus Salutis Meæ“ eine Punktlandung hinzulegen!
Erhält ein Arbeitnehmer wenigstens dreimal hintereinander Weihnachtsgeld in der gleichen Höhe von seinem Arbeitgeber, kann er sich diese Summe vor Gericht einklagen, wenn im vierten Jahr die Zahlung ausbleibt – Gewohnheitsrecht sei Dank. Übertragen auf „Deus Salutis Meæ“ funktioniert dies leider nicht: Obwohl BLUT AUS NORD mehrfach in Folge mit durchweg guten Alben glänzten und sich somit der Hörer an diesen Umstand gewöhnt hat, kann er sich kein besseres Album als „Deus Salutis Meæ“ einklagen, sondern muss mit dieser enttäuschenden halben Stunde leben.
Wertung: 5.5 / 10
„Memoria Vetusta is not a trilogy ..“
https://www.facebook.com/blutausnord.official/posts/1459720627625190