Seit einigen Jahren kann man beobachten, wie musikalische Mischungen aus Ska, Polka and Rock (hier und da auch Metal) immer beliebter und die entsprechenden Bands immer populärer werden. Diese mittlerweile also etablierte Melange hat – wie auch immer man sich zu ihr verhalten möge – immerhin dazu beigetragen, dass gewisse Fremdeleien zwischen diesen letztlich doch sehr unterschiedlichen Szene-Kulturen weniger wurden und man sich häufiger in zumeist vollgestopften Konzerthallen zum friedlichen gemeinsamen Hüpfen und Tanzen trifft. Um Mischungen aller Art bemühen sich seit ihrem Debüt aus dem Jahr 2008 auch die in Österreich angesiedelten, aber in vielen Sprachen und Kulturen beheimateten RUSSKAJA, die ihrem Bekenntnis zur Diversität schon mit dem Titel ihres mittlerweilen fünften Albums Rechnung tragen: „Kosmopoliturbo“.
Mit „Hey Road“ starten RUSSKAJA auch gleich ordentlich energisch und rhythmisch in ihr neues Album ein; der bereits zuvor veröffentlichte Song gehört mit zum Besten, was „Kosmopoliturbo“ zu bieten hat, er ist eingängig, geradlinig und besticht – wie auch der Rest des Albums – damit, dass er deutlich mit Hinsicht auf seine Live-Perfomance geschrieben wurde. Kurz: Der Song geht direkt ins Ohr und in die Beine. Wie bereits auf den vorangegangen Alben mischen RUSSKAJA treibende Ska- und Polka-Rhythmen mit Rock-Elementen (die allerdings auf „Kosmopoliturbo“ eher in den Hintergrund treten). Zudem operieren sie mit mal mehr, mal weniger russischen Folklore-Anleihen, und zwar sowohl akustisch (z.B. stark gerolltes R) als auch optisch (das ans kyrillische Alphabet erinnernde Logo oder die politische Bildsprache des real existierenden Sozialismus), was hier und da durchaus Kalauer-Qualität hat. Letztlich geht es der Band um den Spaß an der Musik und am Spiel mit Klischees. Alles in allem geht diese Mischung voll auf: Songs wie der bereits erwähnte Opener, das schmachtende, sehr Reggae-lastige „Still In Love“ oder das durch seine Bläser- und Geigen-Spuren bestechende „Volle Kraft Voraus“ machen schlicht Laune und werden live für hüpfende Fan-Massen sorgen.
Wie kosmopolitisch diese Scheibe letztlich auch sein mag, polyglott ist sie allemal. Deutsch, Englisch, Spanisch, Italienisch, sich auf eine Sprache festzulegen war noch nie Sache von RUSSKAJA. Allerdings wird in einem Song wie „Mare, Mare“ auch gleich noch das zugehörige Italo-Klischee mitgeliefert; der Song versandet in nervigen Pop-Strukturen und lässt zumindest die Frage aufkommen, wie souverän das Spiel mit Kulturen und Sprachen wirklich ist. Auch „Cheburaschka“, das wie eine etwas flottere Version des 2013er-Songs „Energia“ klingt oder „Chef Du Cuisine“, sind eher durchschnittliche Nummern. Ob sich erste kreative Ermüdungserscheinungen andeuten, muss Spekulation bleiben. Im Gesamten macht „Kosmopoliturbo“ Spaß, was nicht zuletzt an der Orchestrierung sowie an Sänger Georgij Alexandrowitsch Makazaria liegt, der sich ein weiteres Mal mit unnachahmlicher Rohheit durch die Songs knurrt. Wer noch eine launige Scheibe für den Sommer sucht, sollte reinhören.
Wertung: 7 / 10