13 Jahre hatte SUN OF THE SLEEPLESS auf Eis gelegen. Nun hat Ulf Theodor Schwadorf mit „To The Elements“ endlich das Debüt seines Poetic-Black-Metal-Soloprojekts herausgebracht – ein unbändiges schwarzmetallisches Meisterwerk, das Seinesgleichen sucht. Warum sich die Fans der alten Tage so lange gedulden mussten, wie es doch noch zur Entstehung der Platte kam, worin für Schwadorf das Besondere an SUN OF THE SLEEPLESS besteht und wie es derzeit um Empyrium steht, erfahrt ihr neben anderen Dingen im folgenden Interview.
Grüß dich! Ich danke dir, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Wie geht es dir?
Sehr gut. Danke ebenso für das Interesse. Ich bin gerade in den apuanischen Alpen und genieße die Kultur und die Landschaft hier sehr.
Du hast SUN OF THE SLEEPLESS Ende der 90er als Soloprojekt gegründet, da hast du mit Empyrium bereits reinen Neofolk gespielt. Was war die Intention hinter diesem damals neuen Projekt?
Die damalige Intention von SUN OF THE SLEEPLESS war vorrangig, einen Gegenpol zur neuen, „softeren“ musikalischen Ausrichtung von Empyrium zu schaffen. Sozusagen ein Ventil für die aggressivere, metallischere Seite in mir. Später diente SUN OF THE SLEEPLESS auch hervorragend als experimentelles Projekt, Spielwiese für neue Ideen und Ausprobieren verschiedener Studiotechniken.
Worin besteht für dich das Außergewöhnliche an SUN OF THE SLEEPLESS?
Ich denke, das außergewöhnliche an SUN OF THE SLEEPLESS ist, dass es eine komplette Tunnelvision einer einzelnen Person ist. Es ist unverwässert, rein und kompromisslos. Vom ersten Schwingen der Saite bis zur letzten Entscheidung im Mastering bevor das Master ans Presswerk geht, liegt alles komplett in meiner Hand. Ich glaube, im Metal gibt es nur wenige Projekte (wenn überhaupt), die dies auf diesem Niveau vorweisen können. Es macht mich sehr stolz, das alles selbst realisieren zu können und schenkt den Hörern ein komplettes Eintauchen in meine Gefühls- und Gedankenwelt.
Nach der 2004er Split „I“ hörte man nichts mehr von SUN OF THE SLEEPLESS. Warum wurde das Projekt so lang auf Eis gelegt?
Es gibt keinen wirklichen Grund, außer, dass ich es für nicht notwendig empfand, für SUN OF THE SLEEPLESS zu komponieren. Heute sieht es anders aus.
Nun hast du mit „To The Elements“ endlich dein langersehntes Full-Length-Debüt veröffentlicht. Wann kam für dich der Punkt, an dem dir klar wurde, dass es an der Zeit dafür war?
Nachdem „The Unknown“ von The Vision Bleak fertig gestellt war, war es so, dass wann immer ich eine Gitarre in die Hand nahm, ich automatisch damit begonnen habe, Black-Metal-Riffs zu schreiben. Nach einer Weile folgte ich diesem Instinkt in die Tiefe und SUN OF THE SLEEPLESS waren wieder geboren. Es geschah also sehr natürlich und ungezwungen. Aus einem Gefühl heraus. Das war schon immer meine Art, zu arbeiten.
Inwiefern unterscheidet sich dein Songwriting in SUN OF THE SLEEPLESS vom dem deiner anderen Bands?
Bis zu einem gewissen Punkt gar nicht mal so sehr. Bei meinem anderen Projekten bin ich ja ebenfalls (zumindest bisher) Hauptsongwriter und Texter, aber trotzdem gibt es dann den Punkt, wenn eine zweite Meinung oder ein Impuls meiner Mitstreiter dazu kommt und dann den Song vielleicht in eine andere Richtung bringt oder alleine durch das Hinzukommen einer zweiten Persönlichkeit kommt schon ein neuer Vibe hinzu. Bei The Vision Bleak zum Beispiel arbeite ich an den Texten mit Konstanz’ Vocals im Kopf, während ich bei SUN OF THE SLEEPLESS nur mir folge.
Auf „Tausend kalte Winter“ hast du noch mit Trip-Hop-Elementen experimentiert, davon hört man jetzt nichts mehr. Hat das einen bestimmten Grund?
Wie ich schon erwähnte, diese Art von Musik auf „To The Elements“ wollte einfach aus mir heraus und da ich musikalische Entscheidungen immer aus dem Bauch heraus treffe, ohne zu viel darüber nachzudenken, ist SUN OF THE SLEEPLESS 2017 genau das, was es ist, und wird aller Voraussicht nach auch erst mal so bleiben.
Gibt es einen Track auf dem Debüt, den du für besonders gelungen erachtest? Falls ja, welchen und warum?
Ich liebe alle Tracks und bin mit jeder Sekunde auf dem Album absolut zufrieden. Und das ist wirklich eine Seltenheit.
An und für sich hat jeder Song auf der Platte etwas Besonderes an sich. Trotzdem sticht „Forest Crown“ als reine Neofolk-Nummer heraus. Knüpfst du damit an deine Zeit mit Empyrium an oder siehst du da doch größere Unterschiede?
Ich hatte einfach das Gefühl, dass das Album noch einen Ruhepol in seiner Mitte bräuchte um die Spannung aufrecht zu erhalten. Diese Art von Folk-Musik war schon immer sehr inspirierend für mich. Ich dachte vor allem an Loreena McKennitt, The 3rd And The Mortal, Ulver, Burzum und natürlich auch Empyrium, als ich „Forest Crown“ schrieb.
Für „The Owl“ wurde sogar ein Musikvideo veröffentlicht. Darin sieht man dich mit einer Fackel und das namensgebende Tier im Wald. In welcher Verbindung steht das Video zu den Texten und warum wurde gerade dieser Song visuell umgesetzt?
Das Video sowie auch der Song „The Owl“ sind sowohl Tribut an dieses wunderschöne, majestätische Tier als auch ein Symbol für die Suche nach dem wahren Selbst. Das Tier – wie man es von den Naturvölkern kennt – als Totem, als Metapher für Charaktereigenschaften, die man in sich selbst zu kultivieren sucht. Die Fackel steht für die Suche und das nokturne Element, welches auch die Eule umgibt. Das Ende des Videos dürfte dann wohl ziemlich selbsterklärend sein. Ich selbst bin eine Person mit einem sehr ausgeprägten Selbstverständnis, was mir manchmal als Arroganz ausgelegt wird. Gerade in der heutigen Zeit sind Menschen, die fest ins sich selbst sind und wissen, wer sie wirklich sind, auch immer seltener. Auch darum geht es für mich in diesem Song und dem Video. Ich habe diesen Song für das Video gewählt, weil er mir viel bedeutet und viel über mich selbst, dem, nach dem ich strebe und das, was ich bin, aussagt und letztendlich auch, weil er visuell einfach sehr gut umzusetzen war.
Wie ist das allgemeine Feedback zu dem Album ausgefallen? Hast du auch neue Hörer dazugekommen oder waren es eher die alten Fans, die darauf reagiert haben?
Das Feedback zur Platte ist unglaublich positiv, sowohl von alten wie auch von neuen Fans. Viele haben anscheinend auf eine derartige Black-Metal-Platte gewartet die eben nicht einfach auf den „rituellen“, „okkulten“ Zug aufspringt, sondern mit einer eigenen Persönlichkeit aufwarten kann.
Die Texte auf „To The Elements“ sind wieder sehr naturmystisch und romantisch. Worum geht es konkret und inwiefern unterscheiden sich die Texte von denen bei Empyrium?
Gar nicht so sehr. Sie sind vielleicht etwas düsterer und eher zwischen dem, was ich für Empyrium und für The Vision Bleak textlich mache. Konkret geht es viel um das Beobachten der Natur und Rückschlüsse auf das eigene Leben. Wie im Großen, so im Kleinen, als kosmisches Prinzip. Es geht darum, geistig immer in Bewegung zu bleiben, nicht zu stagnieren oder zu rasten, zurückzublicken, um sich weiterbewegen zu können, das eigene Selbst zu kultivieren, ohne Rücksicht auf derzeitige gesellschaftliche Zwänge, die Verehrung der Natur und deren Wirken auf das Selbst und darum auch in der Lage zu sein, Altes zu zerstören, um Neues zu erschaffen.
Das mysteriöse Artwork erinnert viele an jenes von Opeths „Ghost Reveries“. Wie stehst du zu diesem Vergleich?
Ja, gut möglich. Ich dachte auch etwas an den Vibe von „Transilvanian Hunger“. Ein simples Motiv voller Symbolismus in gloriosem Schwarz und Weiß.
Neben dem Debüt gibt es nun auch die Compilation „Shadows Of The Past“ mit allen älteren Songs. Was bezweckst du mit diesem Re-Release?
Das war eine Idee unseres Labels und natürlich ist es ein großartiger Zeitpunkt, genau jetzt viel des alten Materials von SUN OF THE SLEEPLESS auf Vinyl zu veröffentlichen. Die Aufmerksamkeit für SUN OF THE SLEEPLESS ist natürlich auch momentan recht groß.
Für die Live-Besetzung hast du dir unter anderem Inkantator Koura (Mosaic) und Eviga (Dornenreich) zu Hilfe geholt. Wieso fiel deine Wahl gerade auf die beiden, nicht aber auf Thomas Helm, der früher auch mit von der Partie war?
Helm hat generell wenig Zeit aufgrund seines Berufes und ich brauche Leute die zeitlich flexibel sind für SUN OF THE SLEEPLESS, da ich tatsächlich live noch einiges mit diesem Projekt vorhabe.
Das Live Line Up besteht aus alten und neuen Freunden und Weggefährten:
Jochen „Eviga“ Stock von Dornenreich an der Rhythmusgitarre, Martin Falkenstein von Mosaic und Nachtmystium am Bass, Sebastian „Alsvartr“ Körkemeier von Helrunar an der Lead-/Rhythmusgitarre, Vincent Kreyder (live-The-Vision-Bleak, ehem. Rosa Crux) an den Drums und meinereiner an Lead-/Rhythmusgitarre und Vocals.
Wird man auch in Zukunft noch von SUN OF THE SLEEPLESS hören oder bleibt es erst mal bei diesem einen Album?
Ich denke und hoffe, es wird keine 18 Jahre zur nächsten Veröffentlichung brauchen. Ich habe definitiv vor, nachzulegen so bald wie möglich.
Der Name ist bereits mehrmals gefallen und die Frage wirst du wohl schon oft gehört haben, doch wie steht es um Empyrium? Gibt es da bald Neuigkeiten?
Wir arbeiten an neuem Material – konkret kann ich da allerdings noch nichts zu sagen. Wie es derzeit aussieht, wird das neue Material allerdings definitiv in eine folkigere, mystischere Richtung gehen. Aber es wird noch einiges an Arbeit brauchen, bis wir soweit sind, etwas Neues zu veröffentlichen.
Zum Abschluss jetzt noch unser traditionelles Metal1.info-Brainstorming:
Oldschool vs. modernen Black Metal: Ersteres zu jeder Tages und Nachtzeit.
Derzeit bester Newcomer: Dool kann man wohl als Newcomer bezeichnen und deren Performance auf dem Prophecy Fest hat mich ziemlich beeindruckt.
Prophecy Fest: Großartige Location. Treffen mit vielen Freunden!
Zuletzt gelesenes Buch: Das Buch des alten Fanzines Voices From The Darkside. Nostalgie galore!
Tradition: Ursprung und Lösung aller menschlichen Probleme.
SUN OF THE SLEEPLESS in zehn Jahren: Lebendig.
Danke nochmal, dass du uns deine Zeit geschenkt hast. Die abschließenden Worte sollen dir gehören:
Danke für die abermalige Unterstützung. Checkt „To The Elements“ an, wenn ihr euren Metal düster, poetisch und atmosphärisch mögt!
“ Ich selbst bin eine Person mit einem sehr ausgeprägten Selbstverständnis, was mir manchmal als Arroganz ausgelegt wird. Gerade in der heutigen Zeit sind Menschen, die fest ins sich selbst sind und wissen, wer sie wirklich sind, auch immer seltener. “
nein, nicht das du dir dessen bewußt bist wird Dir als Arroganz ausgelegt, sondern das Du dich hiermit „allein auf weiter flur“ siehst wird dir als Arroganz ausgelegt.
schönes Interview. danke.
Relevantes xkcd dazu:
https://xkcd.com/610/