Review F41.0 – Bürde

  • Label: Geisterasche Organisation
  • Veröffentlicht: 2017
  • Spielart: Black Metal

Kollaborationen verschiedener Künstler und Bands sind nicht nur im Pop-Bereich Usus, auch im Metal erfreuen sich derlei Gastbeiträge großer Beliebtheit – bei einer so eingeschworenen Gemeinschaft wie der Metal-Community eigentlich kein Wunder. Während dieser Umstand bei radiotauglicher Musik jedoch oft nur monetären Zwecken geschuldet ist, ist es das primäre Anliegen vieler Metal-Musiker, ihren Songs damit neue Facetten zu verleihen. So vermutlich auch im Fall von Hysteriis, der für das zweite Album „Bürde“ seines Soloprojekts F41.0 gleich vier Gastsänger und einen Gastdrummer zu Rate gezogen hat – unter anderem Frederic und Tentakel P., die man beide von Todtgelichter kennt.

Dass Hysteriis sein nach der ICD-Klassifikation einer Panikstörung benanntes Black-Metal-Projekt damit auf eine neue Qualitätsstufe heben will, ist offensichtlich. Musste für das vier Jahre zurückliegende Debüt „Near Life Experiences“ noch ein Drumcomputer herhalten, so veredelt Tentakel P. die Songs von F41.0 nunmehr mit seinem akzentuierten, organisch klingenden Schlagzeugspiel. Allzu brutales Double-Bass- oder Blasting-Gehämmer sollte man jedoch nicht erwarten, denn die meiste Zeit über ist das Drumming – dem Charakter der Tracks entsprechend – entweder gemächlich getragen oder gequält schleppend.
Dem Doom oder Post-Metal bleibt F41.0 zwar weitgehend fern, doch auch mit genretypischem Highspeed-Geknüppel der Marke Dark Funeral hat die deutsche Ein-Mann-Band wenig am Hut. Vielmehr steht F41.0 für eine sehr depressive, trübsinnige Form von Schwarzmetall. Niedergeschlagene, eher monotone Riffs und triste Leadmelodien sowie vereinzelte Details wie Keyboards, einzelne, tiefe Pianonoten oder Akustikgitarren („Enso“) transportieren genau die Emotionen, die in den selbstzerstörerischen, oftmals eindringlich wiederholten und zum Teil etwas pathetischen Textzeilen thematisiert werden.
Die bittersüße Kirsche auf dem Kuchen aus Schwermut sind jedoch eindeutig die vielseitigen Vocals. Vor allem Frederics heiserer, fast schon cleaner Schreigesang prägt sich Mal um Mal ein und offenbart ein ganzes Prisma negativer Emotionen. Selten hört man Hoffnung und Trostlosigkeit so nah beieinander wie auf „Alpha“, im abschließenden „Kokytos“ wird hingegen sehnsüchtig geschmachtet. Doch auch die anderen Stimmen sind nicht zu unterschätzen, wie sich im düsteren, bitterböse gefauchten „E.V.A.“ zeigt. Selbst bezüglich der Produktion ist das zweite Werk von F41.0 (im Kontext seines Genres) makellos – alles hört sich völlig natürlich, kraftvoll und ausgeglichen an.

„Bürde“ ist gewiss keine Platte, die mit Hitsingles auf sich aufmerksam macht oder unter dessen Tracks sich eindeutige Anspieltipps finden. Dennoch ist auf Anhieb zu erkennen, dass F41.0 eine beeindruckende Langrille geschaffen hat, die von ihrer durchgehend trostlosen und leicht mysteriösen Stimmung sowie den dazugehörigen Texten lebt. Die einzelnen Tracks mögen für sich genommen nicht allzu überwältigend wirken, hörenswert sind sie jedoch allesamt. Allen, die etwas mit depressivem Black Metal (nicht notwendigerweise DSBM!) anzufangen wissen und die durch das faszinierende Artwork und die involvierten Gastmusiker neugierig geworden sind, kann man also nur raten, ihrem ersten Impuls zu folgen und sich dieses Album schleunigst zuzulegen.

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Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

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