Manchester hat schon einige namhafte Bands wie Oasis, The Stone Roses, Elbow, Van Der Graaf Generator oder The Smiths hervorgebracht. Auch AMPLIFIER mit ihrem Frontmann Sel Balamir stehen in dieser Tradition. Die letzten Alben konnten alle einen anderen Charakter anbieten, so war „The Octopus“ ein sperrig-ausuferndes Meisterwerk, „Echo Street“ ein eher plätscherndes Vergnügen und „Mystoria“ ein straight-rockendes Werk. Jetzt steht also mit „Trippin‘ With Dr. Faustus“ der sechste Longplayer vor der Türe.
Dessen Geschichte basiert auf dem Titel „Silvio“, der bereits für das 2011er Album „The Octopus“ geschrieben wurde, es dann aber nicht in die engere Auswahl geschafft hat. Es geht im weiteren Sinn um den italienischen Politiker Berlusconi, der mit der Geschichte von Faust assoziiert wird und als Vorlage für die restlichen Songs Pate stand. Mit dem Opener „Rainbow Machine“ schleicht sich wieder dieses erhabene Gefühl ein, dass das eingangs erwähnte und nach einem Meeresbewohner benannte Doppelalbum hervorrufen konnte. Die Musik ist progressiv angehaucht, die Gitarrenmelodien verzückend und Balamirs Gesang schwebt darüber sehr elegant.
Auch die folgenden, wieder länger ausgefallenen Kompositionen unterstützen diesen Eindruck, wie das an Steven Wilson erinnernde „Kosmos (Grooves Of Triumph)“ oder das stimmungstechnisch vielschichtige „The Commotion (Big Time Party Maker)“. Vielmehr setzt die Band wiederholt auf das Verweben diverser Rockgenres. „Horse“ bringt beispielsweise psychedelischen Rock der 70er Jahre ins Spiel. „Anubis“ hingegen ist eine waschechte Songwriter-Ballade, die den Fokus nur auf Akustikgitarre und Gesang legt. Dieser Schnitt kommt zum richtigen Zeitpunkt, als man vor Gleichförmigkeit der bisherigen Songs (trotz minimaler Abweichungen) zur Ermüdung neigt. Danach geht es im altbekannten Stil weiter, ehe der Longplayer mit dem ideengebenden „Silvio“ und „Old Blue Eyes“ ausklingt.
Auch losgelöst von der an Faust angelehnten Story können AMPLIFIER mit „Trippin‘ With Dr. Faustus“ wieder mehr überzeugen als mit dem vergleichsweise kraftlosen Vorgänger. Dazu braucht es oftmals keine verschnörkelten Songstrukturen – die bloßen und stimmungsvollen Ideen des Quartetts reichen für diesen gesteigerten Hörgenuss vollkommen aus. Damit kommen sie zwar nicht an ihr Referenzwerk „The Octopus“ heran, machen mit Blick auf ihre Vergangenheit aber einen wichtigen Schritt nach vorne. Diesem sentimental-gefühlvollen Alternative Rock mit progressiver Note sollte die Band in Zukunft treu bleiben, denn damit überzeugen sie am meisten.
Wertung: 7.5 / 10